Der betroffene Patient, heute 46 Jahre alt und Vater von zwei Kindern im Alter von mittlerweile acht und 13 Jahren, war am 27. März 2008 vom Roten Kreuz mit einem akuten Koronarsyndrom in das Krankenhaus Rudolfstiftung gebracht worden.
Schon 2004 hatte er einen Herzinfarkt erlitten, nun klagte er über Übelkeit und starke Schmerzen in der Brust. Seine Angehörigen betonen, sie hätten im Spital vom ersten Moment an den neuerlichen Herzinfarkt-Verdacht geäußert. Dessen ungeachtet wurde laut Anwalt Oliver Koch erst knapp zwei Stunden nach der Einlieferung ein EKG veranlasst: "Trotz eindeutiger Symptome und ausdrücklicher Hinweise seitens der anwesenden Mutter des Patienten sind Stunden vergangen, ohne die Symptome richtig zu deuten." Als das EKG durchgeführt wurde und der Infarktverdacht Bestätigung fand, war es zu spät. Zum Zeitpunkt des Eintreffens dieses Befundes war der Patient bereits klinisch tot.
Strafprozess endete mit Freispruch
Die Rudolfstiftung zeigte den Fall an, die Ärzte mussten sich dem Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung vor Gericht stellen. Dabei kam der Kardiologe und Internist Günter Leopold Steurer in einem von der Staatsanwaltschaft Wien in Auftrag gegebenen Gutachten zum Schluss, der Mann wäre "in der Rudolfstiftung nicht State-of-the-art und nicht entsprechend den Richtlinien diagnostisch abgeklärt, medizinisch überwacht und behandelt worden". Steurer ortete zahlreiche Versäumnisse aufseiten der ärztlich Verantwortlichen und kommt zum Schluss, dass die "Art und Schwere der Körperverletzung (Größe des Herzinfarkts und Ausmaß des hypoxischen Hirnschadens)" mit "einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit bedeutsam vermindert" hätte werden können.
Im Strafprozess gegen die Ärzte konnte diesen ad personam aber ein rechtswidrig schuldhaftes Vorgehen nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden. Sie wurden, wie man im Volksmund sagt, "im Zweifel" freigesprochen.
Schadenersatzklage gegen Spital und auch Ärzte
Doch für den Rechtsvertreter des Koma-Patienten steht außer Frage, dass jedenfalls ein Verschulden im Rahmen des Behandlungsvertrages und eine Verletzung der Dokumentationspflicht in den Krankenunterlagen vorliegt, was sich schadenersatzrechtlich sogar haftungsverschärfend niederschlage. "Schließlich muss sich der Krankenanstalten-Rechtsträger jedenfalls auch den Vorwurf eines Organisationsverschuldens gefallen lassen", so Koch.
Der Rechtsanwalt verlangt in seiner Schadenersatzklage nun von der Stadt Wien als Spitalserhalter - und auch den zwei Ärzten - eine finanzielle Wiedergutmachung von 200.000 Euro und begehrt zusätzlich die gerichtliche Feststellung, dass für alle darüber hinausreichenden Folgen gehaftet wird. Dass die Ärzte freigesprochen wurden, sei für die Klage nicht relevant, Koch sieht die "deliktische Haftung" in schadenersatzrechtlicher Hinsicht trotz der strafrechtlichen Freisprüche gegeben: "Derartig gehäufte und gravierende Verkennungen, Verzögerungen und Versäumnisse, zu denen es im gegenständlichen Fall gekommen ist, sind nicht mehr im Rahmen einer haftungsfreien gehörigen Aufmerksamkeit und gebotenen Sorgfalt."
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