Fast zwei Jahre nach der Razzia beim polizeilichen Geheimdienst BVT sind die Verräter nun offenbar enttarnt. Der Ex-Spionagechef legte vor der SOKO Fama eine Lebensbeichte ab. Für den schwunghaften Handel mit Staatsgeheimnissen sei ordentlich Geld geflossen. Jetzt müssen auch politische Kreise zittern.
Die unfassbaren Verdachtsmomente der Staatsanwaltschaft Wien lesen sich wie das Drehbuch zu einem (schlechten) Agentenfilm. Ausgerechnet der frühere Chef der sensibelsten und mächtigsten Abteilung für Gefahrenforschung und Gefahrenabwehr im Bundesamt für Verfassungsschutz- und Terrorismusbekämpfung soll mit zumindest einem weiteren Beamten jahrelang das Leck im BVT gewesen sein.
Geheimnisse auch an Marsalek weitergegeben
Staatsgeheimnisse und personenbezogene Daten wurden offenbar unter der Hand nicht nur an den gesuchten Wirecard-Finanzchef Jan Marsalek, sondern auch an politische Kreise weitergegeben. Dafür kassierten die mutmaßlich kriminellen Agenten auch ordentlich Geld. Die Rede ist von jeweils vierstelligen Summen bis zu 1500 Euro pro Abfrage vom Dienstcomputer. Und derer gab es offenbar Dutzende...
Versuch der Beweismittelvernichtung
Bei der Festnahme des Vertrauten des seit 2018 karenzierten Ex-Spionageleiters in Kärnten versuchte dieser noch Beweismittel wie Unterlagen und Handys zu vernichten. Der seit Montag suspendierte Chefinspektor (auch er war von seiner heiklen Position schon längst „entfernt“ worden), wehrte sich zudem heftig bei der Hausdurchsuchung.
Kriminelles Netzwerk in Geheimdienst-Kaserne
Rückblick: Als der Verrat aus dem Herzen des österreichischen Verfassungsschutzes durch den Zusammenbruch des Finanzdienstleisters Wirecard aufzufliegen drohte, organisierte der Ex-Spionagechef über einen wegen Betrugsverdacht in U-Haft sitzenden Ex-FPÖ-Abgeordneten vergangenen Sommer ein Privatflugzeug für Marsalek.
Im Verhör legte der festgenommene hochrangige BVT-Beamte und Fluchthelfer des gefallenen heimischen Top-Managers nun eine Lebensbeichte ab.
Ich bin angetreten, den Verfassungsschutz neu aufzustellen und zu reformieren. Die Ermittlungserfolge zeigen einmal mehr, wie wichtig es ist, diesen Weg rasch fortzusetzen.
Innenminister Karl Nehammer (ÖVP)
Nach Geständnis aus Haft entlassen
Durch sein Geständnis ersparte er sich die U-Haft und wurde wieder auf freien Fuß gesetzt. Für politische Kreise beginnt freilich jetzt das große Zittern. Denn die SOKO Fama vom Bundeskriminalamt – der Name ist passend zu gestreuten Gerüchten, die Anfang 2019 Auslöser für die Razzia in der Geheimdienst-Kaserne in Wien waren – räumt nun im Auftrag des Innenministers schonungslos auf.
„Sauberer Neustart für den Verfassungsschutz“
Und zwar ohne Rücksicht auf Parteifarben. Karl Nehammer: „Wir greifen konsequent durch und schaffen Schritt für Schritt durch die Aufklärung dieses Kriminalfalls einen sauberen Neustart für den Verfassungsschutz.“
Christoph Budin, Kronen Zeitung
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