Soziologin und Sexualpädagogin Barbara Rothmüller diesmal zum wundersamen Ausbleiben des Baby-Booms in der Coronazeit.
Denken wir kurz über eine der spannendsten Fragen der Kindergarten- und frühen Volksschulzeit nach: Wie entstehen eigentlich Babys? Oder für Fortgeschrittene formuliert: Wie planen Menschen eigentlich eine Familie? In der Pandemie dachten viele, sie wüssten auf diese Frage die naheliegende Antwort: Wenn es Nacht wird und das Licht ausgeht, ziehen sich die Menschen die Decke über den Kopf und machen Liebe. Und tatsächlich soll es in einem fernen Land, zu einer anderen historischen Zeit, einmal eine Reihe von Geburten nach einem längeren Stromausfall gegeben haben.
In der Pandemie wollen es auch alle vorhergesehen haben, und trotzdem ist es bislang nicht eingetreten: Der Baby-Boom der Coronazeit. Rein rechnerisch müsste der erste Lockdown sich ja bereits bemerkbar machen - immerhin ist der April bereits 10 Monate her. Familienplanung ist aber ein komplexes soziales Ereignis und wird von vielen Faktoren beeinflusst. Bekannt ist beispielsweise, dass Menschen einen Kinderwunsch häufig verschieben, wenn sie keinen stabilen Job haben. Das führt dazu, dass in Berufsgruppen mit unsicheren Arbeitsverhältnissen relativ viele Menschen kinderlos bleiben. Auch Wirtschaftskrisen führen üblicherweise zu einem Rückgang der Geburtenrate.
In der Pandemie hat nun jeder fünfte Mensch zwischen 14 und 46 Jahren in einer Paarbeziehung einen bestehenden Kinderwunsch aufgeschoben. Kurzarbeit, Jobverlust, Zukunftsängste: Die Pandemie hat Menschen in ihrer Lebensplanung verunsichert. Viele wissen nicht, wie sie die nächsten Monate finanziell über die Runden kommen und fragen sich, ob gerade der richtige Zeitpunkt ist, um schwanger zu werden. Es gibt auch Menschen, die finanziell gut abgesichert sind und im Lockdown einen neuen Kinderwunsch entwickelt haben. Sie sind allerdings in der Minderheit.
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Dr.in Barbara Rothmüller, Soziologin und Sexualpädagogin
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