Im Streit um weitere Staatshilfen für ÖBB und Westbahn zur Aufrechterhaltung des Bahnverkehrs zwischen Wien und Salzburg will Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) offenbar nicht lockerlassen: In einem auf Twitter verbreiteten Video und im Ö1-„Mittagsjournal“ rief sie am Montag das Finanzministerium neuerlich auf, einer Verlängerung der „Notvergabe“ für die Bahnunternehmen zuzustimmen. Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) hat bisher nicht reagiert.
Am Wochenende hatten sowohl die staatlichen ÖBB als auch die mehrheitlich private Westbahn angekündigt, ihr Verkehrsangebot auf der Weststrecke stark einzuschränken, weil die zuletzt im November mittels Notvergabe durch das Verkehrsministerium vergebene staatliche Unterstützung ausgelaufen ist und bisher nicht verlängert wurde.
Ohne die Notvergabe durch das Verkehrsministerium hätten sowohl ÖBB als auch Westbahn den Verkehr auf der Weststrecke einstellen müssen, sagte Gewessler dazu am Montag. Der Staat stütze andere Unternehmen in der Krise mit Wirtschaftshilfen in Milliardenhöhe, „und das Gleiche brauchen wir auch für die Aufrechterhaltung des öffentlichen Verkehrs“, so die Ministerin in einem auf Twitter veröffentlichten Video (siehe unten).
„Wir brauchen die Verlängerung der Notvergabe auf der Weststrecke.“ Das sei ohne formale Zustimmung des Finanzministeriums nicht möglich. „Das Volumen der Notvergabe ist derzeit mit rund 30 Millionen Euro für den nächsten Schritt budgetiert“, sagte Gewessler im Radio. „Sie ist jetzt für weitere zwei Monate avisiert.“ Seit letztem April haben ÖBB und Westbahn insgesamt fast 93 Millionen Euro erhalten.
Die ÖBB argumentieren, dass die Weststrecke mit einer Auslastung von 30 Prozent nicht rentabel sei. In den nächsten Tagen sollen einige ICE-Verbindungen eingestellt werden. „Aber ab dem 22. werden wir auf der Weststrecke noch einmal reduzieren müssen“, kündigte ÖBB-Sprecher Bernhard Rieder im „Mittagsjournal“ an. Aktuell gebe es bis zu 40 Verbindungen pro Richtung, künftig werde es zwischen Wien und Salzburg nur 24 Verbindungen pro Tag geben.
Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) hat bisher nicht reagiert. Schon am Wochenende verteidigten ÖVP-Politiker jedoch das Auslaufen der Notvergabe für die Westbahn-Strecke und forderten einen „Ordnungsruf“ der Verkehrsministerin an die ÖBB. Der Salzburger Verkehrslandesrat Stefan Schnöll (ÖVP) erklärte am Montag, man lasse sich „von der ÖBB nicht erpressen. Das Staatsunternehmen schrieb auch in Corona-Zeiten schwarze Zahlen. Wir erwarten uns daher, dass in dieser für alle schwierigen Zeit auch nicht rentable Verkehre von der ÖBB weiter gefahren werden“, so Schnöll in einer Mitteilung.
SPÖ-Leichtfried spricht von „Irrsinn“
Der stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried sprach indessen von einem „verkehrs- und gesundheitspolitischen Irrsinn“. Pendler und Schüler, die auf den Zug angewiesen seien, würden zu Opfern des türkis-grünen Regierungsstreits. „Es geht ja nicht um riesige Summen, es geht um rund 15 Millionen Euro pro Monat, mit denen das Angebot von überregionalen Zügen auf einer der wichtigsten Bahnstrecken Österreichs auch in Pandemie-Zeiten sichergestellt werden soll“, erklärte Leichtfried. „Es ist nicht möglich, dass man Geld aus dem Infrastruktur-Bereich der ÖBB zum Stützen einer eigenwirtschaftlich geführten Personenverkehrsstrecke verwendet.“
Breite Kritik kam wenig überraschend aus Niederösterreich. Der Verkehrssprecher der FPÖ in Niederösterreich, Dieter Dorner, sieht in dem Streit die Schuld beim Finanzministerium. „Jeder Niederösterreicher soll wissen, dass die ÖVP und Gernot Blümel die alleinige Verantwortung dafür tragen, dass ihr Zug nicht mehr fährt“, sagt Dorner.
Für den Verkehrsclub Österreich (VCÖ) ist die angekündigte Reduktion des Bahnangebots auf der Westbahnstrecke „nicht zuletzt angesichts des ab heute gelockerten Lockdowns ein falscher Schritt“. Der VCÖ schlägt eine Verlängerung der Notvergabe bis inklusive Ostermontag vor.
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