Was immer es kostet?
Draghi: Ein Europäer, der Italien retten soll
Rom. Er ließ Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo in der Schule abschreiben, war der erste italienische Absolvent der Elite-Uni MIT und hat der allgemeinen Meinung nach als Chef der Europäischen Zentralbank während der Finanzkrise den Euro gerettet. Nun soll Mario Draghi als neuer Regierungschef Italien durch die Krise führen.
Italien bekommt den größten Batzen Geld von der EU im Rahmen der Corona-Hilfsfonds. Über 200 Milliarden Euro. Deswegen brauche man eine Regierung, der Europa vertraut. „Darum müssen wir den Besten an die Spitze setzen: Mario Draghi“, sagt Matteo Renzi in einem Interview. Der Chef der Italia Viva hat als Juniorpartner die Regierung Conte gesprengt, um Draghi an die Spitze zu setzen. Selbst der rechte Lega-Chef Matteo Salvini, der 2019 Italien aus der EU führen wollte und die Fünf-Sterne-Bewegung, die ebenfalls 2019 ein Referendum über den Euro abhalten wollten, stehen hinter dem personifizierten „Mr. Euro“ Draghi.
Das am Samstag von Präsident Sergio Mattarella angelobte Misch-Kabinett von Draghi umfasst 15 Politiker aller Parteien außer der rechtsextremen Fratelli d‘italia und acht Experten. Acht Kabinettsposten sind mit Frauen besetzt.
Von Nobelpreisträgern gelernt
Geld war für den 1947 in Rom geborenen Mario Draghi immer schon ein Thema. Er wurde jung Waise, musste bereits mit 16 „erwachsen werden“, wie er selbst sagte. Eine Elite-Jesuitenschule im Süden Roms trichterte ihm sein Lebensmotto ein: „Alle Sachen müssen so gut gemacht werden, wie es den eigenen Fähigkeiten entspricht.“ Er studiert Wirtschaftswissenschaften am renommierten MIT in Boston unter den späteren Nobelpreisträgern Franco Modigliani und Robert Solow.
Er graduiert als erster Italiener von der Elite-Uni, ehemalige Mitschüler wie der langjährige Ferrari-Boss Luca di Montezemolo bezeichnen ihn als fleißigen, aber kollegialen Schüler, der auch andere abschreiben ließ.
Die Rettung des Euro „was immer es kostet“
Politisch eingefärbt ist Draghi nicht. Er war Anhänger des liberalen Sozialismus, lehrte aber an der Uni auch die Vorzüge des Kapitalismus. Wenn er eine politische Eigenschaft hat, dann ist sie pro-europäisch. Nach dem Posten des Generalsekretärs im Finanzministerium, einem Abstecher zu Goldman-Sachs und Chef der italienischen Zentralbank wurde Draghi 2011 Chef der Europäischen Zentralbank. Mitten in der Wirtschaftskrise. Der Euro stand vor dem Zusammenbruch. Draghi wurde vor allem für drei Worte berühmt: „Whatever it takes.“
Zu Deutsch: Was immer es kostet, werde er den Euro retten. Und das tat er auch. Manche behaupten, er hat damals die gesamte EU gerettet. Als EZB-Chef hielt sich Draghi einen sehr kleinen Stab, die meisten Entscheidungen fällte er alleine. Auch bei seinen jetzigen Treffen mit den italienischen Parteichefs war der verheiratete Vater zweier Kinder immer allein. Entscheidungs- und Durchsetzungskraft bewies er als EZB-Chef insbesondere im Clinch mit der deutschen Bundesbank, die mit seiner Nullzins-Politik nicht einverstanden war, den südlichen Mitgliedsländern aber Milliarden Schulden erspart hat.
Draghi setzt auf Bildung
Draghi weiß um die Verantwortung, die er übernommen hat. „Die Schulden, die wir wegen der Pandemie gemacht haben, werden später jene zurückzahlen, die jetzt noch Kinder sind. Und wir müssen ihnen die Werkzeuge erschaffen, damit sie das schaffen“, sagte Draghi und will massiv in Bildung investieren. „Wir haben von der EU außerordentliche Ressourcen erhalten. Wir haben jetzt die Möglichkeit, viel für unser Land und für zukünftige Generationen zu tun.“
Draghi muss in seiner Koalition viele unterschiedliche Meinungen unter einen Hut bringen. Rechte und Linke. Aber Matteo Renzi sagte in einem Zeit-Interview über Mario Draghi, er sei „der Italiener, der den Euro gerettet hat. Und jetzt ist er der Europäer, der Italien retten wird.“
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