Einen Tag nachdem die Bundesregierung dem Bundesland Tirol neue Maßnahmen zur Eindämmung der rasanten Ausbreitung der südafrikanischen Variante des Coronavirus auferlegt hatte, ist am Mittwochvormittag SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner mit den Maßnahmen, die am Freitag in Kraft treten werden, hart ins Gericht gegangen. Diese seien „viel zu spät gesetzt“ worden und überdies „zahnlos“. Trotz aller Warnungen habe die Regierung zu lange gewartet und verhandelt, sagte Rendi-Wagner, die auch die seit Montag geltenden Lockdown-Lockerungen kritisierte.
Am Mittwoch - Tag drei nach den Lockerungen - lag die Zahl der Neuinfektionen österreichweit bei 1469 Fällen, das sei weiterhin „viel zu hoch“ und liegt weit über dem von der türkis-grünen Koalition gesetzten Ziel von maximal 700 täglichen Ansteckungen. Alleine in der Vorwoche waren rund 9000 Ansteckungen und etwa 300 Todesfälle zu beklagen. „Es geht um Menschenleben, das kann man nicht einfach ignorieren. Die Gefahr ist nach wie vor groß“, so Rendi-Wagner.
Lockerungen trotz aller Warnungen beschlossen
Die Lockerungen seien trotz aller Warnungen beschlossen worden. Die aktuelle Situation in Tirol mache das Risiko der Öffnungsschritte - Rendi-Wagner sprach in diesem Zusammenhang von einem „Spiel mit dem Feuer“ - nun deutlich. In Tirol sei nicht rechtzeitig und entschlossen genug gehandelt worden. Experten hätten seit Wochen auf gefährliche Mutationen hingewiesen, das sei immer im Mittelpunkt aller Diskussionen gestanden. Passiert sei dennoch nicht viel: „Die Regierung hat gewartet und hat verhandelt. Angekündigte Maßnahmen wurden vertagt, schließlich verkündet und treten erst am Freitag in Kraft.“
Maßnahmen „zu spät und zahnlos“
Davon abgesehen stelle sich die Frage, ob diese Maßnahmen - wie zum Beispiel das Abriegeln fast des gesamten Bundeslandes Tirol und das Freitesten - ausreichen, um neue Virusvarianten überhaupt bremsen können. Diese Maßnahmen „klingen vielleicht gut“, seien aber zahnlos, weil sie wegen des späten Inkrafttretens kaum noch Auswirkungen haben würden. Rendi-Wagner fordert eine zumindest zweiwöchige regionale Quarantäne in besonders betroffenen Bezirken und Massentests.
„Man hätte schneller handeln müssen“
Man hätte der SPÖ-Chefin zufolge wesentlich rascher handeln müssen. Rendi-Wagner, im Zivilberuf Ärztin, hätte sich bereits viel früher zielgerichtete Maßnahmen gewünscht, um eine Ausbreitung des Virus „in Tirol und in Österreich zu verhindern“. Es sei „viel wertvolle Zeit liegen gelassen“ worden.
Regierung ist „die Corona-Situation weitgehend entglitten“
Insgesamt sei der Regierung „die Corona-Situation weitgehend entglitten“. Die Politikerin appellierte deshalb: „Hören Sie auf zu verhandeln, hören Sie endlich auf die Experten“, denn nur so könne das Virus unter Kontrolle gebracht werden. Zögerliche Entscheidungen würden dem Virus und dessen Mutationen „Tür und Tor öffnen“.
Um rasch handeln zu können, brauche es „eine solide Entscheidungsgrundlage und die ist immer nur so gut wie die vorhandene Datenbasis“. Darüber müsse man ständig genau Bescheid wissen. Dieser „Echtzeit-Überblick“ habe in den vergangenen Wochen gefehlt. Man müsse die Kontrolle über das Infektionsgeschehen zurückgewinnen, sonst sei das Virus „immer einen Schritt voraus“. Eine konsequente Linie sei nun wichtiger als „Muskelspiele und Machtkämpfe“ zwischen Bund und Ländern. „Wir alle sind Tirol, wir alle sind Österreich. Wir alle sind betroffen“, sagte Rendi-Wagner.
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