Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl (ÖVP) hat kein Verständnis für Impf-Vordrängler. Die Debatte über vorzeitig geimpfte Bürgermeister hält er aber für undifferenziert. Im Interview mit der „Krone“ spricht er von unerträglichem „Bürgermeister-Bashing“. Auch die pauschale Kritik der türkis-grünen Regierung zum Thema gefällt ihm nicht.
„Krone“:Als Bürgermeister hat man hierzulande gute Karten, schon gegen Corona geimpft worden zu sein, obwohl der Impfstoff knapp und die Spritze heiß begehrt ist. Sind Sie als Ortschef von Grafenwörth auch schon geimpft?
Alfred Riedl: Ich bin noch nicht geimpft.
Planen Sie denn, sich impfen zu lassen?
Ja, wenn die Zeit reif ist.
Also wenn Sie laut Impfplan an der Reihe sind, oder sobald sich die Gelegenheit zum Vordrängeln für Sie ergibt?
Als Obmann des ehrenamtlichen Besuchsteams im Heim meiner Gemeinde ist mir die Impfung bereits angeboten worden. Das kommt für mich aber nicht infrage.
Verstehen Sie Ortschefs, die ihr Amt ausnützen, um sich vorzeitig impfen zu lassen?
Ich habe für Impf-Vordrängler überhaupt kein Verständnis. Was jetzt gerade stattfindet, ist aber ein Bürgermeister-Bashing, und das ist unerträglich. Von dieser undifferenzierten Debatte halte ich rein gar nichts.
Was stört Sie denn so sehr an der Debatte?
Wer ein Heim als Träger betreibt oder regelmäßig Kontakt im Heim hat, wird laut Impfplan schon jetzt eingeladen, sich impfen zu lassen. Und das sind auch viele Bürgermeister. Nur zu sagen, die Bürgermeister sind Vordrängler, das stimmt einfach nicht.
Die Liste der geimpften Bürgermeister wird jedenfalls nach wie vor täglich länger. Was raten Sie Ihren Kollegen, die mit dem Gedanken spielen, sich impfen zu lassen?
Aufgrund der Debatte wird sich kein Bürgermeister impfen lassen, bevor er nicht altersbedingt an der Reihe ist. Man kann alles sagen, aber dass Bürgermeister kein soziales Verantwortungsgefühl haben, kann man nicht sagen.
Ein paar haben ein solches aber offenbar nicht ...
Es gibt in jeder Berufsgruppe schwarze Schafe. Wer sich nur aufgrund seines politischen Amtes vorreihen lässt, hat kein Verständnis - auch nicht von seiner Interessensvertretung.
Das Vorgehen mancher Ortschefs haben auch Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), sein Vize Werner Kogler (Grüne) und einige andere Regierungsmitglieder verurteilt. Haben Sie sich darüber geärgert?
Ich habe denen klipp und klar gesagt: Liebe Freunde, ihr müsst ein bisschen unterscheiden. Wir Bürgermeister sind nicht nur die Hofnarren der Nation, die euch die Kohlen aus dem Feuer holen. Wir machen perfekte Arbeit. In der Pandemie ginge ohne uns in Wahrheit gar nichts und wir lassen uns durch die schwarzen Schafe sicher nicht pauschal verurteilen.
Was halten Sie von den Rücktrittsaufforderungen?
Eine solche werden Sie von mir nicht hören.
Fordern Sie andere Konsequenzen oder Sanktionen?
Ich bin nicht der Richter von Kollegen. Jeder muss für sich selbst entscheiden, ob er richtig gelegen ist oder nicht.
Ganz generell: Soll das Vordrängen Ihrer Meinung nach unter Strafe gestellt werden?
Das wird ja gerade diskutiert. Ich hätte kein Problem damit. Hätten der Bund oder die Länder das Thema von Anfang an klar geregelt, dann wäre diese Debatte völlig unnötig. Es wurde aber nur gesagt, schaut ja, dass keine Dosis übrig bleibt, egal, wie.
Der Bund hat doch empfohlen, übrig gebliebene Impfstoffe in der Zielgruppe zu verimpfen.
Das wurde erst in den vergangenen Tagen präzisiert.
Sandra Schieder, Kronen Zeitung
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