Hausdurchsuchungen und bereits 50 erfolgte Einvernahmen durch Beamte: Die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft laufen im Masken-Krimi rund um Produkte der Hygiene Austria auf Hochtouren. Es geht um den Verdacht der organisierten Schwarzarbeit sowie des schweren gewerbsmäßigen Betrugs. So wurde „österreichische Qualitätsware“ zum Teil in Asien produziert. Brisant zudem: Die FFP2-Masken fielen beim Atemschutz-Test durch.
Nach Bekanntwerden des schmutzigen Geschäfts mit den Masken nahmen die Lebensmittelketten Spar, Hofer, Rewe und auch dm die FFP2-Masken des ins Visier geratenen Unternehmens aus den Regalen. „Man kann derzeit nicht garantieren, dass die Masken aus Österreich sind. Wir wollen unseren Kunden nur Ware anbieten, wo auch das drin ist, was draufsteht“, hieß es bei Spar.
Schwarzarbeiter sollen umetikettiert haben
Wie berichtet, sollen Schwarzarbeiter erwischt worden sein, die in China produzierten Masken im Keller der Vorzeige-Firma umetikettiert zu haben. Und zwar auf „Made in Austria“. Nach anfänglichem Leugnen gestand die Tochterfirma der heimischen Dessous-Traditionsmarke Palmers und des börsennotierten Faserkonzerns Lenzing die Produktion in China am Mittwochabend doch noch ein. Hygiene Austria will „nun eng mit den Behörden kooperieren“ - für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung. „Die Schadenshöhe ist noch Gegenstand der Ermittlungen“, so Oberstaatsanwältin und Mediensprecherin Elisabeth Täubl.
FFP2-Masken sind bei Test durchgefallen
„Die Masken sind nicht von uns zertifiziert worden“, heißt es aus dem Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen (BEV). Die Nummer 2233 weist darauf hin, dass das Zertifikat aus Ungarn stammt. Indes liegt der „Krone“ ein Testbericht vor: Untersucht wurde die in Verruf geratene FFP2-Maske, die beim Parameter Atemwiderstand (ausgerechnet beim Ausatmen) den vorgeschriebenen Wert nicht erfüllt, weil zu viel ausgeatmete Luft ausgetreten ist. Das Limit von 300.00 Pa wurde mit 324.60 Pa eindeutig überschritten.
Feuer am Dach bei den MNS-Produzenten
Vorigen April starteten Palmers-Miteigentümer Tino Wieser und der oberösterreichische Faserkonzern Lenzing die Masken-Produktion die Tochterfirma Hygiene Austria. Deren Geschäftsführer ist ebenfalls Wieser, er steht damit im Zentrum der aktuellen Vorwürfe. Lenzing, das 50,1 Prozent des gemeinsamen Betriebs hält, zog nun die Notbremse und übernahm die Kontrolle: Lenzing-Vorstand Stephan Sielaff wurde per sofort als zusätzlicher Chef eingesetzt, zudem wird ein Sonderprüfungsteam alle Vorgänge prüfen. Etwa, wie viele Masken wo hergestellt und an wen ausgeliefert wurden. Ein Ergebnis soll es in zehn Tagen geben, „um das Vertrauen schnell wiederherzustellen“, so Lenzing-Sprecher Johannes Vetter.
Das Verhältnis zu Palmers sei aber weiter gut. Die wirtschaftlichen Folgen sind noch nicht abschätzbar, der Imageschaden für den Konzern aber schon. Die Aktie fiel jedenfalls bereits um zehn Prozentpunkte. Bei Palmers verweist man darauf, dass Lenzing nun faktisch alle Fäden in der Hand hält.
Weiter Werbung mit heimischer Herkunft
Obwohl bekannt ist, dass Hygiene Austria zumindest teilweise Masken in China fertigen ließ, hält das Unternehmen auf seiner Homepage weiter am Begriff „Made in Austria“ fest. Das könnte rechtliche Folgen haben. Der Begriff ist zwar, entgegen dem Glauben vieler Konsumenten, rechtlich nicht klar definiert und mit keinerlei Qualitätskontrollen verbunden. Im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ist aber zumindest festgehalten, dass keine irreführenden Angaben über den Ursprung von Waren gemacht werden dürfen.
Und: Sogenannte Minimalbehandlungen sind laut OGH-Urteil nicht ausreichend für den Hinweis „Made in Austria“. Dazu zählen das Umpacken oder Neu-Etikettieren von einzelnen Produkten.
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