Von der Nonne in Seggauberg bis zum Konsul auf den Bahamas hält man sich „Fit mit Philipp“. Der Vorturner der Nation Philipp Jelinek ist seit einem Jahr hyperaktiv und turnt sich im ORF in Quotenhöhen.
Darf man das glauben? Immer mehr ältere Menschen, auch in der Steiermark, sind unter der Woche zwischen 9 und 9.30 Uhr nicht erreichbar. Diese Zeit ist für „Fit mit Philipp“ reserviert. Der ausgelassene Fitnessboom in eingeschränkten Zeiten schlägt sich täglich mit bis zu 230.000 Fernsehzuschauern nieder, die das Wohnzimmer zum Fitnessraum machen.
Dankbar für mein Talent
„Ich bin dankbar für das Talent, dass ich die Menschen begeistern kann. Ich habe die Rolle meines Lebens gefunden“, strahlt der 52-jährige TV-Turner, der sich den Erfolg damit erklärt, dass seine Live-Übungen ohne viel Aufwand, überall und von allen mitgemacht werden können.
Aber es ist auch der Charme des perfekten Schwiegersohns sowie sein Hausmaster-Schmäh, der zum täglichen Mitturnen motiviert. „Ich bin ein großer Lausbub, dem niemand böse ist, wenn ich mal übers Ziel schieße.“ Der Lach- und Bauchmuskeltrainer hat lange seine Großmutter gepflegt und kennt daher die Grenzen der Dehn- und Zumutbarkeit. „Mittlerweile sind es 85 Übungen, die im Stehen und Sitzen ausgeführt werden und auch mit Rollator und im Liegebett funktionieren.“
Das volksnahe Fitnessprogramm für Menschen in der zweiten Lebenshälfte hat Jelinek gemeinsam mit einem Sporttherapeuten und einer Physiotherapeutin erarbeitet. „Ich mache keinen Sporttrend, sondern ganz normale Übungen, sprich die Basics, die jeder machen kann, egal ob jung oder alt“.
Vom faulen Hund zum Ironman
Der Sport zieht sich beim ehemaligen Fitnesstrainer, Postboten, Bauarbeiter und Matratzenvertreter wie ein roter Faden durchs Leben. „Meine Mutter hat mich mit sechs Jahren in Schwimmkurse gesteckt. Das Gymnasium habe ich nach einem Jahr abgebrochen, weil ich so ein fauler Hund war. Ich habe mir dann eine Sporthauptschule ausgesucht, die den leiwandsten Fußballplatz hatte.“
Der Sportsgeist war geweckt und das Ziel, einmal im Leben bei der Ironman-Weltmeisterschaft in Hawaii zu starten. Der Weg zum härtesten Wettlauf der Welt war mühsam. Viele Sportverletzungen haben den Hobbysportler zurückgeworfen. Ein schwerer Radunfall 2011 auf Lanzarote brachte den hyperaktiven Allrounder völlig aus dem Gleichgewicht. Panikattacken, Depressionen und viele Therapiestunden waren die Folge. „Doch ich habe nie aufgegeben, 13 Jahre lang gekämpft, um bei der WM 2015 in Hawaii dabei zu sein.“
Mit langem Atem zum Aushängeschild
Auch beruflich brauchte es einen langen Atem, um als Aushängeschild beim ORF zu landen. „Ich war immer kurz davor, musste aber anderen den Vortritt lassen“, gesteht Jelinek, der schließlich in der ORF Social-Media Sportredaktion landete. „Bewegt habe ich mich damals nur beim Leberkässemmeln-Holen, was sich mit fetten 103 Kilo auf die Waage geschlagen hat.“ Mit einer großer Portion Selbstvertrauen und dem Quäntchen Glück brachte er sich für eine neue Sportrubrik in Stellung, die seit einem Jahr die Nation bewegt: „Fit mit Philipp“. „Als ich von der eigenen Sendung erfahren habe, habe ich geheult wie ein Kind!“
Auch privat läuft’s bestens. Der Work- und Antialkoholiker ist fix mit einer Ärztin liiert, die ihm auch in seiner Sucht hilft. „Ja, ich bin süchtig nach Punschkrapferln und hochwertigem Essen. Deswegen bewege ich mich auch viel, damit ich ohne Reue genussvoll essen kann.“
„Liebesbriefe und Nacktfotos“
Für die eigene Motivation sorgt die tägliche Post der stetig wachsenden Fanbase. Meist sind es Fotos von Mitturnenden, die sich auch zu Liebesbriefen hinreisen lässt - von Frauen wie auch Männern. „Eine 81-jährige schickt mir auf edlem Briefpapier Bussis und Männer Nacktfotos von ihrem besten Stück.“
„Menschen wollen bewegt werden“
Energisch zeigt sich hingegen der große Fanklub aus Mürzzuschlag, der in einer Petition die Weiterführung von „Fit mit Philipp“ nach Corona einfordert. Ist das Ende von „Fit mit Philipp“ vorprogrammiert? „Die Ilse Buck hat es auch lange gegeben und das Bedürfnis, im vorgeschrittenen Alter fit und mobil zu sein, wird immer bleiben. Die Menschen wollen bewegt werden“, ist sich der kinderlose Turnvater der Nation sicher, der sich unter anderem auch Arnold Schwarzenegger zum Vorbild macht. „Ich möchte als Motivator in Schulen und Altersheime gehen und irgendwann im Stadion von Schladming vor und mit 52.000 Menschen turnen.“
Das Sportministerium interessiert sich schon für „Fit mit Philipp“, der bereits an einigen steirischen Schulen fix am Stundenplan steht.
Erich Fuchs, Kronen Zeitung
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