Sanktionen angedroht

EU-Vertreter in Moskau: „Beziehung am Tiefpunkt“

Ausland
05.02.2021 16:01

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat bei Gesprächen in Moskau die Freilassung des Kremlkritikers Alexej Nawalny gefordert und vor einer weiteren Verschlechterung der Beziehungen zwischen der EU und Russland gewarnt. Die Beziehungen seien wegen des Umgangs mit Nawalny an einem Tiefpunkt angekommen, sagte Borrell am Rande seines Besuchs. Zuletzt hatte ein hochrangiger Vertreter der EU Moskau vor vier Jahren besucht. Russlands Außenminister Sergej Lawrow kritisierte die EU angesichts der verschlechterten Beziehungen als einen „unzuverlässigen Partner“.

Die EU habe sich zuletzt zunehmend wie die USA verhalten und Ländern einseitige Sanktionen auferlegt, sagte Lawrow am Freitag nach dem Treffen mit dem EU-Außenbeauftragten zur Möglichkeit neuer EU-Strafmaßnahmen gegen Russland wegen des Umgangs mit Nawalny. Die russisch-europäischen Beziehungen durchlebten derzeit „bei Weitem nicht die besten Zeiten“, sagte er.Russland habe dennoch „den Wunsch, den politischen Dialog fortzusetzen“, so Lawrow. Es gebe unterschiedliche Ansichten und Widersprüche, aber ohne Dialog gehe es nicht. Die Ausweisung dreier EU-Diplomaten am Freitag, weil sie an Demos für den Kreml-Kritiker teilgenommen hatten, dürfte die Kluft aber weiter vertiefen.

Beratungen über neue Sanktionen Ende Februar
Borrell verwies auf die Frage nach möglichen neuen EU-Sanktionen darauf, dass bei einem Außenministertreffen am 22. Februar mögliche weitere Maßnahmen besprochen werden sollen. Zudem wollten sich die Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfeltreffen im März mit den Beziehungen zu Russland beschäftigen. Bei der Pressekonferenz mit Lawrow erinnerte er daran, dass die EU für Russland der wichtigste Handelspartner und die größte Quelle für ausländische Direktinvestitionen ist. Für eine gemeinsame Zukunft seien Themen im Zusammenhang mit der Rechtsstaatlichkeit, der Zivilgesellschaft und der politischen Freiheit zentral, sagte Borrell.

EU-Außenbeauftragter Josep Borrell mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow (Bild: ASSOCIATED PRESS)
EU-Außenbeauftragter Josep Borrell mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow

Freilassung Nawalnys gefordert
Zuvor hatte der EU-Außenbeauftragte am Rande seines Moskau-Besuchs erklärt, die Beziehungen seien wegen des Umgangs mit dem inhaftierten Kreml-Kritiker Alexej Nawalny an einem Tiefpunkt angekommen. Das habe er russischen Vertretern klargemacht, so Borrell. Die Beziehungen seien in den vergangenen Jahren von mangelndem Vertrauen geprägt gewesen. Das Gespräch mit Lawrow sei offen und intensiv gewesen, in dem er auch die EU-Forderung nach einer Freilassung Nawalnys und einer Untersuchung des Giftanschlags auf den Oppositionspolitiker bekräftigt habe. Borrell wollte sich mit einem Amtsbesuch selbst ein Bild der Lage in Russland machen.

Kreml-Kritiker Nawalny bei seinem Prozess in Moskau (Bild: AP)
Kreml-Kritiker Nawalny bei seinem Prozess in Moskau

Beziehungen seit Ukraine-Krise belastet
Die Beziehungen zwischen Moskau und Brüssel sind seit der Annexion der Krim im Jahr 2014 stark belastet. Hinzu kommt nun der Fall Nawalny. Der schärfste Kritiker von Präsident Wladimir Putin war Mitte Jänner bei seiner Rückkehr nach Moskau festgenommen worden. Er war zuvor in Deutschland nach einem Giftanschlag behandelt worden, für den er die russische Regierung verantwortlich macht.

Die russische Polizei ging bei neuerlichen Protesten am Wochenende brutal gegen Demonstranten vor. (Bild: AP)
Die russische Polizei ging bei neuerlichen Protesten am Wochenende brutal gegen Demonstranten vor.

Weiterer Prozess gegen Nawalny
Am Dienstag hatte ein Moskauer Gericht entschieden, dass Nawalny wegen einer Bewährungsstrafe aus dem Jahr 2014 nun knapp drei Jahre in ein Straflager muss. Zudem hat in dieser Woche ein weiteres Gerichtsverfahren - wegen angeblicher Verleumdung eines Weltkriegsveteranen - gegen ihn begonnen. Für Nawalnys Freilassung und gegen Kreml-Chef Putin waren zuletzt in ganz Russland zehntausende Menschen auf die Straße gegangen, mehr als 11.000 Menschen wurden festgenommen. Die EU kritisierte das harte Vorgehen der Polizei gegen die Opposition.

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