SCHLAGFERTIG

Martin Grubinger: Unsichtbares Band zu den Lesern

Salzburg
06.02.2021 23:00
„Wollen S’ das nicht einfach aufschreiben?“ Am Ende einer intensiven Diskussion zwischen Nougatknödel und dem gefühlt 15. Espresso, die entwaffnend einfach gestellte Frage in meinem Salzburger Lieblingsbeisl „Zum fidelen Affen“. Vor genau zwei Jahren erschien, nach einer Idee von Chefredakteur Claus Pándi, in dieser Zeitung meine erste Kolumne.

Um ehrlich zu sein, hatte ich mit einem kurzen journalistischen Intermezzo gerechnet. Man hatte mich damals gewarnt: „Die Krone!!“

 Zum einen, weil ich ein Gefühlsmensch bin und niemals meine Überzeugungen für opportunistische Zwecke opfern würde. Zum anderen würde man nur das veröffentlichen, was politisch gewollt ist. Es wäre naiv zu glauben, dort einfach „drauflos schreiben“ zu können. Außerdem, und das ist die Folge aus meinen Überzeugungen, wäre ich als Hobby-Kolumnist in dieser Zeitung eine „Unguided Missile“. Also inhaltlich kaum zu kontrollieren. In Zeiten der Message Control und des immerwährenden Wunsches der Regierenden, die mediale Hegemonie zu erlangen, ist das schon ein starkes Stück. Doch manchmal zahlt sich Naivität aus. Nach nun nach genau zwei Jahren und mittlerweile bereits 90 Kolumnen kann ich sagen: Ich bin frei.

Klar, manche Formulierungen müssen diskutiert werden. Oft bleibt mir weniger als eine Stunde Zeit, um den Text zu schreiben. Diese Kolumne betrachte ich als mein wunderschönes Hobby. Da mein Beruf allerdings immerwährende Priorität genießen muss, geht die Emotion in der Kürze der Zeit auch hin und wieder mit mir durch. Dann greift das Korrektiv und Claus Pándi zum Hörer. Formulierungen, die unpassend sind oder auch rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen könnten, gehen dann nicht. Dann wird bissl gestritten, viel gelacht und am Ende ein Kompromiss gefunden. Dieses kleine Jubiläum aber will ich nutzen, um auch Danke zu sagen. Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, ist es zu verdanken, dass ich mit Freude das Ende ihrer Woche in der „Krone“ mit meiner Kolumne begleiten darf. In diesen zwei Jahren hat sich ein unsichtbares Band zwischen uns gesponnen. Die vielen Reaktionen, die mich wöchentlich erreichen, zeigen auch, dass es ein Verlangen nach klarer und direkter Sprache gibt. Die Sehnsucht, die Dinge beim Namen zu nennen und ohne politische oder wirtschaftliche Abhängigkeiten in offener Aussprache Lösungen einzufordern, ist groß.

Da gehen die Wogen auch manchmal hoch und das ist gut so. Es geht nichts über eine lebhafte und zugleich von gegenseitigem Respekt getragene Diskussion. Manche Themen sind mir ans Herz gewachsen. Sie werden mich in dieser Kolumne weiter begleiten. Die Situation der Pflegerinnen, das Wohl der Kinder, sei es im Lockdown zuhause, abgeholt von bewaffneten Polizisten oder im Schlamm von Moria sitzend. Fragen der Gerechtigkeit und der fairen Chancen. Die Kluft zwischen Stadt und Land, die in fast allen Bereichen unseres Zusammenlebens immer weiter auseinander geht.

Als überzeugtes Landei will ich weiterhin eine Stimme für die Provinz sein. Gewiss scheint zu sein, dass wir vor einer Zäsur stehen. Wenn ausreichend geimpft wurde und diese verflixte Pandemie besiegt sein wird, können wir alle zusammen an neuen Ideen arbeiten. Sind unsere Parteien mit neuen Konzepten und Ideen vorbereitet? Gehen die Visionen und Pläne für Österreich über den nächsten „News-Cycle“ hinaus? Oder verbringt man zu viel Zeit damit, das Hackl im Kreuz des politischen Mitbewerbers zu verorten?

Die Nachrichten, die ich als Reaktionen auf meine Kolumnen bekomme, sind wunderbar. Manche kritisch, manche lobend, manche mit Hinweisen, worauf das Auge der Leserinnen und Leser längst gelegt werden sollte. Dazwischen immer wieder Schicksale, die mich zu Tränen rühren und mich motivieren, hier weiterzumachen. Es ist mir die größte Ehre, Ihr sonntäglicher Kolumnist sein zu dürfen.

Ihr Martin Grubinger

Porträt von Salzburg-Krone
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