Mir hat sich schon vor gut zwei Jahren die Stirn in Falten gezogen, als Jaguar Land Rover angekündigt hat, im Range Rover Evoque einen Dreizylinder-Motor zu bringen. Nun machen sie Ernst, die Briten, der Drilling kommt, und das zusätzlich als Plug-in-Hybrid-Antrieb. Den wiederum gibt es in identischer Ausführung auch im Land Rover Discovery Sport. Mit diesem „Strange Rover“ hatte ich nun erstmals die Gelegenheit für eine kurze Proberunde ...
So muss man ihn wohl nennen, den dreizylindrigen Briten. Was, bitte, hat die Herrschaften auf der Insel denn da geritten? Gute, immerhin hat das Flaggschiff Range Rover als Plug-in-Hybrid einen Vierzylinder-Verbrenner, ab schon das ist strange genug.
Nun gut, lassen wir alle Dünkel mal beiseite. Und da stellen wir fest: Die beiden PHEVs (Plug-in-Hybrid-Vehicles) bieten etwas, das fast kein anderes Auto mit dieser Antriebsart hat, und zwar die Möglichkeit, sie einigermaßen schnell zu laden. Mit bis zu 32 kW pfeift der Gleichstrom an der Schnellladesäule in den 15-kWh-Akku unter der Rückbank. So soll sich die Füllung der völlig entladenen Batterie bis auf 80 Prozent in einer halben Stunde ausgehen. Ideal, um die Kiste während des Einkaufs im Supermarkt anzuhängen - und damit die Chance, dass man tatsächlich öfter mal nachelektrifiziert, statt das konzeptbedingt höhere Gewicht nur mit Sprit durch die Gegend zu wuchten. An einer Wallbox zu Hause dauert es mit den maximal möglichen 7 kW knapp anderthalb Stunden.
So weit, so vernünftig - und so outstanding. Angemessen erscheinen die rein elektrische WLTP-Reichweite von 55 Kilometer und die ebensolche Höchstgeschwindigkeit von 135 km/h. Positiv: Im Elektro-Fahrmodus schaltet sich der Verbrenner auch dann nicht zu, wenn man Vollgas gibt.
So ist das Leben mit dem Dreizylinder
Ich entere also den Land Rover Discovery Sport P300e, denn da ist ja noch die Sache mit dem Dreizylinder. Ich habe - abgesehen von Kleinwagen - bisher noch kein Auto erlebt, zu dem das Geräusch eines Dreitopfs gepasst hätte. Kein Golf, kein BMW. Und jetzt: ein Premium-SUV! Knapp 2,1 Tonnen schwer (Disco Sport: 2093 kg nach DIN; Evoque: 2082 kg)!
Doch dann kam die große Überraschung: Ich habe zunächst völlig vergessen, was da unter der Haube werkelt. Und als ich wieder drangedacht habe, hat es mir auch nicht dauernd die Haare aufgestellt. Der 1,5-Liter-Motor ist akustisch derart zurückhaltend, dass er mich nicht eine Sekunde genervt hat. Obwohl man natürlich hört, dass es ein Dreizylinder ist.
Einen Gutteil zum angenehmen Umgangston trägt der Elektroantrieb bei, denn oftmals gleitet man überhaupt lautlos dahin, selbst wenn die Ladestandsanzeige längst eine leere Batterie attestiert. Und das geschmeidige Zusammenspiel zwischen den Motoren in Verbindung mit der Achtgangautomatik tut ein Übriges. Das wirkt alles weniger nervös als mit der bekannten Neungangautomatik.
Die Fakten sprechen sowieso für diesen Antrieb
In Sachen Vortrieb gibt es sowieso nichts zu beklagen. Der Verbrenner treibt mit 200 PS und einem maximalen Drehmoment von 280 Nm die Vorderachse an und bedient sich dabei auch noch eines riemengetriebenen Startergenerators, der seinerseits bei Bedarf an die 30 PS zuschießt. Der E-Motor kümmert sich mit 80 kW/109 PS und 260 Nm um die Hinterachse und sorgt damit auch für Allradantrieb (damit sind die beiden Offroader so geländetauglich, wie man es von Land Rover erwartet). Die Systemleistung beträgt 309 PS, das Systemdrehmoment 540 Nm. Es geht munter voran, den Standardsprintwert gibt JLR für den Disco Sport mit 6,6 Sekunden an (Evoque 6,4 Sekunden), das Höchsttempo mit 209 km/h (213 km/h).
Der Disco Sport fühlt sich verhältnismäßig leichtfüßig an, wenn man bedenkt, wie schwer er ist. zu diesem Eindruck trägt auch die extrem leichtgängige Lenkung bei, die es etwas an Verbindlichkeit mangeln lässt.
Einziger kleiner Wermutstropfen: Um die Komponenten des Elektroantriebs so unterzubringen, dass der Kofferraum komplett erhalten blieb (Disco Sport: 1179/1794 Liter; Evoque: 591/1383 Liter) und auch die Möglichkeit, ein Ersatzrad zu verstauen, musste der Benzintank von 65 auf 57 Liter reduziert werden.
Doppelherz zum Sonderpreis
Beide PHEVs sind ausstattungsbereinigt jeweils der günstigste Vertreter der Baureihe, die NoVA macht‘s möglich. Der Land Rover Discovery Sport ist ab 53.372 Euro zu haben, der Range Rover Evoque ab 53.700 Euro. Jeweils abzüglich 2750 Euro Elektromobilitätsförderung, die man auch dann bekommt, wenn man das Auto exzessiv mit Extras aufrüstet, wodurch man locker einen hohen fünfstelligen Betrag drauflegen kann.
Unterm Strich: Das „Fahrzit“
Natürlich kann man nicht drüber hinwegleugnen, dass der Verbrenner nur drei Zylinder hat. Man hört es auch. Aber zumindest auf einer kurzen Testrunde hat nicht der Motor irritiert, sondern eher die Tatsache, dass er eben nicht irritiert hat. Wie sich das auf Dauer verhält und vor allem ob das Ganze auch zu einem günstigen Spritverbrauch führt, muss bei Gelegenheit ein ausführlicher Test zeigen. Doch eines macht die beiden Briten-PHEVs zu einer Empfehlung: die Möglichkeit zum Schnellladen. Oh ihr Engländer, da habt ihr euch wirklich etwas dabei gedacht!
Warum?
Überraschend überzeugender Antrieb
Möglichkeit zum Relativ-Schnell-Laden
Warum nicht?
Echte Dreizylinderhasser werden damit trotzdem nicht glücklich.
Oder vielleicht ...
... doch ein Diesel?
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.