Der sogenannte Grüne Pass ist derzeit in aller Munde. Zumindest wenn es darum geht, wie man denn wieder halbwegs offene Grenzen in der EU samt Reisefreiheit erreichen könnte. Wenn es nach den Plänen von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) geht, dann soll so ein Zertifikat für Menschen, die sich gegen das Coronavirus geimpft haben, möglichst bald auf EU-Ebene kommen. Doch Datenschützer äußern zum Teil massive Bedenken.
ARGE Daten-Obmann Hans Zeger spricht von einer „äußerst bedenklichen Entwicklung“. Er macht vor allem grundrechtliche Einwände gegen das EU-Projekt geltend. Es gebe kein Grundrecht auf Gesundheit, wohl aber auf Meinungs- und Reisefreiheit und darauf, dass der Staat die Bürger nicht schädige, sagte der Obmann des Datenschutz-Vereins ARGE Daten der APA. Während der Staat Einschränkungen für Bürger, die andere gefährden, vornehmen dürfe, fände durch den EU-Impfpass eine Umkehrung statt, dass nur noch Gesunde Zutritt hätten. So stelle sich etwa die Frage, ob Kinder, die nicht geimpft werden, in Zukunft noch reisen dürften.
Folgen Einschränkungen auch bei anderen Krankheiten?
Auch seien Gesundheitsfragen grundsätzlich keine EU-Angelegenheit. Zeger, der betonte, kein Impf-, Test- oder Maskengegner zu sein, warnte davor, dass nach dem Beispiel Corona weitere Einschränkungen auch bei anderen Krankheiten folgen könnten. „Dann haben wir eine Zweiklassengesellschaft.“ Der 65-Jährige sieht auch die Gefahr, dass die großen Internet-Konzerne eigene Tracing-Systeme entwickeln, bei denen „die Nationalstaaten nur noch Trittbrettfahrer“ wären. Dem gelte es jetzt vorzubeugen, durch ein Verbot der Verwendung gesundheitsbezogener Daten durch private, nicht-medizinische Einrichtungen.
Grundrechtsexperte: „Unklar, was sich Kanzler darunter vorstellt“
Der Datenschutzexperte der Grundrechts-Plattform „epicenter.works“, Thomas Lohninger, sagte in einer ORF3-Diskussion am Donnerstagabend, es sei unklar, was sich der Bundeskanzler unter einem „Grünen Pass“ konkret vorstelle. „Wenn das ein Ausdruck einer ärztlichen Bestätigung ist, haben wir kein Problem damit. Wenn das wirklich eine App ist, die als Zutrittskontrolle für Kino und Restaurants oder dafür, das Land zu verlassen, verwendet wird, dann wäre das ein Datenschutz-Super-GAU.“ In Europa gebe es andere Voraussetzungen wie in Israel, nämlich höhere Datenschutzstandards und keinerlei Vereinheitlichung bei der Identität auf EU-Ebene.
Schrems: Sicherheit vor Hackern muss garantiert werden
Für Facebook-Kritiker Max Schrems spricht nichts gegen einen „Grünen Pass“, solange das System „technisch ordentlich gemacht ist“. Es müsste auf jeden Fall sichergestellt werden, dass die Daten nicht gehackt bzw. nicht als „Überwachungsdatenbank“ für andere Zwecke genutzt werden können. Einen grundsätzlichen Einwand sieht er aber nicht. Die EU-Datenschutz-Grundverordnung sehe die Verwendung von Gesundheitsdaten zur Pandemie-Bekämpfung vor. Auch gelte es abzuwägen, dass geimpfte Personen ihre Grundrechte wahrnehmen könnten.
Dass Facebook und andere Internet-Plattformen ein Impf-Tracking einführen, hält Schrems für „wenig wahrscheinlich“. Die größere Gefahr, sei, dass es zu einem Chaos in Europa durch verschiedene nationale Systeme komme.
Quelle: APA
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