Corona macht etwas mit den Schwächsten in der Gesellschaft, mit unseren Kindern. Etwas, das viele nicht verkraften und die Betten auch in der Linzer Kinder-Psychiatrie füllt. Es sind schon Elfjährige dabei, die nicht mehr leben wollen.
Es ist eine erschütternde Bilanz, die Primar Michael Merl, Vorstand der Kliniken für Kinder- und Jugendpsychiatrie im Linzer Kepler-Uni-Klinikum, nach zehn Monaten Pandemie und drei Lockdowns zieht: „Den Kindern fehlen der soziale Kontakt und das soziale Lernen. Das wirkt sich massiv aus. Gerade ängstliche, unsichere Kinder, die noch dazu in der Familie zu wenig Rückhalt bekommen, geraten aus dem seelischen und emotionalen Gleichgewicht.“
Voll ausgelastet
Erst kürzlich schlug die Kinder-Psychiatrie des Wiener AKH Alarm, weil es keinen Platz mehr gibt. Ähnlich dramatisch ist die Lage auch in Oberösterreich, wie die „Krone“ erfuhr. Die Jugend- und Kinderpsychiatrie im MedCampus IV. und Neuromed Campus in Linz mit 54 stationären Betten und 22 Behandlungsplätzen in der Tagesklinik ist voll ausgelastet, im Kinderbereich (elf Betten) sind maximal ein bis zwei Plätze noch verfügbar.
Familiärer Halt fehlt oft
Primar Michael Merl: „Wir haben sehr viele Kinder mit Depressionen, mit großer Traurigkeit und Selbstmordgedanken. Andere agieren aggressiv. Vor allem Kinder, wo der familiäre Halt fehlt oder wo es innerfamiliäre Konflikte gibt. Zum Beispiel, weil die Eltern Sorgen um ihren Job haben. Oder weil sie in systemkritischen Berufen arbeiten und die Kinder zu Hause alleine gelassen werden müssen und es nicht schaffen, einen strukturierten Alltag herzustellen.“
Jüngere mit Suizidgedanken
Besonders dramatisch findet der renommierte Psychiater, dass sich die Suizidversuche bei den Kindern so stark häufen. Merl: „Früher war das ein Verhalten der 15- bis 17-Jährigen. Doch die Quote ist deutlich nach unten gegangen. Nun geht es bereits mit Elfjährigen los.“
„Sperrt Schulen teilweise auf“
Doch was können die Eltern tun? Präsenz zeigen, zuhören, gemeinsame Aktivitäten setzen – und bei Suizidverdacht professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Eines ist Primar Merl noch wichtig: „Die Schulen gehören zumindest teilweise aufgesperrt. Sonst wird diese bereits bestehende Problematik der depressiven Kinder und Jugendlichen noch weit ärger werden.“
Christoph Gantner, Kronen Zeitung
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