Die Arbeiterkammer ortet bei den Coronahilfen eine Schieflage zugunsten der Unternehmen: Der Staat habe zwar viel Geld für Hilfen in die Hand genommen, allerdings seien diese zu wenig treffsicher und würden zu 72,1 Prozent den Unternehmen zugutekommen. Nur 27,9 Prozent der insgesamt 41,77 Milliarden Euro bis 2024 seien für Arbeitnehmer und Familien vorgesehen, das meiste davon für die Kurzarbeit, kritisierte die AK Oberösterreich anlässlich der Präsentation ihrer Verteilungsanalyse der Coronagelder am Donnerstag. Für Wirtschaftskammer haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen von den Staatshilfen profitiert; und auch für die Grünen ist die Aufstellung der AK „nicht nachvollziehbar“.
Laut AK-Rechnung (siehe auch Grafik unten) entfallen 51,3 Prozent (21,44 Milliarden Euro) des Kuchens auf „Förderungen für alle Unternehmen“. Dieser Posten beinhaltet die COFAG-Maßnahmen (Covid-19-Finanzierungsagentur, Anm.) - Umsatzersatz, Fixkostenzuschuss, Standortsicherungszuschuss etc. -, die mit 15 Milliarden Euro den größten Brocken darstellen. Ebenfalls in diese Förderkategorie fallen die Corona-Kurzarbeit (3,4 Milliarden Euro) und die Investitionsprämie, die mit 3 Milliarden Euro budgetiert ist.
Unter „Steuergeschenke für Unternehmen“ subsumiert die AK den Verlustrücktrag (3 Milliarden Euro), die Senkung der Umsatzsteuer mit knapp 2,5 Milliarden und das Gastropaket mit rund einer Milliarde Euro. In Summe entfallen damit auf diese Kategorie 6,5 Milliarden Euro bzw. 15,6 Prozent des vom Staat lockergemachten Geldes. Deutlich weniger (2,16 Milliarden Euro bzw. 5,2 Prozent) wurden demnach für Selbstständige, Freiberufler und kleine Betriebe bereitgestellt. Noch nicht eingerechnet in die Analyse seien „viele Milliarden Euro an Steuerstundungen, Garantien und Haftungen“, obwohl zu erwarten sei, dass ein Teil davon schlagend werde.
Auf der anderen Seite der Rechnung stehen für die AK Maßnahmen, die Arbeitnehmern, Arbeitslosen und Familien zugutekommen: Dieser Posten mache insgesamt 11,67 Milliarden Euro aus, das sind 27,9 Prozent der Gesamtsumme. Der Löwenanteil dieses Geldes (10,13 Milliarden Euro) floss in die Kurzarbeit (diese wurde zu drei Viertel den Arbeitnehmern zugerechnet, Anm.). Der Rest verteilt sich auf Kinderbonus, Einmalzahlung, Familienhärteausgleichfonds, Erhöhung der Notstandshilfe, Verlängerung der Familienbeihilfe und den SchuVA-Ausfalls-Härtefonds.
Verteilungsschieflage in der Krise weiter verschärft
Die Verteilungsschieflage habe sich durch die aktuelle Krise grundsätzlich weiter verschärft, so die Kritik der Arbeiterkammer OÖ. Während manche Unternehmen bis zu 80 Prozent ihrer Umsätze ersetzt bekamen, stünden Menschen, die ihren Job verloren haben, mit einer Ersatzrate von lediglich 55 Prozent des vorigen Nettolohns da, fordern AK-Präsident Johann Kalliauer und AK-Direktorin Andrea Heimberger eine dauerhafte Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 70 Prozent. Diese würde bundesweit zwischen 1,2 und 1,4 Milliarden Euro pro Jahr kosten.
Zudem will die AK unter anderem „ein wirksames Konjunkturprogramm, eine Steuerstruktur-Reform, eine Job-Offensive und mehr Chancengleichheit im Bildungssystem“. Angesichts der extrem günstigen Zinslage halte man das für finanzierbar. Kalliauer warnt gleichzeitig davor, zu rasch „alte Hüte wie das Nulldefizit hervorzukramen“, das könnte den Aufschwung „abwürgen“.
Wirtschaftskammer sieht „willkürlich vom Zaun gebrochene Neiddebatte“
Die Präsidentin der oberösterreichischen Wirtschaftskammer, Doris Hummer, sieht in der AK-Kritik eine „willkürlich vom Zaun gebrochene Neiddebatte“ und warnt davor, die Pandemie „für den Klassenkampf zu nützen“. Für sie haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen von den Staatshilfen profitiert. Auch für den grünen Arbeits- und Sozialsprecher Markus Koza ist die Aufstellung der AK nicht nachvollziehbar. Stelle man die Unterstützungsmaßnahmen für Arbeitnehmer und Privathaushalte jenen für Unternehmen und Selbstständige gegenüber, ergebe sich ein Verhältnis von 45 zu 55 Prozent, so Koza unter Berufung auf die veröffentlichten Berichte des Finanzministeriums und des Budgetdienstes des Parlaments für 2020.
Quelle: APA/Arbeiterkammer OÖ
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