Kuriose Corona-Blüten

Zuhören im Ort verboten, im Landtag erlaubt

Nachrichten
06.02.2021 15:00

Gemeinderatssitzungen sind öffentlich - aber (noch) nicht überall: So mancher Bürgermeister lässt mit Hinweis auf Corona-Beschränkungen die Zuhörer außen vor. In Zirl schwelt ein Streit zwischen einem Investor und der Gemeinde um eine Brücke, die Ortsteile verbindet.

Wieder tauchen nun kuriose Fälle auf, in denen Bürger von Gemeinderatssitzungen ausgeschlossen werden – obwohl genau das laut Bundesgesetz nicht passieren dürfte – die „Tiroler Krone“ berichtete. Nach Wenns und Zirl sind es diesmal Gries am Brenner und Kitzbühel, die offenbar jede Menge Spielraum in der Auslegung von Gesetzen beziehungsweise demokratischen Grundrechten sehen.

Betroffener Bürger
In Gries wurde nun ein Bürger des Saales verwiesen, der selbst vom behandelten Tagesordnungspunkt betroffen war: Es ging um den Streit ums Widum, das wegen Steinschlaggefahr nicht betreten werden darf (die „Krone“ berichtete). „Ich wollte mich als Betroffener direkt informieren“, sagt der Widum-Eigentümer, der seit Jahren mit der Gemeinde um den Zutritt zu seinem Eigentum kämpft. Weil auch der Gemeindeanwalt den Dorfchef bestärkte, gab der Zuhörer auf.

Der Fall ist auch deswegen besonders kurios, weil am selben Tag bei der Landtagssitzung ebenfalls Zuhörer anwesend waren und eben nicht mit Verweis auf Covid-Verordnungen des Saales verwiesen wurden.

Antrag einstimmig 
Zudem hat sich der Tiroler Landtag genau in dieser Sitzung auf Initiative der Liste Fritz mit dieser Thematik befasst. „Alle Parteien, selbst die ÖVP, sind einer Meinung, dass – Corona hin oder her – Bürgermeister ihre Bürger nicht von Gemeinderatssitzungen ausschließen sollen. Den entsprechenden Antrag der Liste Fritz hat der Tiroler Landtag leicht abgeändert und einstimmig beschlossen, ein Erfolg für unsere beharrliche politische Arbeit“, freut sich LA Markus Sint.

Kitzbühler ausgeladen
Da nun in den kommenden Tagen viele Sitzungen in den 279 Tiroler Gemeinden anstehen, erwartet sich LA Sint eine Klarstellung von Seiten der Landesregierung. Denn der Stadtchef von Kitzbühel etwa hat die Bürger für die nächste Woche laut Sint schon vorsorglich ausgeladen. „Die Bundes- und Landespolitik macht sich zum Narren, wenn wir Beschlüsse fassen, und dann pfeifen sich ein paar Bürgermeister nichts und schmeißen ihre Bürger trotzdem raus!“, erläutert Fritz-LA Sint.

Zirl legt sich mit Investor an
In eine Pattstellung der Sonderklasse haben sich Marktgemeinde Zirl und ein Wohnbau-Investor im Streit um ein Bauprojekt hineinmanövriert. Leidtragende sind Bewohner diesseits und jenseits des Schlossbaches, die nun nicht mehr auf die andere Uferseite gelangen, weil der Investor die alte Brücke abreißen ließ und die neue nicht mehr fertigbauen will. Die Gemeinde verlangt einen Nachweis, dass der private Wohnbauträger bei einem früheren Bauprojekt die Vereinbarung mit der Gemeinde auf Punkt und Beistrich eingehalten hat, wonach ein gewisser Anteil Wohnungen die Kriterien der Wohnbauförderung erfüllt – eine Art Vorläufer der landesgesetzlichen Vertragsraumordnung.

Fünfjährige Bausperre droht
Kommt der Bauträger diesem von ihm unterschriebenen Vertrag nicht nach, droht eine fünfjährige Bausperre, von der auch das Brücken-Projekt betroffen wäre. Dieses erschließt ein Siedlungsgebiet, in dem 75 Wohnungen gebaut werden sollen – ein Teil davon für Zirler, „und vor allem zu leistbaren Preisen“, betont BM Thomas Öfner. Weiters fordert die Gemeinde, dass der Investor die Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens auf der Brücke anerkennt. Der Bürgermeister hat den gesamten Gemeinderat hinter sich: „18:0 ist eine klare Ansage. Ich lasse mich nicht erpressen. Die Brücke gehört gebaut! Darauf haben die Zirler einen Anspruch!“

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