Den ersten bleibenden Eindruck bei Amazon-Gründer Jeff Bezos hinterließ der neue Konzernboss Andy Jassy mit einem Kayak-Paddel. Es war 1997, Amazon war eine junge Firma von jungen Leuten, und eine Besprechung endete mit einer Partie „Broomball“ - eines an Hockey angelehnten Spiels aus Kanada, bei dem man einen Ball mit einer Art Besen führt - oder eben behelfsmäßig mit einem Kayak-Paddel. Der frisch eingestellte Jassy zog im Eifer des Gefechts seinem Chef eins über den Kopf.
Die Episode, die Bezos-Biograf Brad Stone herauskramte, schadete der Karriere des heute 53-jährigen Jassy nicht im Geringsten. Einige Jahre später bekam Jassy ein Angebot, das mit seinem nun bevorstehenden Aufstieg an die Amazon-Spitze besonders bedeutend erscheint. Bezos machte ihn zu seinem ersten offiziellen „Schatten“: Ein Mitarbeiter begleitet den Chef auf Schritt und Tritt und nimmt an allen seinen Beratungen teil. Jassy verbrachte eineinhalb Jahre an Bezos‘ Seite - und war danach bereit für eine große Aufgabe.
Jassy wurde damit betraut, auf Basis von Amazons hauseigener IT-Infrastruktur einen Dienstleister für externe Kunden aufzubauen. Die Überlegung war, die Ressourcen, die nur in Spitzenzeiten wie dem Weihnachtsgeschäft voll ausgelastet sind, rund ums Jahr einzusetzen.
Mithilfe der Cloud an die Spitze
Die Idee war dennoch umstritten. Amazons Geldgeber im Verwaltungsrat befürchteten ein Millionengrab. Jassy war zudem kein Techniker, sondern Absolvent der Harvard Business School. Seine Vision, Speicher und Rechenleistung kostengünstig übers Netz bereitzustellen, ging jedoch auf. Die von ihm geführte Sparte Amazon Web Services liefert Cloud-Infrastruktur an unzählige Start-ups und große Unternehmen. Für Amazon wurde AWS zu einer Geldmaschine: Die Sparte brachte zuletzt zwei Drittel des operativen Gewinns des Konzerns ein.
Jassy, der einst bekannte, sich zwölf Dosen Cola Light pro Tag reinzuschütten, hält auch im gespaltenen Amerika seine politischen Ansichten nicht zurück. So begrüßte er bei Twitter die Gleichstellung sexueller Minderheiten durch das Oberste Gericht der USA und forderte Konsequenzen für den Tod der schwarzen Amerikanerin Breonna Taylor bei einem Polizeieinsatz. Zuletzt wurde er in eine Klage der bei Unterstützern von Donald Trump beliebten Twitter-Alternative Parler hineingezogen, der AWS nach Gewaltaufrufen rund um den Sturm auf das Kapitol den Stecker zog. Kritisiert wurde Jassy dafür, dass Amazon Behörden die Gesichtserkennungs-Software Rekognition liefert - was er verteidigt.
Jassy heiratete 1997 Elana Caplan, die Modedesignerin für die Firma Eddie Bauer war. Beide leben in Seattle mit ihren zwei Kindern.
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