Weil der chinesische Telekommunikationskonzern Huawei aufgrund von US-Sanktionen keinen Zugriff mehr auf Android-Anwendungen von Google hat, hat das Unternehmen mit Harmony OS ein eigenes, selbst entwickeltes Betriebssystem als Alternative angekündigt. Mittlerweile liegt dieses in einer Betaversion vor - und die offenbart, dass es sich hier mitnichten um eine Eigenentwicklung handelt.
Das berichtet das IT-Portal „Ars Technica“, das sich eine Betaversion von Harmony OS ansehen konnte und die Unterschiede zu Android, wie es Google bereitstellt, ausfindig machen wollte. Das Ergebnis: Unterschiede sind fast nicht vorhanden, unter der Haube werken viele Bausteine aus Android 10, die auch genauso heißen wie in anderen Android-Installationen.
An einigen Stellen des Betriebssystems habe Huawei schlicht den Namen Android mit dem Namen „Harmony OS“ ersetzt, berichten die Tester. Bei der Benutzeroberfläche weiche Harmony OS auch nicht von den Konventionen ab, die bei Huaweis Android-Smartphones gelten. Kein Wunder: Dort und da stülpt Huawei das hauseigene EMUI-Interface als Benutzeroberfläche über.
Android-Apps laufen problemlos
Dass es sich bei Harmony OS letztlich um eine umgebaute Version des Open-Source-Betriebssystems Android handelt, zeige sich auch daran, dass auf dem Betriebssystem mehrere Jahre alte Android-Apps ausgeführt werden können. Offensichtlich müssen Android-Anwendungen also nicht extra auf das Huawei-Betriebssystem portiert werden, sondern laufen auch ohne Anpassungen - eben, weil es sich im Kern um Android handelt.
Jeder darf sein eigenes Android bauen
Dass Huaweis Betriebssystem eigentlich Android ist, ist nichts Illegales: Android basiert auf dem freien Betriebssystem Linux und wird - ohne Google-Dreingaben - als Open-Source-Software angeboten. Das bedeutet, dass jedes Unternehmen das Grundgerüst nehmen und darauf aufbauen kann. Am Grundproblem, das Huawei durch die US-Sanktionen hat, ändert Harmony OS somit aber nichts: Es bleibt eine Android-Version, in der Google-Dreingaben wie Chromecast-Streaming oder der Play Store fehlen, ohne die Android-Smartphones für viele Menschen schlechter nutzbar sind.
Für Verwunderung sorgt indes, dass Huawei Harmony OS zunächst als eigenes, selbst entwickeltes Betriebssystem angekündigt hat, letztlich aber nur ein eigenes Android vorlegt. Bei „WinFuture“ analysiert man, Harmony OS sei so gesehen vor allem ein großer PR-Stunt, mit dem Huawei bei der chinesischen Regierung und chinesischen Kunden punkten will.
Marktanteile zuletzt massiv eingebrochen
Im Ausland wird wohl auch das hauseigene Betriebssystem nichts an den von den US-Sanktionen ausgelösten Problemen ändern, die sich längst massiv auf die Verkaufszahlen auswirken. Laut Zahlen des Marktforschers IDC stürzte Huaweis globaler Smartphone-Absatz im letzten Viertel 2020 gegenüber dem Vorjahr um 42,4 Prozent auf 32,2 Millionen Stück ab. Der Marktanteil sank von 15,2 auf 8,4 Prozent.
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