51 Prozent dafür
Volksabstimmung: Schweizer für Verhüllungsverbot
Die Schweizer haben am Sonntag knapp für ein Verhüllungsverbot im öffentlichen Raum gestimmt. Im Rahmen einer Volksabstimmung sprachen sich 51 Prozent der Wähler für die Vorlage und damit gegen die Empfehlung der Regierung in Bern aus, die dagegen war. Der Vorstoß zielt vor allem auf die islamische Ganzkörperverhüllung - also auf die Trägerinnen von Niqabs und Burkas - ab. Das Verbot muss nun in die Verfassung aufgenommen werden und gilt auf der Straße, in Restaurants und in Geschäften. Nur für Gotteshäuser gibt es eine Ausnahme.
Im Fokus der auch als „Burka-Initiative“ bekannten Vorlage steht, dass sich niemand im öffentlichen Raum verhüllen darf. Zwar ist islamische Kleidung nicht explizit erwähnt, es geht allgemein um ein Verhüllungsverbot - aber die Zielrichtung ist klar. Ein solches Verbot existierte bereits in den Kantonen St. Gallen und Tessin sowie in Österreich (siehe Grafik), Frankreich, Dänemark und den Niederlanden.
Entsprechendes Gesetz in Österreich seit 2017
In Österreich ist am 1. Oktober 2017 ein Anti-Gesichtsverhüllungs-Gesetz in Kraft getreten. Sein Hauptaugenmerk liegt auf der Vollverschleierung des Gesichts durch einen Niqab oder eine Burka. Kernsatz des Gesetzes ist das „Verhüllungsverbot“, in dem es heißt: „Wer an öffentlichen Orten oder in öffentlichen Gebäuden seine Gesichtszüge durch Kleidung oder andere Gegenstände in einer Weise verhüllt oder verbirgt, dass sie nicht mehr erkennbar sind, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 150 Euro zu bestrafen.“
Gegner sprechen von antiislamischem Rassismus
Hinter der Schweizer Vorlage steht das „Egerkinger Komitee“, das mit der nationalkonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) inhaltlich und personell eng verbunden ist. Im Fokus steht insbesondere der Islam. Gegner warfen dem Verein, der 2009 per Volksabstimmung bereits ein Verbot von Minarett-Neubauten durchgesetzt hat, vor, er fördere damit antiislamischen Rassismus. Der Anteil der Muslime in der Schweiz lag 2018 bei 5,3 Prozent. Die Zahl der Niqab-Trägerinnen in der Schweiz wird auf rund 30 geschätzt.
Auch Demonstranten dürfen Gesicht nicht verhüllen
Auf dem Papier richtete sich die Vorlage allgemein gegen Verhüllung und verbietet damit künftig auch Demonstranten und Fußballhooligans, ihr Gesicht zu verhüllen. Der Verein, der die Volksabstimmung mit einer Unterschriftensammlung durchgesetzt hat, macht aber kein Hehl aus seiner islamkritischen Haltung.
„Zum Verhüllungsverbot gibt es keine Alternative“
Als erste Reaktion aus Österreich beglückwünschte Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) die Schweizer zur Entscheidung: „Burka und Niqab haben den einzigen Zweck, die Frau durch Verhüllung verschwinden zu lassen. Sie sind ein Symbol der Unterdrückung der Frau, eine Form der kulturell bedingten Gewalt, die wir in Europa nicht haben wollen. Daher bin ich dankbar um jedes Land, das die Frauenrechte stärkt und solche Verhüllungen verbietet. Österreich ist bereits 2017 diesen Weg gegangen. Zum Verhüllungsverbot gibt es keine Alternative.“
Dagegen übte der Präsident der Europäischen Rabbiner (CER), Pinchas Goldschmidt, scharfe Kritik an dem Votum, das er als „Angriff auf das Grund- und Menschenrecht der Religionsfreiheit“ bezeichnete. Weil dieses vielerorts in Europa immer wieder zu beschränken versucht werde, sei dies „ein alarmierender Trend für alle religiösen Minderheiten“, so Goldschmidt mit. Er wies darauf hin, dass die Schweizer eine lange Tradition darin hätten, „Migration durch Verbote religiöser Praktiken einzudämmen“. So habe etwa das Verbot des koscheren Schächtens im Jahr 1892 die jüdische Einwanderung aus Russland stoppen wollen, erinnerte der Oberrabbiner von Moskau.
Quelle: APA/dpa
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