Kurz: „Unredlich“

Skandal um Hygiene Austria: FPÖ fordert Neuwahlen

Politik
05.03.2021 12:53

Der Skandal um umetikettierte FFP2-Masken der Hygiene Austria hat nun auch die heimische Innenpolitik erreicht. FPÖ-Chef Norbert Hofer bezeichnete am Freitag eine Neuwahl des Nationalrats als „überfällig“, denn: „Die Bundesregierung trägt eine Mitverantwortung.“ Die Causa scheine zudem ein „groß angelegter Betrug auf dem Rücken der Steuerzahler und auf Kosten der Gesundheit der Menschen“ zu sein. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wehrte sich gegen die Angriffe: „Wenn es hier Betrug gibt, sind wir alle betrogen worden.“

Für Hofer ist es ein Skandal, dass die „Made in Austria“-Masken nicht in Österreich zertifiziert worden seien und nicht den notwendigen Standards entsprächen. „Ausgerechnet die Abgeordneten der ÖVP haben die Schummel-Masken im Parlament als geradezu überlebensnotwendig bezeichnet und demonstrativ getragen.“

„Haben gewusst, dass Masken nicht in Österreich zertifiziert wurden“
Hofer merkte an, dass der Bundeskanzler mit seinem seinerzeitigen Besuch am Produktionsstandort das Unternehmen beworben habe. Und auch Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) habe in seiner Funktion als Konsumentenschutzminister auf allen Ebenen versagt. Die Regierung müsse gewusst haben, dass die Masken nicht in Österreich zertifiziert wurden. Hofer: „Es reicht jetzt: Diese Bundesregierung ist die schlechteste, die Österreich jemals hatte.“

Kurz: „Ich erwarte mir volle Aufklärung“
Eine Mitverantwortung der Regierung stellte Kurz in einer Pressekonferenz am Freitag klar in Abrede. „Die Sachlage ist eindeutig. Es gibt Vorwürfe gegen ein privates Unternehmen, gegen ein Unternehmen, das eine Tochterfirma von zwei großen österreichischen privaten Unternehmen ist. Die großen Kunden sind private Unternehmen, wie etwa Supermärkte. Die Bundesbeschaffungsagentur hat dort anscheinend auch beschafft, das Bundeskanzleramt direkt nicht. Mehr ist dazu nicht zu sagen.“ Er erwarte sich „volle Aufklärung“, aber so zu tun, als würde dafür jemand Verantwortung in der Politik tragen, halte er für „unredlich“, so Kurz.

Auch NEOS wollen Aufklärung über Masken
Die NEOS wollen nächste Woche im „kleinen Untersuchungsausschuss“ zur Beschaffungspolitik in der Corona-Pandemie auch die Causa Hygiene Austria thematisieren. So soll etwa hinterfragt werden, warum für den Versand von FFP2-Masken an Über-65-Jährige über einen geheimen Ministerratsbeschluss indirekt versucht worden sei, den Auftrag einem heimischen Anbieter zukommen zu lassen, so die Abgeordneten Nikolaus Scherak und Douglas Hoyos am Freitag.

Einen direkten Konnex zur ÖVP wollte Hoyos vorerst nicht herstellen. „Der Hygiene-Austria-Skandal ist noch nicht primär ein ÖVP-Skandal. Aber natürlich kommen wir da Schritt für Schritt näher.“

Sobotka will alle rechtlichen Mittel ausschöpfen
Auch im Parlament sind FFP2-Masken von Hygiene Austria zum Einsatz gekommen, und zwar knapp 23.000 Stück um rund 32.000 Euro. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) beauftragte die Parlamentsdirektion mit der rechtlichen Prüfung. Es sollen alle Ansprüche überprüft werden, die gegenüber dem Hersteller gemacht werden können, hieß es am Freitag.

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) (Bild: APA/GEORG HOCHMUTH)
Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP)

„Wenn eine Bestellung im Vertrauen darauf erfolgt, dass die Kennzeichnung ,Made in Austria‘ den Tatsachen entspricht, und dann der Verdacht einer vorgetäuschten Herkunftsbezeichnung besteht, kann das nicht ohne Folgen bleiben“, betonte der Nationalratspräsident.

Hausdurchsuchungen, 50 Einvernahmen
Die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft laufen aktuell auf Hochtouren. Es geht um den Verdacht der organisierten Schwarzarbeit sowie des schweren gewerbsmäßigen Betrugs. So wurde „österreichische Qualitätsware“ zum Teil in Asien produziert. Brisant zudem: Die FFP2-Masken fielen beim Atemschutz-Test durch. Es kam bereits zu Hausdurchsuchungen und 50 Einvernahmen durch Beamte.

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