Die Test-Offensive Österreichs im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus wird auch im Ausland entsprechend aufmerksam verfolgt. In der deutschen Talk-Sendung bei Markus Lanz am Dienstagabend kamen die anwesenden Gäste im Studio aus dem Schwärmen kaum heraus. „Wann machen wir das endlich?“, fragte etwa Lanz den anwesenden CDU-Politiker Norbert Röttgen. In Deutschland fehlt noch immer die Zulassung für Selbsttests.
Zu Beginn der Sendung wurde Puls4-Moderatorin Corinna Milborn aus Wien live zugeschaltet, um Österreichs Teststrategie zu erklären. „Es gibt zwei große Testmöglichkeiten: Das eine sind die offiziellen Teststraßen mit Online-Anmeldung sowie die Möglichkeit der Tests an Schulen bei Kindern und Lehrern.“ Bei den Teststraßen habe es seit der Öffnung am 8. Februar bisher 1,5 Millionen Tests gegeben, an Schulen 1,2 Millionen. „Das wäre so, als würden 15 Millionen Deutsche in einer Woche zum Test gehen“, so Milborn. „Wow. Wahnsinn“, reagierte Lanz verdutzt.
Milborn: „Teststrategie wird sehr gut angenommen“
Milborn verriet, dass die Teststrategie sehr gut angenommen werde, an Schulen gebe es nur wenige Verweigerer. Laut Milborn habe es in Schulen bisher etwas mehr als 200 positive Fälle bei Schülern und 76 positive Fälle bei Lehrern gegeben (Milborn bezog sich dabei auf die Bilanz der vergangenen Woche, in dieser waren, wie am Mittwochnachmittag bekannt wurde, 536 Selbsttests an Schulen positiv). „Die hätten viele angesteckt. Daher ist das gut, dass das gemacht wird. Es macht es viel angenehmer, sein Kind in die Schule zu schicken und muss nicht Angst haben, dass es sich ansteckt.“ Die Antwort von Lanz: „Absolut. Das klingt alles sehr interessant und vielversprechend.“
„Warum machen wir das nicht?“
Gleichzeitig warf er der deutschen Bundesregierung hierbei Versäumnisse vor. „Es warten schon viele Anbieter darauf, dass diese Tests auch in Deutschland zugelassen werden. Die große Frage ist: Warum machen wir das nicht?“
Landkreis setzt österreichisches Modell bereits um
Roland Bernhard, CDU-Landrat im baden-württembergischen Kreis Böblingen, gab an, dass man sich bereits am österreichischen Modell orientiere. So gebe es in Böblingen inzwischen fünf Schnelltestcenter, wohnortnah verteilt. Dort werden testweise kostenlose Tests angeboten. Alles läuft dabei digital: Über eine App kann man freie Terminslots auswählen, sich vor Ort testen lassen und erhält dann auch das Ergebnis online. „Solange wir mit Schneckentempo impfen, müssen wir die Testkapazität hochfahren“, betonte der Landrat.
„Warum fällt uns das erst jetzt ein?“
Dem stimmte auch CDU-Politiker Norbert Röttgen zu und sagte: „Ab jetzt gilt: Testen ist entscheidendes Instrument, mit der Pandemie umzugehen.“ Damit handelte er sich gleich einen Seitenhieb von Lanz ein: „Warum fällt uns das erst jetzt ein? Österreich setzt das schon massiv ein.“
Und Lanz kritisierte weiter: „Es gibt mittlerweile sieben oder acht europäische Länder, wo mittlerweile jeder Bürger das Recht auf einen kostenlosen Test hat, sobald er das möchte. Wir sind noch immer an dem Punkt, wo wir sagen: ‚Du musst Symptome haben.‘ Bei einer Krankheit, die vorzugsweise ja asymptomatisch unterwegs ist.“ Die deutsche Journalistin Helene Bubrowski mutmaßte, dass mögliche Unsicherheitsfaktoren wie eine unsachgemäße Testung für Misstrauen in der Politik gesorgt haben könnten.
Gratis-Schnelltests ab 1. März geplant
Röttgen konterte: „Es interessiert mich nicht, was falsch gelaufen ist, sondern: Welche Lehren ziehen wir daraus?“ Es gehe jetzt darum - wie in Österreich - in kostenlose Schnelltests zu investieren. Aber es fehle eben noch die Zulassung. Ab dem 1. März soll laut Gesundheitsminister Jens Spahn jeder Bürger ein Anrecht auf kostenlose Corona-Schnelltests bekommen. An diesem Datum starten in Österreich die sogenannten Wohnzimmertests.
Öffnen der Skigebiete brachte keine negativen Auswirkungen
Milborn merkte in einer zweiten Zuspielung auch an, dass sich das Öffnen der Skigebiete nicht negativ auf die Fallzahlen ausgewirkt haben. „Skigebiete sind seit Dezember geöffnet, es haben sich viele Deutsche druntergemischt, tatsächlich hat sich in Tirol aber nicht gezeigt, dass das zu vielen Ansteckungen geführt habt. FFP2-Maskenpflicht und Personenbeschränkungen in Gondeln und auf Liften haben offenbar gewirkt.“
Kritik an Einreiseverbote: „Sind auf den Austausch angewiesen“
Lanz wollte von Milborn auch wissen, wie denn Österreich die Einreiseverbote Deutschlands für Tirol aufgenommen habe. „Der Unmut ist auch in Wien sehr groß. Die Österreicher finden, dass das Deutschland hätte besser machen können. Außenministerium und Kanzleramt sagen unisono, dass Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hier überzogen reagiert hat“, betonte Milborn.
Und fügte hinzu: „Der Reflex, sofort die Grenzen zuzumachen, ist für ein kleines Land für Österreich natürlich schlimm, weil wir auf den Austausch angewiesen sind. Die Wirtschaft ist drauf angewiesen, dass die Grenze offen ist. Es hat jeder Verständnis dafür, dass an der Grenze ein Corona-Test verlangt wird, aber dass Menschen, die in Ostösterreich nicht übers deutsche Eck fahren können, sondern stundenlange Umwegen fahren müssen, dafür gibt es wenig Verständnis.“
Auch deutsche Kritik an Grenzschließungen
Auch die Journalistin Bubrowski übte Kritik an den Grenzschließungen. „Man hat hier die Fehler vom März und April des Vorjahres wiederholt, das hätte man deutlich besser organisieren. Vor allem wurde hier auch Porzellan mit Brüssel zerschlagen.“ Röttgen hingegen verteidigte die Maßnahmen. Es sei die „gleiche Logik, mit der man auch innerstaatlich Regionen abschotten würde“, sich darüber aufzuregen, sei „deplatziert“. Mit Blick auf die südafrikanische Corona-Variante, die in Tirol massenhaft ausgebrochen ist, habe man schnell handeln müssen.
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