Während am Sonntag in Wien Tausende Teilnehmer einer eigentlich verbotenen Kundgebung gegen die Pandemie-Maßnahmen in Form eines „Spaziergangs“ ihren Plan dennoch in die Tat umsetzten und zum Teil mit den Polizeikräften aneinandergerieten (siehe Video oben), sind auch innenpolitisch die Fetzen geflogen. „Nehammer und Co. haben den Menschen damit die Möglichkeit genommen, ihren Protest gegen die Regierungspolitik in einer gut organisierten Versammlung zu artikulieren (...) Durch die Untersagung besteht leider Eskalationspotenzial. Der Innenminister trägt die Verantwortung für mögliche Eskalationen“, tobte FPÖ-Klubchef Herbert Kickl. Sein türkiser Parlamentskollege August Wöginger reagierte empört und meinte, Kickls „Verbrüderung mit Rechtsextremen und Corona-Leugnern“ habe einen „neuen Tiefpunkt“ erreicht.
Dass Kickl dem Innenminister unterstelle, „eine Weisung zur Absage der Demo getätigt zu haben, ist eine bewusst gestreute Unwahrheit“. „Gerade als Ex-Innenminister sollte Kickl wissen, dass derart sensible Entscheidungen immer in einer Einzelfallprüfung der zuständigen Behörden getroffen werden. In diesem Fall haben die Sicherheitsbehörden die Entscheidung gemeinsam mit den Gesundheitsbehörden getroffen“, betonte der Klubobmann.
Wöginger: „Das ist eines Ex-Innenministers unwürdig“
Wöginger sah im Agieren Kickls „eine ganz neue Dimension“, die „eines Ex-Innenministers unwürdig“ sei. Denn der blaue Klubobmann habe Menschen zum Gesetzesbruch aufgerufen, die rechte Szene mobilisiert und Ausschreitungen in Kauf genommen sowie Polizisten in Gefahr gebracht.
Nehammer: Verantwortlich ist die FPÖ
Kickls Nachfolger im Innenressort verteidigte ebenfalls die Untersagung der Kundgebungen und befand es für „völlig absurd, dass ausgerechnet ein ehemaliger Innenminister Öl ins Feuer gießt und unheilige Allianzen mit Rechtsradikalen schmiedet“. Nehammer führte aber gleichzeitig aus, dass die Masse der Versammlung sehr heterogen gewesen sei und Familien mit Kindern neben Rechtsradikalen marschiert seien. Empört zeigte er sich über vier verletzte Polizisten, von denen einer im Spital behandelt werden musste. Verantwortlich dafür sei FPÖ, die viel Stimmungsmache betrieben und damit die Gesundheit von Polizisten gefährdet habe, sagte Nehammer.
Tatsächlich stellte auch die Landespolizeidirektion Wien fest, dass die Großversammlungen gegen die Corona-Politik der Regierung „aus rein sachlichen Gründen“ erfolgt sei. „Expertisen der Gesundheitsbehörde wiesen auf die deutliche Gefahr der erhöhten Übertragbarkeit der neuen Covid-19-Virusvarianten bei Massendemonstrationen ohne Einhaltung des Abstandes- und Schutzmaßnahmengebots hin. Die gesamtstaatlichen Bemühungen zur Reduktion der Neuansteckungen wären konterkariert“, hieß es in einem Statement.
An dem sonntäglichen „Spaziergang“ beteiligten sich mehrere Tausend Menschen. Es wurde zum Teil recht aggressiv gegen die Corona-Maßnahmen protestiert. Eine nicht angemeldete Versammlung am Ring beim Burgtor wurde aufgelöst, die Polizei nahm die Identitäten der Teilnehmer auf. Es gab viele Festnahmen und zahlreiche Anzeigen. Danach zogen einige Züge - erst teils ohne, dann mit Polizeibegleitung - durch die Stadt. Der Appell Kickls, der zuvor via Facebook zur Besonnenheit aufgerufen und die Polizei als „Freund“ gelobt hatte, hatte offensichtlich nicht bei allen Teilnehmern gefruchtet. Unter diesen befanden sich übrigens auch Identitäre rund um Martin Sellner und Neonazi-Größe Gottfried Küssel samt Mitstreitern.
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