Während der Nordischen Ski-WM in Seefeld war der Sport am 27. Februar 2019 plötzlich nur noch Nebensache. Deutsche und österreichische Behörden ließen bei Razzien in Erfurt und Tirol einen internationalen Dopingring auffliegen. Zwei Jahre nach dieser „Operation Aderlass“ ist das Gerichtsurteil gegen den Drahtzieher, den deutschen Arzt Mark S., von vier Jahren und zehn Monaten Haft noch nicht rechtskräftig. 21 Sportler, unter ihnen zehn Österreicher, wurden als Kunden bekannt.
Mark S. hat während des Prozesses in München zugegeben, von Deutschland aus ab 2012 ein Blutdopingnetzwerk geknüpft zu haben. Die Kunden kamen vornehmlich aus dem Radsport und dem Skilanglauf. Die Ermittlungen der Behörden waren im Jänner 2019 nach einer ARD-TV-Dokumentation und Aussagen des österreichischen Langläufers Johannes Dürr in ein konkretes Stadium getreten und mündeten nach abgehörten Telefongesprächen und Überwachungen in den zwei konzertierten Aktionen.
Zwei Deutsche, etliche Österreicher
Unter den öffentlich bekannt gewordenen involvierten Sportlern finden sich nur zwei Deutsche, dafür zahlreiche Österreicher. Der ÖSV-Langläufer Max Hauke war in Seefeld wenige Stunden vor einem Rennen in flagranti beim Blutdoping überrascht worden. Der Steirer wurde wie seine Kollegen Dominik Baldauf und Dürr gesperrt sowie wegen Sportbetrug zu einer bedingten Haftstrafe verurteilt. Das gilt auch für Radprofi Georg Preidler, der aber Berufung einlegte. Radprofi Stefan Denifl wurden von zwei Jahren Haft nur 16 Monate bedingt nachgesehen. Der Tiroler hat dagegen berufen.
Die österreichischen Strafverfolgungsbehörden waren sehr aktiv, nach Zeugenaussagen wurden auch zwei frühere ÖSV-Trainer verurteilt. Möglich wurde dies auch dank der nach vorangegangenen Dopingskandalen verschärften Gesetze. Vier der sechs im Zuge der „Operation Aderlass“ aufgeflogenen Betreuer waren Österreicher.
Der mit diesem Fall betraute Staatsanwalt in München hatte erklärt, dass nicht alle Kunden von Mark S. wegen Verjährung oder früher fehlenden Gesetzen vor Gericht namentlich bekannt wurden. Die deutschen Anti-Dopingbehörden hätten aber Einsicht in die Unterlagen gehabt.
Mehrjährige Sperren setzte es hingegen schon längst für den ehemaligen Radstar Alessandro Petacchi aus Italien sowie die international sehr erfolgreichen Ex-Langläufer Andrus Veerpalu (EST) und Alexei Poltoranin (KAZ).
Testzeiten adaptiert
Als Folge des Skandals wurden die Dopingtestzeiten vor den Rennen adaptiert und vor allem die Zusammenarbeit der Sport- mit den Polizeibehörden einzelner Länder sowie Europol verstärkt. Denn ohne die Hilfe der Ermittler wäre die Tätigkeit von Mark S. und dessen vier ebenfalls verurteilten Helfern wohl nicht aufgedeckt worden. „Ohne die Zusammenarbeit mit strafrechtlichen Ermittlungsorganen ist es sehr, sehr schwierig“, hatte Michael Cepic, der Geschäftsführer der nationalen Anti-Doping-Agentur, schon im Vorjahr erklärt.
Der heimische Langlauf wurde nach dem neuerlichen Skandal auf völlig neue Beine gestellt. Schon vor 15 Jahren hatte es während der Olympischen Winterspiele in Turin Razzien in den Quartieren der Langläufer und Biathleten gegeben. Bei Letzteren wurden bei zwei Athleten verbotene Substanzen entdeckt.
Nach den Vorfällen in Seefeld hatte ÖSV-Chef Peter Schröcksnadel zunächst den Ausschluss des Langlauf-Spitzensports aus dem Verband angekündigt. Schließlich wurde die Sparte in einen eigenen, aber vom ÖSV finanzierten Verein ausgelagert, den Alois Stadlober als ehrenamtlicher Obmann führt. Sportlicher Leiter ist Christian Schwarz.
Ziel ist die Förderung des Nachwuchses sowie einer Weltcup-Gruppe um Spitzenläuferin Teresa Stadlober, die von ihrem Vater Alois trainiert wird und weiterhin beste Voraussetzungen für das Skiservice vorfindet. Neben Lisa Unterweger sind auch einige Männer in dieser Saison schon zu Weltcup-Einsätzen gekommen. Für die kommende WM in Oberstdorf wurden neben Stadlober noch zwei weitere Frauen und sogar vier Männer nominiert.
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