Heer verspricht Wahlen
Neue Proteste in Myanmar: Sorge vor Eskalation
Eine Woche nach dem Militärputsch in Myanmar wächst die Sorge vor einer Eskalation. Landesweit demonstrierten den dritten Tag in Folge Zehntausende Menschen für die Freilassung und Wiedereinsetzung der inhaftierten Regierungschefin Aung San Suu Kyi, die im November die Parlamentswahl deutlich gewonnen hatte. Der Chef der Streitkräfte, Min Aung Hlaing, wandte sich im Fernsehen erstmals an die Bevölkerung und versprach erneut Neuwahlen. Diese sollen in einem Jahr stattfinden. Indessen verhängte das Militär Ausgangssperren.
Das Wahlkomitee habe die Coronavirus-Pandemie als Vorwand benutzt, um einen fairen Wahlkampf zu verhindern, sagte der Militärkommandeur. Es solle nun eine „echte und disziplinierte Demokratie“ geschaffen werden. Zuvor hatte das Militär erklärt, es sollten „legale Maßnahmen“ ergriffen werden gegen diejenigen, die der Stabilität des Staats, der öffentlichen Sicherheit und der Rechtsstaatlichkeit schadeten. „Gesetzlose Übeltäter“ sollten „beseitigt werden“. Das Militär wirft der Partei von Aung San Suu Kyi Wahlbetrug vor.
Militär verbietet Versammlungen
Seit Montagabend gelten in stark von Protesten betroffenen Gegenden wie in der größten Stadt Yangon Ausgangssperren zwischen 20 und 4 Uhr. Außerdem sind Ansammlungen von mehr als fünf Personen, öffentliche Reden sowie Proteste verboten, wie die Zeitung „Myanmar Times“ unter Verweis auf entsprechende Ankündigungen der Verwaltung berichtete. Eine Eskalation sei zu befürchten und werde auch erwartet, sagte ein Aktivist, „aber wir können nicht stoppen, es gibt keinen Weg zurück“.
Polizei droht mit Einsatz scharfer Munition
Wie schon am Wochenende folgten am Montag Zehntausende den Aufrufen, sich der Bewegung des zivilen Ungehorsams anzuschließen und gegen das Militär sowie die Inhaftierung der faktischen Regierungschefin und Friedensnobelpreis-Trägerin Aung San Suu Kyi zu protestieren. In der Hauptstadt Naypyidaw ging die Polizei kurzzeitig mit einem Wasserwerfer gegen Demonstranten vor, wie auf Videoaufnahmen zu sehen war. Die Proteste gingen dann ohne größere Gewalt zu Ende, nachdem die Polizei mit dem Einsatz scharfer Munition gedroht hatte.
Mönche marschieren an der Spitze
In Yangon marschierten unterdessen wie bei der 2007 niedergeschlagenen Safran-Revolution Mönche an der Spitze von Studenten und Arbeitern. In safranfarbenen Gewändern schwenkten sie buddhistische Fahnen und rote Banner, der Symbolfarbe von Suu Kyis Nationaler Liga für Demokratie (NLD). Der Aufstand 2007 trug dazu bei, demokratische Reformen anzustoßen, die nun durch den Putsch vom 1. Februar wieder zunichtegemacht wurden. Unterdessen haben prominente Aktivisten zu einem landesweiten Generalstreik aufgerufen. Die Bewegung des zivilen Ungehorsams rief in sozialen Netzwerken dazu auf, sich dem Widerstand anzuschließen. „Geht nicht ins Büro, geht auf die Straße“, schrieb die Bewegung.
Soziale Netzwerke gesperrt
Nach Angaben der britischen Organisation Netblocks, die weltweit Internetsperren dokumentiert, ist der Zugang zum Internet in Myanmar inzwischen wieder weitgehend hergestellt, jedoch seien soziale Netzwerke weiterhin gesperrt. Die Regierung hatte nach dem Putsch zuerst Facebook sperren lassen. Daraufhin waren die Demonstranten in den vergangenen Tagen größtenteils auf Twitter und Instagram ausgewichen, um sich zu organisieren. Seit Samstag waren diese beiden Plattformen in Myanmar auch nicht mehr zugänglich.
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