„I bin ka dicke Dudl“

Anti-Bodyshaming-Kampagne sorgt für Wirbel im Netz

Web
04.03.2021 13:30

„Dicke Dudl“, „Pupperl“ oder „Du bist schirch“ - solche Wortmeldungen, teils aus dem engsten Angehörigenkreis, haben viele Frauen schon in ihrem Leben hören müssen. Sarah Bauernhofer aus dem oststeirischen Sinabelkirchen im Bezirk Weiz will diesem „Bodyshaming“ ein Ende setzen: „Schluss damit! Oststeirische Frauen und Mamas setzen ein Zeichen gegen Bodyshaming“ lautet ihre Kampagne, die mit starken Bildern in sozialen Netzwerken für Aufsehen sorgt.

Seit 2015 hat Bauernhofer den Verein „Von Mama zu Mama - Oststeiermark“ aufgebaut, hilft damit in Not geratenen Müttern und hat ein Netzwerk von rund 4200 Frauen geschaffen. Die Idee für die Kampagne, die zufällig wenige Tage vor dem Weltfrauentag fertig geworden ist, kam ihr bei einem „Schlüsselerlebnis“: „Ich bin eine selbstbewusste Frau und schaue auf mein Äußeres, doch als ich mich einmal mit einer Bekannten über künstliche Wimpern unterhielt, sagte diese zu mir: ,Du hast eh so schirche Wimpern, dir würden die nicht schaden.‘ Das hat mich dann wochenlang beschäftigt, weil ich bis dahin überzeugt war, dass ich schöne Wimpern habe“, schildert sie der APA.

So kam es, dass sie sich tatsächlich diese Wimpern kaufte, aber beim Versuch, sie an den Augenlidern anzubringen, habe es Klick gemacht: „Ich fragte mich, was tu‘ ich denn da? Ich hab sie dann weggeworfen.“ Sie dachte an all die Frauen, die vielleicht etwas mehr Gewicht haben oder eine Narbe oder Ähnliches, und wie es denen dann wohl geht, wenn sogar sie mit ihrem Selbstbewusstsein so damit gehadert hat. „Ich wollte etwas gegen Bodyshaming machen“, war ihr Entschluss. Innerhalb ihrer Vereins-Community fragte sie, wer mitmachen möchte, und rund 40 Frauen meldeten sich, um ihre eigene Geschichte zu erzählen - und zwar auch in Form von Bildern, teils mit viel nackter Haut.

Nerv getroffen
„Von dick bis dünn, Besenreisern und Krampfadern, da ist alles dabei“, sagt Bauernhofer. Sie selbst sei schon als „Knochenhaufen“ bezeichnet worden, weil sie nun mal dünn sei. „Schluss damit, die Kampagne soll polarisieren“ - und das tut sie offenbar auch. Allein ein Teaser-Video auf Facebook habe laut der Initiatorin rund 50.000 Aufrufe innerhalb weniger Tage erhalten. „Es war gar nicht geplant, dass es so eine große Sache wird“, doch offenbar habe es den Nerv der Zeit getroffen, meint sie.

Finanziert hat sie die Kampagne mit Vereinsmitteln. Bisher hat ihre Initiative hauptsächlich Müttern in schwierigen Lagen geholfen. Das soll auch weiterhin so bleiben, aber sie will darüber hinaus wachsen und die „Frauen in der Region stärken“. Bauernhofer habe festgestellt, dass gerade am Land die Hemmschwelle für beleidigende Wortmeldungen, speziell im Angehörigenkreis und unter Nachbarn, viel niedriger als in der Stadt sei. „Am Land sind die Leute dreister, was das betrifft.“ Das müsse aber aufhören, meint sie.

„I bin stolz“
Eine der Frauen, die sich für die Kampagne fotografieren hat lassen, ist Julia Stöckl: Schon in ihrer Kindheit hätten abwertende Sprüche wie „dicke Dudl“ dazu geführt, dass sie sich in ihrem Körper oft nicht wohlfühlte. Lange Zeit suchte die heute 32-Jährige den Fehler bei sich, sah ihren Körper als den „ultimativen Makel“. Heute wisse sie: „Wer andere permanent bewertet und kritisiert, hat in Wirklichkeit ein Problem mit seinem eigenen Selbstwert.“ Sie sagt: „I bin ka dicke Dudl. I bin stolz. Stolz auf mich. Stolz auf das, was aus mir geworden ist. Stolz auf das, was und wie ich bin.“

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