„Ich habe ihn im Arm gehalten, habe ihm ein Busserl gegeben und gesagt: ,Das ist mein letzter Liebesdienst.‘ Dann habe ich die Schläuche gezogen“, beschreibt die Angeklagte (54) die letzten Minuten im Leben ihres Freundes. Sie hat den Mann, der im Sterben lag, im Wiener AKH getötet. Dennoch lautet die Anklage auf Mord.
Bereits einmal musste der spektakuläre Fall um Sterbehilfe verhandelt werden. Das Urteil lautete drei Jahre teilbedingte Haft. Für das Gericht gab es keinen Zweifel, dass Renate E. des Mordes schuldig ist. Obwohl ihr Freund Stunden später sowieso gestorben wäre. Weil der Sterbeprozess bereits eingeleitet war und er nur Beruhigungsmittel bekam, damit sich die Angehörigen verabschieden konnten.
Doch das Urteil wurde aufgehoben, und Renate E., mit Verteidiger Gunther Gahleithner an der Seite, beharrt darauf: „Ich bekenne mich der Sterbehilfe schuldig.“ Denn ihr Willi, der jahrelang schwer krank war, habe ihr versichert: „Wenn ich auf fremde Hilfe angewiesen bin, erlöse mich.“
„Schläuche für Beatmung und Dialyse gezogen“
Als Renate E. am 11. April 2018 ins AKH gerufen wurde, weil sich das Leben ihres Freundes dem Ende zuneigte, habe sie den Entschluss gefasst, ihm seinen „letzten Wunsch“ zu erfüllen. „Warum“, fragt Richter Anton Böhm, „haben Sie Wodka getrunken, bevor Sie ins Krankenzimmer gegangen sind?“ Renate E.: „Ich war aufgewühlt. Ich hatte den Eindruck, dass es ihm schlecht geht. Darum habe ich die Schläuche für Beatmung und Dialyse gezogen und ihn erlöst.“
Das Urteil: wieder drei Jahre Haft, davon eines unbedingt, nun aber wegen Mordes. Womit eine Fußfessel möglich ist. Nicht rechtskräftig. Erst kürzlich wurde das Verbot der Beihilfe am Suizid aufgehoben. Was rechtlich für den aktuellen Fall aber ohne Bedeutung ist.
Peter Grotter, Kronen Zeitung
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