"Krone": Durststrecke, Krise, Tief – nach vier Springen ohne Top-10-Platz rätselt ganz Österreich über deine Form…
Gregor Schlierenzauer: Die Öffentlichkeit macht ein großes Tamtam. Ich habe damit kein großes Problem. Es ist im Leben eines Spitzensportlers völlig normal, dass es einmal nicht so läuft. Ich habe schon vor dem Winter gesagt, dass es ein Entwicklungsjahr wird.
"Krone": Warum verzichtest du dann auf ein Antreten beim Weltcup in Harrachov?
Schlierenzauer: Die Bewerbe in Tschechien bringen mir gar nix. Zweimal acht Stunden im Auto und neun Wettkampfsprünge. Da kann ich nichts ausprobieren.
"Krone": Das heißt, du bist mit deiner Form und deinen Leistungen nicht zufrieden…
Schlierenzauer: Natürlich bin ich nicht glücklich. Es gelingen mir keine Schlierenzauber-Sprünge. Aber ich weiß ganz genau, woran ich arbeiten muss. Das ist eine schöne Aufgabe für mich.
"Krone": Kannst du einem Skisprung-Laien erklären, was bei dir im Moment auf der Schanze schief läuft?
Schlierenzauer: Mir fehlt das Gefühl für die Hocke. Deswegen funktioniert der ganze Sprung nicht. Es gibt derzeit wohl keinen Springer, der auf dem Balken so viel denkt wie ich.
"Krone": Du hast 32 Weltcupbewerbe gewonnen. Wie kann man da die Hocke verlernen?
Schlierenzauer: Ich bin jetzt mit 20 Jahren endlich ausgewachsen. Die körperlichen Proportionen haben sich geändert, vor zwei Jahren hatte ich noch kürzere Beine. Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass man diese Entwicklungsschritte schafft.
"Krone": Was machst du, um wieder das richtige Gespür für die Anfahrt zu bekommen?
Schlierenzauer: Am Mittwoch und am Donnerstag habe ich mit meinem Trainer Markus Maurberger Imitationen im Trockenen gemacht. Ich bin mit Rollerskates gefahren. Ich muss wieder ein lockeres Feeling aufbauen.
"Krone": Du machst gar kein Sprungtraining, um wieder flügge zu werden?
Schlierenzauer: Es waren zuletzt in Tirol nie gute Bedingungen. Es ist wichtig, dass ich mich beim Springen auf mich konzentrieren kann und nicht mit äußeren Faktoren kämpfe. Ich hoffe, dass ich am Wochenende irgendwo in Ruhe hupfen kann.
"Krone": Wie viel Zeit brauchst du, um wieder zu deiner Topform zu finden?
Schlierenzauer: Es kann nach drei Sprüngen klappen oder das ganze Jahr dauern. Ich lasse mich aber nicht narrisch machen. Ich besinne mich auf meine alten Stärken. Ich werde auch beim Material ein bisschen nachjustieren. Ich habe noch nicht das optimale Paket beisammen.
"Krone": Glaubst du, dass es sich bis zur Vierschanzen-Tournee noch ausgeht?
Schlierenzauer: Ich gehe davon aus, dass ich in Engelberg dabei bin. Bei der Tournee möchte ich wieder Schlierenzauber-Sprünge auspacken.
"Krone": Experten sehen in der neuen Bindung ein Handicap für dich. Die Gegner seien dir dadurch näher gekommen…
Schlierenzauer: Für die anderen ist das neue System sicher kein Nachteil. Ich weiß, dass ich jederzeit in die Top drei springen kann. Ich war im Training schon ein paar Mal der Weiteste.
"Krone": Es ist wohl die schwierigste Situation in deiner noch jungen Bilderbuchkarriere…
Schlierenzauer: Es ist nicht leicht, immer als Wunderkind bezeichnet zu werden. Jetzt sieht man, dass zum Gewinnen mehr dazugehört als eine Schanze runter zu hupfen. Vielleicht sind meine Siege nun wieder mehr wert. Auch für mich.
Interview: Norbert Niederacher, Tiroler Krone
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