Drei Monate nach dem Terroranschlag in der Wiener City ist dessen Aufarbeitung abgeschlossen - und zwar mit dem Endbericht der U-Kommission, in dem das Versagen vor dem Attentat protokolliert wird. Den türkis-grünen Verschärfungsplänen wird unterdessen eine Abfuhr erteilt: Es herrsche kein Mangel an Polizei-Befugnissen.
In der Nacht des 2. November 2020 rannte ein Islamist durch die Wiener Innenstadt und tötete mehrere Menschen - und trotz raschen Einschreitens der Polizei wurde nach dem Attentat massive Kritik an den Sicherheitsbehörden laut, weil im Vorfeld haarsträubende Ermittlungsfehler geschehen waren. Zu deren Aufarbeitung wurde eine Untersuchungs-Kommission mit der Strafrechtlerin Ingeborg Zerbes an der Spitze eingesetzt; jetzt ist ihr Endbericht fertig - und dieser hat es in sich.
Haarsträubende Fehler
So bestätigt dieser etwa, dass nach der Haftentlassung des nach Terror-Paragraf Verurteilten (!) die Verfassungsschützer zehn Monate mit einer Risiko-„Erstbewertung“ des späteren Attentäters gewartet hatten. „In der Zwischenzeit“ habe er „Aktionen gesetzt, die eindeutig auf seine Gefährlichkeit schließen lassen“, etwa die Teilnahme an einem Islamisten-Treffen und der Versuch, Munition zu kaufen. Das alles war bekannt - im Detail aber nur „bestimmten Mitarbeitern“, die Informationen versandeten oft. Und vor allem: „Keiner der Sachverhalte wurde an die Staatsanwaltschaft gemeldet.“
Vertrauen und Geld fehlen
Zerbes bestätigt, dass teils enormes Misstrauen zwischen Dienststellen herrscht - und Geld fehlt: So leide der Geheimdienst an Personalmangel, auch die Deradikalisierung sei unterdotiert.
Rechtslage ausreichend
Eine erstaunlich deutliche Abfuhr wird indes den kurz nach dem Anschlag verkündeten Verschärfungsplänen von Türkis-Grün erteilt: So sei etwa der geplante Tatbestand gegen „religiös motivierten“ Extremismus angesichts vorhandener rechtlicher Handhabe gegen Terroristen „überflüssig“ - und nicht zuletzt „verfassungsrechtlich bedenklich“. Gefährder lebenslang wegzusperren, wie der Kanzler das vorschlug, sei ebenfalls „verfassungsrechtlich hochproblematisch“. Ein Schlüsselsatz des 29-seitigen Berichts, der „erhebliche Mängel“ bei der Terror-Abwehr konstatiert: „Die Mängel bestehen nicht in polizeilichen oder gerichtlichen Befugnissen“, sondern etwa im „unzureichenden Informationsaustausch“. Nötig seien nun also unpopuläre Maßnahmen wie Vertrauensaufbau und der „zügige Abschluss“ der BVT-Reform.
Ein Teil davon soll, so Innenminister Karl Nehammer, noch im Frühjahr fertig sein und bald eine Personalverdoppelung sowie bessere Behörden-Vernetzung bringen. Und danach, sagt Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), soll das BVT auch „keine parteipolitische Spielwiese mehr sein“.
Klaus Knittelfelder, Kronen Zeitung
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.