Vom Power-Porridge-Rezept am Morgen über ein Kurzvideo vom Fitness-Training bis zur Online-Party auf Discord: Für viele Jugendliche sind soziale Netzwerke längst zentraler Bestandteil ihres Lebens. In Zeiten von Covid-19 hat der Stellenwert von TikTok, WhatsApp & Co. nochmals massiv zugelegt, wie eine am Montag von der Initiative Saferinternet.at veröffentlichte Studie zeigt.
Mit durchschnittlich elf Jahren treten Jugendliche ihrem ersten sozialen Netzwerk bei. Im Mittel verwenden sie zwei bis drei Plattformen parallel. Die Netzwerke werden dabei bewusst für unterschiedliche Zwecke eingesetzt. Diese differenzierte Nutzung zeigt sich umso deutlicher, je älter die Jugendlichen sind. Stand früher die Selbstdarstellung im Vordergrund, so ist nun das Kontakthalten mit anderen eindeutig die Hauptfunktion von sozialen Netzwerken. Das zeigte sich schon vor Covid-19 und hat sich seither nochmals verstärkt. Soziale Netzwerke dienten als eine Art digitale Nabelschnur zur Außenwelt und verdienten ihren Namen mehr als je zuvor, so saferinternet.at
An zweiter Stelle nach dem Kontakthalten rangieren Information bzw. Unterhaltung. Erst dann folgen eigene Postings und Selbstdarstellung. Das virtuelle Teilhabenlassen anderer am eigenen Leben ist damit weniger wichtig geworden.
Jugend-Internet-Monitor 2021: Größte Zuwächse bei Discord und TikTok
Die veränderten Nutzungsweisen bringen auch Verschiebungen im Ranking der verbreitetsten Internetplattformen österreichischer Jugendlicher im Alter von elf bis 17 Jahren mit sich, wie der aktuelle Jugend-Internet-Monitor verrät.D emnach ist WhatsApp mit 98 Prozent der klare Favorit bei Jugendlichen zum Kontakthalten mit Familie, Freunden und Schulkollegen, wird aber während der Pandemie auch für Lerngruppen bzw. zur gegenseitigen Unterstützung bei den Herausforderungen des Homeschoolings verwendet.
Auf dem zweiten Platz landet YouTube (93 Prozent) als Info- und Entertainment-Channel, auf dem dritten Rang liegt Instagram (84 Prozent), das ebenfalls zum Kontakthalten sowie zur Information verwendet wird. Alle drei Netzwerke konnten im Vergleich zum Vorjahr zulegen. Die Top-Fünf vervollständigen die Foto-Sharing-App Snapchat (75 Prozent) und die Video-App TikTok (57 Prozent), die während der Pandemie deutlich wichtiger geworden ist (plus 15 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr).
Mit deutlichem Abstand, aber dennoch erstmals so weit vorne kann sich die Inspirations-Plattform Pinterest platzieren (39 Prozent). Das weltweit größte soziale Netzwerk Facebook ist bei Österreichs Jugendlichen im Vergleich zum Vorjahr von Platz fünf auf Platz sieben (34 Prozent) zurückgefallen. Ein besonders hoher Zuwachs um 16 Prozentpunkte auf 33 Prozent (Platz acht) ist bei Discord zu verzeichnen, das sich in den letzten Monaten laut saferinternet.at von einer Gaming-Plattform „zu einem vielfältig genutzten digitalen Aufenthaltsraum“ entwickelt hat.
Selbstdarstellung ist mehr als nur Selfies posten
Das erste soziale Netzwerk scheint prägend für das weitere Online-Verhalten und insbesondere auch für die Art der Selbstdarstellung zu sein. Während, vereinfacht gesagt, in der „Generation Facebook“ (also den heute Erwachsenen) immer noch Spiegel-Selfies mit dem Handy vor dem Gesicht der Renner sind, sind bei den Instagram- und Snapchat-Debütanten Bildbearbeitung generell bzw. die Bearbeitung der Profilfotos wichtig.
Die Optimierung der eigenen Fotos ist beinahe selbstverständlich geworden: Zwei Drittel der Jugendlichen sind der Meinung, dass jedes gepostete Bild bearbeitet wurde, 57 Prozent finden Bildbearbeitung wichtig. 79 Prozent denken, dass Jugendliche sich online prinzipiell besser darstellen. Und dennoch macht auch hier die Dosis das Gift: Es sei „cringe“ (also peinlich), wenn man von anderen mitbekommt, dass sie sehr viel Zeit in die Bildbearbeitung investieren, so die Befragten.
Selbstdarstellung geht allerdings weit über Selfies hinaus: Profilbilder, Namen, persönliche Informationen, Gruppen, Likes und Kommentare, aber auch Playlists - die eigene Inszenierung besteht aus vielen Puzzle-Teilchen. Klassische Postings am laufenden Band sind hingegen gar nicht mehr so beliebt: Nur rund ein Drittel der Jugendlichen postet regelmäßig Bilder von sich selbst.
Jugendliche wollen online die Kontrolle behalten
Drei von zehn Jugendlichen (29 Prozent) beschäftigen sich regelmäßig mit den Privatsphäre-Einstellungen in sozialen Netzwerken. Für 35 Prozent sind diese jedoch lediglich bei der erstmaligen Nutzung ein Thema und 14 Prozent haben sich überhaupt noch nie damit auseinandergesetzt. Auch wenn vielen Jugendlichen der Schutz ihrer Privatsphäre ein Anliegen ist und ihr Verhalten bereits mehr Problembewusstsein zeigt, gibt es hier noch Verbesserungspotenzial.
Im Kontext der Privatsphäre ist auch der Trend hin zu zeitlich begrenzten Inhalten („Stories“) zu betrachten. Denn damit ist - zumindest aus Sicht der Jugendlichen - das Risiko deutlich geringer, die Kontrolle über die eigenen Bilder zu verlieren. 38 Prozent haben schon einmal eine Aufnahme gepostet, die sie später als peinlich empfunden haben und 32 Prozent eine, von der sie nicht gewollt hätten, dass die Eltern sie sehen.
Negative Erfahrungen bleiben Herausforderung
Auch wenn Jugendliche einen zunehmend „reiferen“ Umgang mit sozialen Netzwerken pflegen und stärkeres Risiko-Bewusstsein entwickelt haben, sind sie vor negativen Erfahrungen im Internet nicht gefeit. 22 Prozent der Befragten geben an, dass Bilder von ihnen schon einmal gegen ihren Willen geteilt wurden, 17 Prozent waren bereits mit Gerüchten über ihre Person konfrontiert. Immerhin 16 Prozent berichten, dass die eigenen Eltern peinliche Dinge über sie verbreitet haben.
Darüber hinaus stimmen 76 Prozent der Jugendlichen der Aussage zu, dass Fake-Profile sehr verbreitet sind, 49 Prozent meinen, dass viele Jugendliche mit einem gehackten Online-Profil konfrontiert sind. 59 Prozent vertreten die Auffassung, dass Internet-Challenges oft gefährlich sind.
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