Ruhig war es am Mittwoch nur kurz, nämlich beim Auftakt der Sitzung. Da dankten Kanzler Werner Faymann und Vizekanzler Josef Pröll der nunmehrigen ÖVP-Klubobfrau im Wiener Gemeinderat, Christine Marek, für ihr Wirken im Familienstaatssekretariat. "Toll" sei ihre Arbeit gewesen, schwärmte der VP-Obmann etwa über die Einführung des einkommensabhängigen Kindergelds. Faymann würdigte "Engagement, Herz und Sachverstand" Mareks.
Bei allem Lob für Marek - auf Nachfolgerin Remler freut sich die Regierungsspitze ebenso. Praktische Erfahrungen in Familien- und Sozialpolitik bringe die 38-Jährige aus Osttirol ja mit, meinte Faymann überzeugt, dass sich die neue Staatssekretärin den "großen Herausforderungen" mit "Fachkompetenz" stellen werde. Pröll stand nicht nach und fügte auch noch Remlers Fertigkeiten als Tourismus-Managerin an, die ihr im Wirtschaftsministerium zugutekommen würden. Es sei auch keine Selbstverständlichkeit, wenn eine junge, dynamische Frau mit Kind dem Ruf nach Wien folge.
Strache rät Remler Rückzug - "Kopf stinkt am Kopf"
Damit hatte es sich mit den Freundlichkeiten aber schon wieder. FPÖ-Klubchef Strache forderte Remler auf, Geschichte zu schreiben und ihr Amt gleich wieder niederzulegen, es brauche doch ohnehin niemand eine so große Regierung mit vier Staatssekretären. Auch die Person Remler mache Strache Sorgen, ließen deren erste Aussagen doch vermuten, dass sie ähnlich agieren werde wie die "gesellschaftspolitische Spitze des Austro-Marxismus", Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek.
Schuld an allem ist für Strache allerdings soundso die Regierung, die er für die Kürzungen in der Familienpolitik verantwortlich macht. "Verkauft und verraten" habe die Koalition die Familien bei der Budgeterstellung, klagte der FPÖ-Chef und verhaspelte sich dann ein wenig, als er sich am Spruch "Der Fisch beginnt am Kopf zu stinken" versuchte und den "Kopf am Kopf" stinken ließ. NR-Präsidentin Prammer fand damit den erste Gelegenheit zum Auftritt: "Herr Klubobmann, ich stelle fest, in diesem Saal hier stinkt niemand."
SPÖ-Klubchef Josef Cap gestand dann zu, dass er selber gerne den Familien die nunmehrigen Einschnitte erspart hätte. Vermögenssteuer und dafür keine Kürzungen bei den Familien - das wäre es für ihn gewesen, aber mit der ÖVP halt nicht möglich. Auf Zwischenrufe des BZÖ-Abgeordneten Christoph Hagen, der mit Caps Auftreten offenbar nicht einverstanden war, hatte Cap flott eine Antwort parat. Warum Hagen denn die Superreichen verteidige: "Sie schauen gar nicht wie ein Superreicher aus."
Bucher ortet eine "Superpraktikantin"
Grünen-Bundessprecherin Eva Glawischnig sah in den Cap-Aussagen gegen die ÖVP die "gegenseitige Reformblockade" in der Koalition bewiesen. Die Regierung stehe für "personifizierte Reformverweigerung", und gespart werde bei denen, die sich am wenigsten wehren könnten. Alleinerzieherinnen und Familien mit vielen Kindern stünden verstärkt an der Armutsgrenze, warnte Glawischnig.
Die Höflichkeitsform wahrte BZÖ-Obmann Josef Bucher nur in Minute eins seiner Rede, als er Remler eine "glückliche Hand" wünschte. In Minute zwei war die neue Staatssekretärin für ihn schon die "Superpraktikantin", müsse sie nach Angaben von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner doch nicht einmal für die jetzt beschlossenen Sparmaßnahmen geradestehen. Dabei würde gerade jetzt mit der Familie das "Herzstück der Gesellschaft" geschröpft.
BZÖ-Pöbelei während Remler-Rede
Dann durfte endlich Remler an das Redepult - den ersten Parlamentsauftritt absolvierte die Staatssekretärin mit fester Stimme und eingestreutem Osttiroler Akzent, wobei der Text vom Blatt gelesen wurde. Darauf stand, dass sie sich ihrer neuen politischen Aufgabe gerne stelle und sie dazu beitragen wolle, dass "Familie in allen ihren unterschiedlichen Formen gut gelebt werden kann". Die Familie bleibe jedenfalls die ideale Lebensform. Um sie zu bewahren, sei der Schlüsselfaktor die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Über die zuletzt beschlossenen Kürzungen in ihrem Bereich zeigte sich Remler "nicht glücklich", sie seien aber verantwortbar und es gebe keine Alternative dazu.
Recht viel Ruhe hatte die Staatssekretärin bei ihrem parlamentarischen Debüt nicht. Vor allem die BZÖ-Abgeordneten Peter Westenthaler und Ewald Stadler übten sich im Zwischenruf, was Prammer so empörte, dass sie die beiden orangen Herren danach maßregelte, es verstoße gegen die Usancen des Hauses, wenn man neue Regierungsmitglieder bei ihrem ersten Redeauftritt störe. Während sich die anderen Fraktionen gleich der Chefin anschlossen, empfahl das BZÖ, die Relationen zu wahren.
Beim ersten Auftritt der damaligen FPÖ-Sozialministerin Elisabeth Sickl habe die Sitzung sogar unterbrochen werden müssen, weil sich die Opposition dermaßen laut gebärdet habe, erinnerte Bündnis-Abgeordnete Ursula Haubner. Ihr blieb es auch, den Schlusspunkt der munteren Debatte zu setzen. Pröll bekam von der Ex-Sozialministerin einen "Krampussack" überreicht.
Geplänkel vor der eigentlichen Arbeit
Entschieden bzw. gearbeitet wird bei der Generaldebatte zum Budget (mehr dazu in der Infobox) nichts. Am Ende der Sitzung wurde der Budgetentwurf in den zuständigen Ausschuss weitergeleitet, ehe er in der Woche vor Weihnachten nochmals an drei Tagen ins Plenum kommt, um dort am 22. Dezember beschlossen zu werden. Allzu leicht wird es die Koalition mit der Opposition dabei nicht haben, die schon vor Tagen erbitterten Widerstand gegen die Vorlage angekündigt hat und auch den Gang zum Höchstgericht erwägt.
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