Adipositas ist eine chronische Erkrankung, die zum frühzeitigen Tod führen kann. Bereits 2,1 Milliarden Menschen weltweit sind übergewichtig, 617 Millionen davon haben Adipositas - gemessen anhand eines Body-Mass-Index (BMI) von über 30 kg/m². Das beeinträchtigt nicht nur das Wohlbefinden, sondern ist auch ein enormes Gesundheitsrisiko. Denn Betroffene haben mit Folgeerkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes aber auch Stigmatisierung zu kämpfen. Und: Schon heute sind Übergewicht und Adipositas ein folgenschwerer Kostenfaktor für Gesundheitssystem und Wirtschaft.
Obwohl Übergewicht komplexe Ursachen hat, werden adipöse Menschen bis heute stigmatisiert und erhalten zudem oft viel zu spät medizinische Hilfe. Das geht auf Kosten der Betroffenen, der Gesundheitskassen und der Wirtschaft. Experten der MedUni Wien und des AKH Wien machen anlässlich des Welt-Adipositastags am 4. März mit einem Online-Event auf die chronische Erkrankung aufmerksam und schlagen Lösungen vor.
Steiniger Weg zur OP
„Adipositas bedeutet aber auch eine der letzten Formen der Diskriminierung, die in unserer Gesellschaft noch sozial ‘akzeptiert‘ ist“, betont Bianca Itariu, Adipositas-Expertin an der Universitätsklinik für Innere Medizin III. „Dadurch werden Therapiemöglichkeiten oft nicht rechtzeitig angesprochen und der Zugang zur Therapie wird erschwert. Erstens, indem die medikamentöse Therapie, die zwar zugelassen ist, von den Krankenkassen nicht erstattet wird und zweitens, indem der Zugang zur bariatrischen OP durch chefärztliche Bewilligung und einer hohen Anzahl an Gutachten auch erschwert wird.“
Effektive Behandlung möglich
Die bariatrische Operationsmethode dient der nachhaltigen Gewichtsreduktion und ist in vielen Fällen, das betont auch der Leiter der Spezialambulanz Speiseröhre-Magen-Adipositas der MedUni Wien und AKH Wien, Gerhard Prager, die beste Wahl, um den Betroffenen zu helfen. Die Operation zeigt auch nachhaltig positive Folgen: „Unsere Studien zeigen, dass die Langzeiteffekte den Magenbypass zur effektivsten Behandlung der höhergradigen Adipositas machen. Auch zehn Jahre nach dem Eingriff sind die meisten Patienten deutlich leichter als vor dem Eingriff.“ Österreichweit werden jährlich aber weniger als fünf Prozent aller Menschen mit Adipositas mit einer bariatrischen OP behandelt - für eine medikamentöse Therapie werden zudem keine Kosten zurückerstattet.
„Die Covid-19-Pandemie hat zudem gezeigt, dass Menschen mit Adipositas ein höheres Risiko haben, einen schweren Krankheitsverlauf zu entwickeln. Laut WHO sind bisher zirka rund zwei Millionen Menschen an Corona verstorben. Laut WHO sterben aber jedes Jahr auch 2,8 Millionen Menschen an den Folgen von Adipositas“, betonen Prager und Itariu.
Die Erkenntnisse aus der Covid-19-Pandemie haben dazu geführt, dass beispielweise in Großbritannien Programme ins Leben gerufen wurden, um Adipositas besser in den Griff zu bekommen. Weil Stigmatisierung bei dieser Erkrankung eine überproportionierte Rolle spielt, wurden in Ländern wie Italien, Deutschland, Portugal und den Niederlanden Gesetze verabschiedet, die Adipositas als Erkrankung anerkennen und den betroffenen Menschen das Recht auf Behandlung garantieren.
Übergewicht kostet Geld - und das gleich doppelt
Industriestaaten gehen rund 3,3 Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes durch Übergewicht verloren, so die OECD. Das exzessive Gewicht macht erwerbsunfähig, das Ergebnis sind Arbeitsausfälle und verfrühte Pensionierungen. Geschätzte acht Prozent der Gesundheitsausgaben in Österreich fließen in die Behandlung von Adipositas und ihre Folgekrankheiten. Das hieße beispielsweise ganze 3,5 Milliarden Euro allein im Jahr 2019.
Quelle: Med Uni Wien/AKH Wien/Adipositas Gesellschaft (ÖAG)
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