„Nachfragespitze“

Hygiene Austria gab Masken in China in Auftrag

Österreich
03.03.2021 20:14

Nach dem aufgeflogenen mutmaßlichen Etikettenschwindel rund um Billigmasken aus China, die als heimische Ware verkauft wurden, zieht auch die Bundesbeschaffungsagentur Konsequenzen. Sie legte den Vertrag mit dem Hersteller Hygiene Austria am Mittwoch auf Eis. Unterdessen gab der Schutzmaskenhersteller zu, dass man zum Ausgleich einer Nachfragespitze „einen chinesischen Lohnfabrikanten“ beauftragt habe. Die Schwarzarbeits- und Betrugsvorwürfe wies das Unternehmen „klar“ zurück. 

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt nach einer Razzia in dem Unternehmen wegen Verdachts der organisierten Schwarzarbeit sowie des schweren gewerbsmäßigen Betrugs. Die Produkte des Joint Venture von Palmers und Lenzing gingen an staatsnahe Betriebe und Institutionen, wie das Parlament und die ÖBB, waren aber auch millionenfach in Supermarkt-Regalen zu finden.

Lohnhersteller „zum Ausgleich einer Nachfragespitze“
Hygiene Austria weist die Anschuldigungen zurück. Die Vorwürfe Schwarzarbeit sowie Betrug seien „klar zurückzuweisen“, hieß es am Mittwochabend in einem Statement. Für eine rechtmäßige und ordnungsgemäße Anmeldung zu sorgen, liege in der Verantwortung der beauftragten heimischen Personaldienstleister. Man arbeite auf Basis der heimischen Gesetze und verkaufe nur hochwertige Masken nach rot-weiß-rotem Qualitätsstandard. Allerdings sei „zum Ausgleich einer Nachfragespitze ein Lohnhersteller“ hinzugezogen worden, hieß es in dem Statement.

(Bild: P. Huber)

Um den zwischenzeitlichen Nachfrageanstieg zu bewältigen, sei ein chinesischer Lohnfabrikant mit der Produktion von Masken nach dem Baumuster der Hygiene Austria beauftragt worden. Die CE-Zertifizierung nach EN149:2001 sei durch die Schweizer Firma SGS „einwandfrei sichergestellt“. Die Gutachten für die Masken lägen vor und würden der Staatsanwaltschaft zur Verfügung gestellt werden. Besonders betont wurde in dem Statement, dass die Masken in der Lohnproduktion im Einkauf um 60 bis 100 Prozent teurer gewesen seien als in der heimischen Produktionslinie. Die „Verunsicherung“ bedauere man „sehr“, man habe aber Masken „gleicher Qualität und zum gleichen Verkaufspreis zum Schutz der Bevölkerung zur Verfügung“ gestellt.

Vertrag nach Hausdurchsuchung „inaktiv“ gestellt
Auch der Einzelhandel ist trotz des nun ungewissen Ursprungs der Masken davon überzeugt, dass diese sicher sind, und verkauft die Produkte weiter. Die Bundesbeschaffungsagentur erklärte am Tag nach der Hausdurchsuchung jedoch, dass der Vertrag „inaktiv“ gestellt wurde. Es gebe weder weitere Bestellungen, noch würden die Masken an andere Stellen weitergegeben. Die Versorgung mit FFP2-Schutzmasken sei aber weiterhin gewährleistet, da Hygiene Austria nur einer von über 30 Auftragnehmern in diesem Bereich sei, so die Bundesbeschaffungsagentur.

Agentur bestellte 1,08 Millionen FFP2-Schutzmasken
Sie habe von Medienberichten von den Vorwürfen erfahren und noch am Dienstagabend eine Stellungnahme des Unternehmens verlangt. Bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) habe man nähere Informationen zur vergaberechtlichen Bewertung der Sachlage angefragt. Der Bund bestellte über die Agentur insgesamt 16.000 Mund-Nasen-Schutzmasken und rund 1,08 Millionen FFP2-Schutzmasken.

Bundeskanzler Sebastian Kurz besuchte im Mai 2020 die Maskenproduktion der Hygiene Austria. (Bild: APA/BKA/DRAGAN TATIC)
Bundeskanzler Sebastian Kurz besuchte im Mai 2020 die Maskenproduktion der Hygiene Austria.

Insider: 20 Millionen China-Masken an Palmers geliefert
Ein „Vermittler für Schutzmasken“ berichtete nun von einem „merkwürdigen Geschäft“ in Zusammenhang mit Palmers, das nach den Enthüllungen ebenfalls den Hersteller in ein schiefes Licht rückt. Laut dieser Quelle seien 20 Millionen chinesischer Masken an das Unternehmen geliefert worden - als Rechnungsadresse fungierte laut „Kurier“ eine Stiftung in Liechtenstein. Der Vermittler sei am Mittwoch von der Kriminalabteilung Niederösterreich dazu befragt worden.

Unübliche Verpackung erregte Verdacht
Die Produkte seien unüblich verpackt gewesen: Der chinesische Beipackzettel sei nicht gemeinsam mit den Masken verschweißt gewesen, sondern lose im Karton gelegen, erklärte der Insider. Die Ware sei für die Ukraine vorgesehen gewesen - dass sie allerdings nicht direkt dorthin geliefert wurde, habe ihn stutzig gemacht.

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