„Kann nicht anders“

Häupl protestiert gegen Abschiebungen von Kindern

Wien
03.02.2021 06:00

Es ist eine Kundgebung mit Seltenheitswert: Bürgermeister-Legende Michael Häupl zieht am Mittwoch vor das Innenministerium. Mit anderen prominenten Vertretern protestiert der ehrenamtliche Präsident der Volkshilfe gegen Kinderabschiebungen. Der „Krone“ gab er im Vorfeld ein Interview über die politische Lage im Land.

„Krone“: Herr Häupl, wann haben Sie eigentlich zuletzt gegen eine Regierung protestiert? 
Michael Häupl: Ich habe in meinen 24 Jahren als Bürgermeister hinlänglich Diskussionen mit der Bundesregierung gehabt. Aber ein Protest, im Sinne von auf die Straße gehen, ist schon länger her. Da müssten Sie in meiner Biografie in die Studentenzeit und die Jugendorganisation zurückgehen.

(Bild: APA/Christopher Glanzl, Klemens Groh, Krone KREATIV)

Heute gehen Sie wieder auf die Straße und protestieren vor dem Innenministerium gegen Abschiebungen. 
Es ist mir wichtig. Es kann nicht sein, dass man Kinder in Flüchtlingslagern in Griechenland im Dreck alleine lässt und auf der anderen Seite gut integrierte Jugendliche, die in Österreich in Ausbildung stehen und sogar hier geboren sind, abschiebt. Das geht nicht! Bei einer derartigen Hartherzigkeit muss man etwas sagen. Ich kann nicht anders!

Innenminister Karl Nehammer (Bild: APA/Georg Hochmuth)
Innenminister Karl Nehammer

Der Innenminister sagt auch, er kann nicht anders, Recht muss Recht bleiben, die Mutter sei schuld. 
Der Innenminister kann die Position einnehmen, sie ist nur falsch. Auch Juristen und ehemalige Justizminister sagen, es hätte selbstverständlich die Möglichkeit des humanitären Bleiberechts gegeben. Von einer Amtspflicht kann keine Rede sein. Und das beseitigte Mitspracherecht der Landeshauptleute ist unbedingt wieder einzuführen. Ein Schullehrer und ein Bürgermeister können den Integrationsgrad besser beurteilen.

Vor einem Jahr haben Sie gesagt, Türkis-Grün sei Ihnen lieber als Türkis-Blau. Aber viele Grün-Wähler können nicht erkennen, was konkret besser sein soll. Können Sie es?
Der nicht rasende Widerstand bei den Grünen gegen die ÖVP gefällt mir so gar nicht, aber einen Unterschied zu einem FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl, der die Menschen wie Donald Trump aufhetzt, erkenne ich schon. Nur auf Dauer ist es für die Grünen keine Ausrede, besser zu sein als die Blauen. So tief dürfen sie die Latte nicht legen.

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) (Bild: APA/ROLAND SCHLAGER)
Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP)

Was würden Sie tun, wäre Ihre Partei jetzt in einer Koalition mit der ÖVP? 
Ich gebe da jetzt keine Ratschläge. Aber es ist wichtig, dass alle ihre Meinung öffentlich sagen. Man kann nicht von Fehlern bei der Terrorbekämpfung oder beim Impfen ablenken, indem man Kinder in aller Herrgottsfrüh mitten in der Pandemie aus den Betten zerrt und in ein Land abschiebt, das sie nicht kennen. Humanität ist ein Grundsatz, den ich momentan nicht sehe.

Abschließend ein Blick auf Wien: Was gefällt Ihnen an der Punschkrapfenkoalition? 
Ich habe mir das Regierungsprogramm von SPÖ und Neos genau angeschaut, und es ist ein Programm, von dem ich nicht weiß, ob es eine SPÖ-Alleinregierung viel anders geschrieben hätte. Ich bin sehr zufrieden.

NEOS-Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr und Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) (Bild: APA/Herbert Pfarrhofer)
NEOS-Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr und Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ)

Beschreiben Sie das Duo Michael Ludwig und Christoph Wiederkehr! 
Es sind ganz andere Typen als die Frau Maria Vassilakou und ich.

Interview: Maida Dedagić, Kronen Zeitung

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Wien Krone
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