Der Endbericht zu Ermittlungspannen rund um den Terroranschlag von Wien liegt nun vor und belegt vor allem Mängel aufseiten des Verfassungsschutzes. Insbesondere beim Risikobewertungsprogramm für Gefährder, bei der Datenverarbeitung und dem Informationsfluss zwischen den einzelnen Behörden gebe es Reformbedarf. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) wollen das BVT nun rasch auf neue Beine stellen.
Die Untersuchungskommission unter dem Vorsitz der Wiener Strafrechtlerin Ingeborg Zerbes fördert in ihrem Bericht schwere Missstände zutage. Insbesondere die Zuständigkeitsverteilung zwischen dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) und den entsprechenden Behörden in den Ländern müsse „überdacht und klarer gestaltet“ werden.
Dabei heißt es wörtlich: „Die stets angekündigte Neustrukturierung des BVT sollte nun ohne weitere Verzögerungen und transparent durchgeführt werden.“ Die „Reform des BVT“ sei „zügig abzuschließen“.
Teils „erhebliche“ Abweichungen bei Beurteilung von Insassen
Aber auch im Justizressort sieht die Kommission Verbesserungspotenzial - insbesondere im Punkt der Deradikalisierung durch private Anbieter (DERAD). Dies dürfte zwar in vielen Justizanstalten „reibungslos funktionieren“, die Beurteilungen, die DERAD aber zu Insassen abgebe, weiche fallweise „erheblich“ von der Wahrnehmung der Vollzugsbediensteten ab, heißt es.
Kritisch werden dabei auch die methodischen Ansätze von DERAD hervorgestrichen, die sich stark auf religiöse Fragen konzentrieren würden. Dies sei jedoch „nicht für alle Personen gleichermaßen zielführend“. Die Kommission fordert daher eine Verbreiterung des Angebots, um die Betreuung individuell besser gestalten zu können.
Nehammer will Verfassungsschutz „auf neue Beine stellen“
„Der Verfassungsschutz muss rasch auf völlig neue Beine gestellt werden“, erklärte Innenminister Nehammer nach der Veröffentlichung - man sei bereits gemeinsam mit dem Koalitionspartner in der Phase der „Feinjustierung“, um das auch umzusetzen. Der Bericht habe klar offengelegt, wo man besser werden müsse - es werde nun ein „tatsächlich neuer Verfassungsschutz“ kommen.
Es gelte nun, das Vertrauen wieder zurückzugewinnen, meinte Nehammer weiter und kündigte neben einer „ausgeprägten parlamentarischen Kontrolle“ auch effizientere Strukturen im Informationsfluss an. Außerdem werde das Personal in den kommenden fünf Jahren verdoppelt.
Kogler fordert „unabhängiges, professionelles BVT“
In Vertretung der in ihrer Babypause befindlichen Justizministerin Alma Zadic (Grüne) bemerkte Vizekanzler Werner Kogler: „Wie bereits der Zwischenbericht der Untersuchungskommission zeigt auch der Endbericht auf, dass die Bediensteten der Justiz korrekt, gesetzmäßig und sinnvoll gehandelt haben.“ Es brauche nun „angesichts des im Kommissionsbericht festgestellten Versagens des Verfassungsschutzes“ eine „Neuaufstellung des BVT an Haupt und Gliedern“.
Kogler forderte „ein unabhängiges, professionelles BVT mit den besten Köpfen und eine echte Kontrolle durch das Parlament, wie das auch überall anders in Europa längst üblich ist“. Es müsse durch strukturelle Rahmenbedingungen sichergestellt sein, „dass diese Behörde keine parteipolitische Spielwiese mehr ist. Es geht um nichts weniger als die Sicherheit in diesem Land.“
FPÖ: Innenminister ist rücktrittsreif
Die FPÖ hält den Innenminister für rücktrittsreif. „Entweder hat die Spitze des Innenministeriums, wie von einem Medium behauptet, die erhaltenen Unterlagen über die Gefährlichkeit des späteren Terroristen und seiner Zelle unterdrückt oder es hat diese Akten tatsächlich nicht gegeben. Beides wäre unentschuldbar und der Innenminister angesichts dieser Fehlleistungen in seinem Haus nicht tragbar“, meinte Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer.
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