Trotz US-Sanktionen
Nord Stream 2 baut umstrittene Gasleitung weiter
Streit innerhalb der EU, Strafmaßnahmen der USA und Protest von Umweltschützern: Ungeachtet allen Widerspruchs setzt die Nord Stream 2 AG nach einem Baustopp ihre Verlegearbeiten an der umstrittenen deutsch-russischen Ostsee-Gasleitung fort. Laut Projektgesellschaft hat das Pipeline-Verlegeschiff „Fortuna“ nach erfolgreichen Tests am Samstag wieder begonnen, Rohre zu verlegen.
Der Bau hatte zuvor ein Jahr geruht, nachdem Sanktionsdrohungen aus den USA Ende 2019 zum Abzug von Spezialschiffen einer Schweizer Firma geführt hatten. Alle Arbeiten erfolgten in Übereinstimmung mit den vorliegenden Genehmigungen, teilte das Unternehmen mit. „Zum Bauablauf und den weiteren Planungen werden wir entsprechend informieren“, hieß es. Schon vor gut zwei Wochen hatte das russische Spezialschiff „Fortuna“ mit Vorbereitungen und Tests begonnen. Zuletzt war Ende des vergangenen Jahres ein 2,6 Kilometer langer Abschnitt in deutschen Gewässern fertiggestellt worden.
Streit in der EU
Innerhalb der Europäischen Union tobt ein regelrechter Streit um die Gasleitung: Während Länder wie Frankreich und Polen gegen das fast fertige Milliardenprojekt sind, weil sie eine zu hohe Abhängigkeit von russischem Gas fürchten, will Deutschland unbedingt an der Pipeline festhalten. Daran ändert auch der Fall Nawalny nichts. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte zuletzt betont, dass sie die beiden Themen nicht miteinander verknüpüfen wolle. Auch der deutsche Wirtschaftsminister Peter Altmaier sprach sich trotz der aktuell belasteten Beziehungen zu Russland für den Weiterbau der Ostsee-Gasleitung aus. „Das eine sind seit Jahrzehnten bestehende Wirtschaftsbeziehungen und Wirtschaftsprojekte von Unternehmen, das andere sind schwere Menschenrechtsverletzungen und unsere Reaktionen darauf“, sagte der CDU-Politiker der „Bild am Sonntag“.
Österreichische Regierung steht hinter Pipeline
Auch Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sprach sich gegenüber der deutschen Tageszeitung „Welt am Sonntag“ für die Nord-Stream-2-Pipeline aus, an deren Finanzierung auch der Öl- und Gaskonzern OMV beteiligt ist. Bei Nord Stream handle es sich um ein „europäisches Projekt“, das im Interesse vieler EU-Länder sei. „Wer glaubt, dass die neue Pipeline nur im Interesse Russlands wäre, der irrt“, so Kurz.
Gasleitung ist fast fertig
Nach Angaben von Nord Stream 2 sind 94 Prozent des rund 1.230 Kilometer langen Doppelstrangs bereits fertiggestellt. Er soll einmal 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas von Russland nach Deutschland befördern.Den Angaben zufolge fehlen noch etwa 120 Kilometer in dänischen und 30 Kilometer in deutschen Gewässern. Das zuständige Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) hatte Mitte Jänner den sofortigen Weiterbau in deutschen Gewässern erlaubt, nachdem die Genehmigung Ende vergangenen Jahres ausgelaufen war. Derzeit ist die Genehmigung allerdings außer Kraft, weil Umweltverbände Widerspruch eingelegt haben.
Gazprom: Projekt könnte wegen Spannungen platzen
Das fast vollendete Projekt steht zunehmend unter Druck. Nachdem schon Sanktionsdrohungen aus den USA zum Ausstieg von Firmen geführt hatten, hatte sogar der russische Gasmonopolist Gazprom in einem Investorenpapier zuletzt nicht ausgeschlossen, dass das Projekt wegen politischer Spannungen noch platzen könnte. Die US-Regierung hatte kurz vor dem Ende der Amtszeit von Präsident Donald Trump konkrete Strafmaßnahmen gegen das russische Unternehmen KVT-RUS verhängt und erklärte deren Verlegeschiff „Fortuna“ zu „blockiertem Eigentum“. Es blieb aber unklar, welche Auswirkungen das auf das Schiff außerhalb von US-Hoheitsgewässern hat. Russland kritisiert die US-Strafmaßnahmen als Verstoß gegen internationales Recht.
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