Einige Bewohner der Region Weiz bündeln ihre Kräfte zur Flüchtlingsrettung. Wohnraum, Verpflegung, Betreuung und Deutschkurse wären bereits organisiert. Jetzt fordern Kirchenvertreter ein Gespräch mit Innenminister Nehammer. Und so manche alteingesessene ÖVP-ler und Grüne sind enttäuscht über den Kurs der Regierung.
„Hilfe vor Ort, wie sie Österreich und die EU den Griechen immer wieder versprechen, kommt nicht an", stellt Erwin Stubenschrott gleich zu Beginn klar. „Das sind reine Alibiaktionen. Das bestätigt ein jeder, der schon einmal das Lager Kara Tepe auf Lesbos besucht hat. Spendengelder versanden, Hilfsgüter hängen an der Grenze fest oder verschwinden. Es ist ein Jammer - und eine Verschwendung von Steuergeldern!“, sagt der 64-Jährige.
Stubenschrott ist einer von vielen Bewohnern der Region Weiz, der den Flüchtlingen, die seit Monaten unter menschenunwürdigen Bedingungen auf der griechischen Insel festsitzen, helfen möchte - nur lässt man ihn nicht: „Bei uns haben sich binnen kürzester Zeit unzählige Weizer über alle Gesellschaftsschichten hinweg gemeldet, die in irgendeiner Form helfen würden. Zumindest fünf Familien könnten wir sofort versorgen“, erzählt er.
Bis zur Abholung vom Flughafen alles fixiert
„Wohnungen und sogar ein ganzes Haus wurden zur Verfügung gestellt, Verpflegung ist organisiert, für jeden Flüchtling gäbe es eine Gruppe von Betreuern, sie könnten vom ersten Tag an mit dem Deutschlernen beginnen, ja sogar das Geld für die Flüge zur Überstellung nach Österreich haben wir beisammen“, berichtet Stubenschrott, der auch Obmann der Initiative „Solidarregion Weiz“ ist.
Positiver Asylbescheid als eine Grundlage
Dass ein positiver Asylbescheid Voraussetzung für eine Einreise wäre, betont der Weizer Theologe Fery Berger: „Was die meisten nicht wissen: Unter den im Lager lebenden Personen haben 1200 bereits einen Asylstatus zuerkannt bekommen.“ Genau an dem Punkt konzentriert sich auch die Kritik der Oststeirer: "Wir fordern Innenminister Karl Nehammer auf, so genannte Relocation-Programme, über die die Bundesregierung bis 2018 aus mehreren Krisengebieten Flüchtlinge nach Österreich gebracht hat, wieder aufzunehmen.
Denn auch im jetzigen Regierungsprogramm bekennen sich die Verantwortlichen zu solchen Maßnahmen, nur wurde bis jetzt noch kein einziger Schritt in die Wege geleitet“, moniert Berger.
Treue Partei-Mitglieder wenden sich ab
Zu dem Ärger über die „starre Haltung der hohen Politik“ kommt bei immer mehr alteingesessenen ÖVP-Mitgliedern auch Enttäuschung hinzu: „Ich bin seit vielen Jahrzehnten für meine Partei tätig, allerdings mit schwindender Zufriedenheit“, sagt etwa Hermine Schlemmer, die unter anderem in der Wirtschaftskammer in ihrer Heimatstadt Weiz gearbeitet hat.
„Stimmung könnte bald kippen“
Nicht nur, dass ihr persönlich die „unmenschliche Haltung“ von Türkis-Grün missfällt, die 64-Jährige sorgt sich auch um die Zukunft ihrer Partei: „Die Stimmung könnte schon bald kippen, denn immer weniger Menschen haben Verständnis dafür, dass gut integrierte Kinder beinhart abgeschoben bzw. hilfesuchende Familien stur nicht ins Land gelassen werden“, meint Schlemmer.
Und auch an den Grünen gibt es lauter werdende Kritik: „Eines meiner Kinder hat mir erzählt, das Stillschweigen ,seiner‘ Partei nicht länger zu ertragen, weshalb es kürzlich auch einen Brief an Vizekanzler Kogler geschickt hat“, erzählt Stubenschrott.
Neues Protestcamp: Start am 13. Februar
Um ihrer Forderung nach einer „menschlicheren Politik“ mehr Ausdruck zu verleihen, wird es übrigens auch im Bezirk Weiz ein Protestcamp geben: Los geht es am 13. Februar bei der Kirche in Gleisdorf. In Graz finden solche Camps ja bereits seit einigen Wochen jeweils am Samstag und Sonntag am Freiheitsplatz statt.
Wer persönlich helfen möchte, möge sich bitte an weizer@solidarregion.at wenden. Mehr Informationen gibt es hier
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