Jetzt sind die Pläne für eine U-Bahn in Graz so konkret wie noch nie: Die Holding Graz präsentiert heute gemeinsam mit Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP), dem Koalitionspartner und Experten ein Streckennetz, erste Renderings und andere Details. Kostenpunkt für die Erstinvestition: 3,3 Milliarden Euro.
Von Eggenberg über den Hauptbahnhof, den Lendplatz und die Uni zum Berliner Ring: Diese Stationen und viele mehr könnte die Grazer U-Bahn-Linie M1 in Zukunft bedienen. Die M2 würde von Webling über Don Bosco, Griesplatz, Geidorf- und Hasnerplatz nach Gösting verkehren. Die beiden unterirdischen Strecken sollen ein System aus S-Bahn, Tram und Bussen ergänzen und in Nahverkehrsknoten verbinden.
Die beiden Linien auf 25 Kilometer Streckennetz sollen bis zu 200.000 Menschen transportieren, der ganze Grazer Öffi-Verkehr soll 2030 täglich von 450.000 genutzt werden. Mit der geplanten Trassenführung erreichen 43 Prozent der Grazerinnen und Grazer innerhalb von 600 Metern eine Metrostation, heißt es. Es soll 4 S-Bahn- und 12 Regionalbusknoten zur Anbindung an den Zentralraum geben. Die automatische Metro kann bis zu 80 km/h schnell fahren; tagsüber sind Intervalle zwischen zweieinhalb und fünf Minuten angedacht.
Berechnete Bauzeit: fünf Jahre pro Linie, es soll zeitlich versetzt gebaut werden. Bis zum Baustart wird es aber noch dauern, eine UVP ist nötig - von drei Jahren ist die Rede. 3,3 Milliarden Euro sind als Erstinvestition anberaumt. Dieses heute von Experten präsentierte System soll die Mobilität für viele neue Grazerinnen und Grazer garantieren. Bis 2050 soll Graz um bis zu 77.000 Einwohner wachsen, so Prognosen der Landesstatistik.
Bürgermeister Nagl macht jetzt ernst
Dass er eine U-Bahn will, hat Siegfried Nagl bereits im „Krone“-Interview angekündigt. Man müsse den Anteil der Menschen, die die Öffis nutzen, erhöhen, „damit der wachsende Zentralraum Graz nicht auf einer Einbahn Richtung kompletter Verkehrsüberlastung unterwegs ist“, sagt Nagl.
Vizebürgermeister Mario Eustacchio (FPÖ) pflichtet ihm bei: „Wir brauchen einen großen verkehrspolitischen Wurf, um in diesem wachsenden Ballungsraum fit für die Zukunft zu sein. Die Vision eines solchen Jahrhundertprojekts einer Metro für Graz darf man nicht einfach als Spinnerei vom Tisch wischen.“
Von einer „völlig neuen Dimension in der urbanen Mobilität“ spricht Holding-Chef Wolfgang Malik. Taktverdichtungen der S-Bahn würden nicht funktionieren, sagt Malik und plädiert für die Metro und das gemeinsame Vorgehen von Stadt, Land und Bund.
Zwölf Prozent weniger Autos in der Stadt
Die Projektgesellschaft MUM 2030+ der Holding Graz hat die Machbarkeit untersucht. Die in den letzten 20 Jahren investierten 500 Millionen Euro hätten kaum dazu beigetragen, dass prozentmäßig mehr Personen den ÖV nutzen (der sogenannte Modal Split). Mit den Metro-Linien M1 und M2 soll eine Steigerung von 45 Prozent im öffentlichen Verkehr möglich sein. „Gleichzeitig gelingt bei den Pkw-Fahrten eine Reduktion von minus zwölf Prozent“, so die Experten.
Kostendeckungsgrad soll überzeugen
Eine ökonomische Analyse zeige eine gute Kosten-Nutzen-Rechnung, sagt Sebastian Kummer von der WU Wien. „Aus betriebswirtschaftlicher Sicht überzeugt der hohe Kostendeckungsgrad. Ich kann der Stadt, dem Land und auch dem Bund nur empfehlen, die Investitionen möglichst schnell anzugehen."
Opposition übte zuletzt Kritik
Nach einer desaströsen Luftgüte-Bilanz des Rechnungshofs übt die Opposition zuletzt Kritik an Bürgermeister Nagls U-Bahn-Plänen. Verkehrsstadträtin Elke Kahr (KPÖ) sagte, eine U-Bahn sei nicht geeignet, den Pendlerverkehr abzufangen. Die Grünen plädierten für einen S-Bahn-Ring. Noch während der Präsentation äußerte sich die SPÖ zu den Plänen: „Graz muss den Verkehr jetzt in den Griff bekommen - aber nicht wieder mit einer schillernden Seifenblase, die dann bei genauerer Betrachtung platzt“, so Klubvorsitzender Michael Ehmann.
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