War es wirklich nur „Psychohygiene, dargestellt mit schlechten Scherzen“ gewesen, die einen Diplompfleger und drei Hilfskräfte auf die Anklagebank nach St. Pölten gebracht hatte? Ihnen wurde Quälen und Vernachlässigen wehrloser Personen vorgeworfen. Die Übergriffe hatten in einem Seniorenheim in Niederösterreich stattgefunden.
Der WhatsApp-Verkehr der Gruppe ließ einem beim Prozessauftakt im September des Vorjahres schaudern. Da bezeichnete sich der 30-jährige Diplompfleger – ein Paradiesvogel mit eigenwilliger Frisur und vielen Tattoos – doch gerne als „master of death“ (Herr über den Tod). Und schrieb über das Pflegeheim in Kirchstetten: „Ich glaub, wir sind die Außenstelle von Lainz.“ Jenem Lainz, dieser Ungeheuerlichkeit an zu Tode gequälten Pfleglingen in Wien. Nie wieder sollte so etwas auch nur im Ansatz möglich sein.
Und dann erfährt man Jahrzehnte später von Intimpflege mit Franzbranntwein, eiskalten Duschen, an den Haaren reißen und vieles mehr. Weil zwei Mitarbeiterinnen des Clementinenheims nicht schweigen wollten. Der Diplompfleger und die drei weiblichen Hilfskräfte wurden in der Sekunde gefeuert.
Es ist so, dass Menschen nicht von Haus aus böse sind. Es hat sich hier in der Situation so ergeben. Im wirklichen Leben schaut es anders aus.
Richterin Doris Wais-Pfeffer
Geständig waren sie alle nicht. Sie wären mit dem Druck des Berufs nicht mehr fertig geworden – und hätten nur „gescherzt“. Ja, zugegeben, der Ton sei doch etwas daneben gewesen, passiert sei das alles nie und nimmer. Beschwerden von Patienten gäbe es auch keine. Wie denn auch: Sie waren „dement, bettlägerig, der Sprache nicht mehr mächtig“, wie die Staatsanwältin noch einmal betonte.
Obwohl das Schöffengericht die Vorwürfe samt sexuellem Missbrauch großteils als erwiesen ansah – „herabwürdigend gegen die Bewohner“ –, wurden die Haftstrafen gegen die vier Angeklagten zwischen 12 und 18 Monaten nur bedingt ausgesprochen. Urteil nicht rechtskräftig.
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