Amazonas-Zerstörung
Häuptling will Bolsonaro vor Gerichtshof bringen
Der brasilianische Häuptling Raoni Metuktire fordert eine Untersuchung des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag gegen Präsident Jair Bolsonaro. Gemeinsam mit Häuptling Almir Narayamoga Surui wirft das 91-jährige Oberhaupt der Kayapó dem brasilianischen Staatschef „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ vor. Bolsonaro verfolge die indigenen Völker, zerstöre ihre Wohngebiete und verletze ihre fundamentalen Rechte.
Die Vorwürfe der Häuptlinge sind in einem etwa 50 Seiten umfassenden Schreiben zusammengefasst, das der Nachrichtenagentur AFP vorliegt. Darin heißt es, dass sich seit dem Amtsantritt Bolsonaros im Jänner 2019 die Zerstörung des Amazonas-Urwalds „beispiellos beschleunigt“ habe. Die Anzahl der Mordanschläge auf Anführer der Indigenen habe den höchsten Stand seit elf Jahren erreicht. Bolsonaros Regierung wolle „alle Hindernisse beseitigen, um die Schätze des Amazonas ausplündern“ zu können, so die Häuptlinge, deren Vorwürfe für den Internationalen Strafgerichtshof vom französischen Anwalt William Bourdon aufbereitet wurden.
Morde, Zwangsumsiedlungen
Die „Zerstörung des Urwalds am Amazonas“ und Waldbrände von ungekanntem Ausmaß aus dem vergangenen Jahr bedrohten die „unerlässliche Regulierung des Klimas“ und seien damit eine „direkte Gefahr nicht nur für alle Brasilianer, sondern für die gesamte Menschheit“, beklagen die Häuptlinge. Die staatliche Politik in Brasilien laufe auf „Mordtaten“ und „Zwangsumsiedlungen“ hinaus. Damit würden die Rechte berührt, die nach dem Römischen Statut vom Internationalen Strafgerichtshof verfolgt werden könnten.
Raoni Metuktire macht sich seit langer Zeit international für die Rechte der Ureinwohner Brasiliens und für den Schutz des Regenwaldes stark. Mit dem britischen Sänger Sting startete der Häuptling des Kayapó-Volkes Ende der 1980er-Jahre eine Kampagne, um seine Forderungen in die Welt zu tragen. Der Mann mit der markanten Lippen-Platte besuchte zahlreiche Länder, wurde von Staats- und Regierungschefs empfangen und drehte einen Dokumentarfilm mit Marlon Brando.
Fast 30.000 Indigene bislang mit Corona infiziert
Er ist auch ein erklärter Gegner des rechtsradikalen brasilianischen Staatschefs Jair Bolsonaro. In einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP vom vergangenen Juni warf Raoni Bolsonaro vor, die Coronavirus-Pandemie „auszunutzen“, um sein Volk zu dezimieren, das nur sehr begrenzten Zugang zu öffentlichen Gesundheitsdiensten hat.
Die indigene Bevölkerung Brasiliens ist von der Pandemie aufgrund geringerer Abwehrkräfte schwer betroffen: Fast 30.000 Indigene wurden bisher infiziert, 785 starben, wie aus den jüngsten Daten von APIB, der Vereinigung der indigenen Völker Brasiliens, hervorgeht. Metuktire selbst war im vergangenen August an Corona erkrankt, konnte das Krankenhaus jedoch nach einigen Tagen bereits wieder verlassen.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.