Schreiben an Kurz
Streit mit AstraZeneca: EU droht mit Notmaßnahmen
Während die EU am Freitag eine Vorentscheidung über die Zulassung der AstraZeneca-Impfung treffen will - und diese auf Jüngere beschränken könnte -, geht der Streit um die Impfstoff-Liefermengen an die EU weiter. Zwar berichtete die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ am Donnerstagabend, dass AstraZeneca-Chef Pascal Soriot einen Teil der Lieferkürzung zurücknehmen will, doch auch damit wäre man weit entfernt von den 80 Millionen bis Ende März zugesagten Impfdosen. EU-Ratspräsident Charles Michel brachte nun in einem Brief an unter anderem Bundeskanzler Sebastian Kurz Notmaßnahmen ins Spiel.
Die EU müsse notfalls „alle rechtlichen Möglichkeiten und Durchsetzungsmaßnahmen“ ausschöpfen, um eine „wirksame Impfstoff-Produktion und Versorgung für unsere Bevölkerung sicherzustellen“, betonte Michel am Donnerstag in einem Antwortschreiben an Kurz und dessen Amtskollegen aus Dänemark (Mette Frederiksen), Griechenland (Kyriakos Mitsotakis) und Tschechien (Andrej Babis), die vor dem EU-Videogipfel ihrerseits an den EU-Ratspräsidenten geschrieben hatten. Sie forderten eine rasche und unbürokratische Zulassung weiterer Impfstoffe durch die Europäische Arzneimittelbehörde EMA.
Michel dankte den vier Regierungschefs nunmehr für deren „wertvolle Anregungen“ und schrieb, möglich sei etwa ein Rückgriff auf Artikel 122 im EU-Vertrag. Dies würde der EU und den EU-Mitgliedstaaten die legalen Mittel „für dringende Maßnahmen“ geben, so Michel. Was dies konkret bedeuten würde, führte der Ratspräsident nicht näher aus, der von ihm genannte Artikel ermöglicht aber Notmaßnahmen bei Versorgungsengpässen.
EU-Diplomaten: Zwangslizenzen möglich
Wie es im Ö1-„Morgenjournal“ heißt, könnten damit Vorbereitungen gemeint sein, um Impfstoffe bereits vor der Zulassung an die EU-Mitgliedsländer zu verteilen, so EU-Diplomaten. Möglich wären aber auch etwa Zwangslizenzen an andere Unternehmen, falls der Hersteller selbst mit der Produktion des Impfstoffes nicht nachkommt.
„Verzögerungen gefährden Leben von Millionen von Menschen“
Er unterstütze zwar weiter die Suche nach einer Verhandlungslösung über Dialog mit den Firmen, doch müsse sich die EU mit allen rechtlichen Mitteln wappnen, so Michel in dem Schreiben weiter. „Bedauerlicherweise sind die zuletzt angekündigten Verzögerungen durch einige Pharma-Unternehmen ein Grund zu echter Besorgnis.“ Die Verpflichtungen der Pharma-Unternehmen müssten eingehalten werden. „Ungerechtfertigte Verzögerungen würden die Leben von Millionen Menschen gefährden.“
EU-Kommission will Vertrag mit AstraZeneca heute veröffentlichen
AstraZeneca hatte in der vergangenen Woche mitgeteilt, wegen Produktionsproblemen in einem Werk in Belgien vorerst deutlich weniger Impfstoff liefern zu können als vorgesehen. Brüssel kritisiert, dass die Lieferungen an Länder außerhalb der EU wie Großbritannien nicht eingeschränkt werden, und pocht auf die Einhaltung der Vereinbarungen. Man sei der EU „vertraglich nicht verpflichtet“, hatte AstraZeneca-Chef Soriot Anfang der Woche betont. Nun will die EU-Kommission den Vertrag mit AstraZeneca noch am Freitag veröffentlichen.
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