Die auch bei uns weit verbreiteten Kohlmeisen gelten allgemein als sehr neugierig, wenngleich es starke Unterschiede zwischen einzelnen Individuen beim Erkunden neuer Umgebungen gibt. Schnelle, risikobereite Tiere gehen dabei vergleichsweise forsch vor, während langsame, vorsichtige Tiere bei der Erkundung eher zurückhaltend sind. Niederländische Wissenschaftler haben schon vor Jahren zwei solche Kohlmeisen-Linien gezüchtet, die sich in ihrer Risikobereitschaft stark unterscheiden.
Wie Mareike Stöwe von der Abteilung für Medizinische Biochemie der Veterinärmedizinischen Uni am Montag erklärte, sind diese Verhaltensunterschiede zumindest teilweise genetisch bedingt. Ob es auch einen kausalen Zusammenhang zwischen dem unterschiedlichen Verhalten und der Hormonproduktion gibt, sei aber nicht ganz klar.
Mutige weisen weniger Stress-Hormone auf
Die Wissenschaftlerin hat im Rahmen ihrer Untersuchung die Abbauprodukte von Glukokortikoiden im Kot von Nestlingen der beiden Kohlmeisen-Linien analysiert. Ohne akuten Stress zeigte sich, dass die risikobereiten Vögel einen deutlichen geringeren Hormonspiegel aufwiesen als die Tiere aus der scheuen Linie, die auch ohne besondere Aufregung einen hohen Stresshormonspiegel haben. Sobald die Jungvögel allerdings Stress hatten, reagierten die draufgängerischen Tiere mit einer dramatischen Erhöhung der Hormonproduktion, während diese Reaktion bei den vorsichtigeren Tieren weitaus weniger stark ausgeprägt war.
Für die Wissenschaftler ergeben sich aus diesen Ergebnissen zahlreiche Fragen. So sei zu klären, ob die Zauderer mit ihrem hohen Grundspiegel bei Stress überhaupt noch mehr Hormone ausschütten können, so Stöwe. Zudem ist es relativ "teuer", so hohe Stresslevel zu haben, das geht auf Kosten des Wachstums, des Immunsystems, etc. Gerade für Nestlinge wäre es wichtig, möglichst viel Energie in Wachstum zu investieren und nicht in die Hormonproduktion.
Hoher Stresswert strapaziert Körper
Überraschend war für Stöwe auch, dass die Nestlinge - gleich, ob aus der Draufgänger- oder Zauderer-Linie - im Vergleich zu den erwachsenen Tieren ziemlich hohe Werte an Stresshormonen haben. "Wir wissen derzeit noch nicht, wie die Jungtiere damit umgehen, weil hohe Stresswerte teuer sind", so die Wissenschaftlerin.
Unklar ist auch noch, welches Risikoverhalten in welcher Situation Vorteile hat. So könnte man vermuten, dass neugierige Vögel Vorteile gegenüber vorsichtigen Tieren haben, weil sie etwa öfter Futter finden. Bei einer hohen Dichte an Räubern würden dagegen die draufgängerischen Vögel draufzahlen.
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