Über 90 Prozent
„Sputnik V“ wirksamer als AstraZeneca-Impfstoff
Das ausgesprochen positive Ergebnis einer neuen Studie zum russischen Corona-Impfstoff „Sputnik V“ hat das Potenzial, die Impfstoffdebatte in der Europäischen Union noch weiter anzuheizen. Am Dienstag erschien ein entsprechender Artikel im medizinischen Fachblatt „The Lancet“, das dem Vakzin eine Wirksamkeit von 91,6 Prozent bescheinigt. Russland strebt zudem eine Registrierung in der EU an. Ohnedies ist „Sputnik V“ bereits in mehr als 15 Ländern im Kampf gegen die Corona-Pandemie im Einsatz. Zuletzt gesellte sich der EU-Mitgliedsstaat Ungarn dazu, wo die erste Lieferung bereits am Dienstag eintraf, und auch Tschechien möchte das Vakzin importieren.
Die Wissenschaftler sprachen von „Zwischenanalysen“ der wichtigen Testphase III unter rund 20.000 Freiwilligen. Die Ergebnisse decken sich mit früheren Angaben. Eine Wirksamkeit von 91,6 Prozent bedeutet, dass in der geimpften Gruppe 91,6 Prozent weniger Erkrankungen pro 100 Probanden auftraten als in der Kontrollgruppe. Damit hätte „Sputnik V“ nahezu die gleiche Wirksamkeit wie die Impfstoffe von Moderna und Biontech/Pfizer, und eine höhere als das Mittel von AstraZeneca.
Russland will einem Medienbericht zufolge in der Lage sein, in diesem Jahr 700 Millionen Menschen mit dem Impfstoff zu impfen. Das berichtet die Nachrichtenagentur TASS unter Berufung auf den Chef des russischen Staatsfonds RDIF, der die Forschung finanziert.
Probanden sprechen von „milden Nebenwirkungen“
Nur in wenigen Fällen hätte es schwerwiegende Nebenwirkungen gegeben, die jedoch nicht auf den Impfstoff zurückzuführen seien. Die meisten Freiwilligen hätten von „milden“ Nebenwirkungen, wie grippeähnlichen Symptomen und Schmerzen am Arm, berichtet. Während der Studie habe es zudem vier Todesfälle gegeben, die jedoch nicht im Zusammenhang mit der Impfung stünden. Ein Freiwilliger habe einen Schlaganfall erlitten.
Impfstoff auch an Über-60-Jährigen getestet
Außerdem hätten die russischen Forscher den Impfstoff an mehr als 2000 Personen über 60 Jahren getestet. In dieser Gruppe sei das Vakzin „ähnlich wirksam und gut verträglich gewesen“. Die russische Studie ist jedoch noch nicht vollständig abgeschlossen. Insgesamt sollte der Corona-Impfstoff an 40.000 Freiwilligen getestet werden. Die Freigabe in Russland erfolgte vor gut einem halben Jahr.
AstraZeneca: Abstand von elf bis zwölf Wochen
Der Corona-Impfstoff von AstraZeneca war aufgrund von mangelnden Daten vom Nationalen Impfgremium nur zur Verwendung für Unter-65-Jährige empfohlen worden. Am Dienstag wurde zudem bekannt, dass der heimische Impfplan bei AstraZeneca einen deutlich längeren Abstand zwischen den beiden Impfungen vorsieht, als das bei Pfizer/Biontech oder Moderna der Fall ist. Wie die „Oberösterreichischen Nachrichten“ am Dienstag berichteten, sollen die beiden Teilimpfungen in einem Abstand von elf bis zwölf Wochen verabreicht werden.
Studie vom September international kritisiert
Damals gab es international Kritik, weil die Erlaubnis für eine breite Anwendung in der Bevölkerung vorlag, obwohl bis dahin wichtige Tests noch nicht begonnen hatten. Erste Details zu dem Wirkstoff hatten die Forscher Anfang September in „The Lancet“ veröffentlicht. Mehrere internationale Wissenschaftler kritisierten diese Studie.
Studienergebnis ist „eindeutig“
Die Forscherin Polly Roy von der London School of Hygiene & Tropical Medicine sagte, es habe vor allem wegen der schnellen Entwicklung und mangelnder Transparenz Kritik an „Sputnik V“ gegeben. Das nun vorliegende Ergebnis sei hingegen eindeutig. Das wissenschaftliche Prinzip der Impfung sei aufgezeigt worden, erklärte sie gegenüber „The Lancet“.
Studie zum Impfstoff „ist überzeugend“
Der deutsche Mediziner und SPD-Politiker Karl Lauterbach verlinkte die Studie auf Twitter und bezeichnete sie als „überzeugend“. Aus seiner Sicht sei sie eine ausreichende Grundlage, um die Zulassung von „Sputnik V“ in Europa zu prüfen. „Der Impfstoff wäre eine wichtige Ergänzung und das Impfprinzip ist eher schlüssig“, so Lauterbach.
Denis Logunow vom Gamaleja-Forschungszentrum für Epidemiologie und Mikrobiologie in Moskau, das den Wirkstoff entwickelt hat, sagte: „Um die Covid-19-Pandemie zu stoppen, muss es verschiedene Impfstoffe geben, die auf unterschiedlichen Wirkmechanismen basieren.“
Unterdessen trafen am Dienstag die ersten 40.000 Dosen von „Sputnik V“ in Ungarn ein. Brüssel habe versagt, weshalb die EU das Leben der Menschen in Europa und den baldigen Aufschwung der europäischen Wirtschaft gefährde, sagte der ungarische Außenminister Peter Szijjarto. Ungarn bestellte insgesamt zwei Millionen Dosen des russischen Impfstoffs.
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