Montag und Mittwoch ist nach den Semesterferien an Österreichs Schulen Testtag: Nur wer dann einen „Anterio-Nasal-Test“ durchführt, darf am Präsenzunterricht teilnehmen. Diese Antigentests taugen allerdings nur als „grobes Sicherheitsnetz“, betont Mikrobiologe Michael Wagner von der Uni Wien. Auch im Bildungsministerium weiß man um die eingeschränkte Aussagekraft, deshalb seien die Tests auch nur eine Maßnahme neben Maskenpflicht und Schichtbetrieb.
„Jeder positive Fall, der frühzeitig und schnell erkannt wird, hilft, die Infektionsketten zu unterbrechen“, betont man im Bildungsministerium. Ohne diese Tests würden diese Fälle gar nicht erkannt werden und vermutlich weitere Ansteckungen verursachen.
Eine aktuelle Studie der AGES zeigt allerdings, dass die Sensitivität von Antigentests bei diesem Verfahren zwar bei Hospitalisierten bei über 93 Prozent und bei Massentest-Teilnehmern mit leichten Symptomen bei 76 Prozent liegt, bei gänzlich Asymptomatischen (aber potenziell infektiösen) würden diese allerdings nur mehr bei 41 Prozent sein. Die Vorteile eines schnellen Testergebnisses und die schnellere Isolierung einer hochinfektiösen Person würden die geringere Sensitivität bei Asymptomatischen allerdings weit überwiegen, verweist das Ministerium auf eine Einschätzung der AGES. Die Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde plane gerade eine Studie zu den Antigen-Selbsttests.
„Negatives Ergebnis ist kein Freibrief“
„Es ist wichtig, dass Kinder, Jugendliche und Eltern wissen, dass ein negatives Testergebnis überhaupt kein Freibrief ist“, warnt Wagner vor einem falschen Sicherheitsgefühl. Es sei eher unwahrscheinlich, dass sich bei einem Abstrich im vorderen Nasenraum bei allen infektiösen Schülern genug Virusmaterial findet, um diese zu erkennen. Gerade infizierte Kinder seien häufig asymptomatisch und könnten im vorderen Nasenraum, auch wenn sie infektiös sind, relativ wenig Viren haben. Zudem sind große Qualitätsunterschiede auch innerhalb der zugelassenen Antigentests bekannt. Aus diesen Gründen wäre es besonders wichtig zu untersuchen, wie sensitiv die an den Schulen eingesetzten Tests von Lepu Medical beim Nachweis asymptomatisch infizierter Kinder mit hoher Virenlast mittels Abstrich aus dem vorderen Nasenbereich tatsächlich sind.
Es sei eher unwahrscheinlich, dass sich bei einem Abstrich im vorderen Nasenraum bei allen infektiösen Schülern genug Virusmaterial findet, um diese zu erkennen.
Mikrobiologe Michael Wagner
Besser als nichts zu tun
Allerdings: Auch, wenn nur die Hälfte der infektiösen Schüler entdeckt würden, sei das besser als nichts zu tun. „Wenn man die Schulen offenhalten will, muss man zumindest mit diesem groben Netz immer wieder durchgehen, damit man zumindest regelmäßig infektiöse Kinder identifizieren kann.“ Ohne ein PCR-gestütztes begleitendes Monitoringprogramm werde man jedoch nicht wissen, wie wirkungsvoll diese Maßnahme tatsächlich ist, so Wagner, der die derzeit bis Ostern ausgesetzte Schul-„Gurgelstudie“ koordiniert.
Umstieg auf Gurgelmethode sinnvoll
Nicht so tragisch findet Wagner, dass mit der großen Zahl an Testteilnehmern - 342.000 Volksschüler werden zweimal, die anderen 793.000 Schüler einmal wöchentlich getestet - auch falsch positive Ergebnisse zu erwarten sind. „Das ist eine Art Vortest, ein erstes Screening.“ Hier sei es wichtig, Schulen und Eltern zu beruhigen und ihnen zu vermitteln, dass erst der PCR-Test ein endgültiges Ergebnis liefert. „Aber das wird ohnehin nicht unser größtes Thema sein beim zu erwartenden Anstieg an Infektionen.“ Mittelfristig plädiert er für einen Umstieg auf Gurgeltests, die pro Klasse im Pool mit der sensibleren PCR-Methode ausgewertet werden. Dann seien auch falsch-positive Ergebnisse kein Thema mehr.
Protest von Lehrergewerkschaftern
Mit großer Skepsis reagieren die unabhängigen Lehrergewerkschafter von der ÖLI-UG auf die Teststrategie des Bildungsministeriums: Die „Nasenbohrertest“ würden nicht einmal jede zweite Infektion erkennen. Dass gleichzeitig die Schul-„Gurgelstudie“ ausgesetzt wurde, die einen Aufschluss über das reale Infektionsgeschehen an den Schulen gibt, sei „grob fahrlässig“. Die ÖLI-UG-Vertreter fordern in einer Aussendung eine tatsächliche Halbierung der Klassen und wehren sich gegen medial angekündigte Pläne von AHS- und BMHS-Direktoren, ganze Klassen oder Jahrgänge ins Haus zu holen.
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