Die ÖVP hat am Montag FPÖ-Klubchef Herbert Kickl wegen der Krawalle rund um die Corona-Demos am vergangenen Samstag zum Rücktritt aufgefordert. Kickl habe bei seinem Auftritt nicht nur „tief in den Schmutzkübel des Antisemitismus“ gegriffen, sondern „mit seiner üblen Kampfrhetorik“ auch jene Krawalle ausgelöst, bei denen schließlich zwei Sicherheitsleute und vier Polizisten verletzt worden seien, so Generalsekretär Axel Melchior am Montag. Kanzler Sebastian Kurz zeigte sich von „Sieg Heil“-Rufen während der Demo „angewidert“. Auch andere Parteien stimmten in die Kritik ein.
Der blaue Klubchef sei in „Hooligan-Manier“ aufgetreten, weshalb er umgehend von all seinen politischen Ämtern zurücktreten müsse, so Melchior. „Kickls Bündnis mit Rechtsextremen gefährdet unseren Rechtsstaat und bringt die Gesundheit sowie die Sicherheit der Österreicher in Gefahr.“ Kurz sprach am Montag von einer „Hooligan-Mentalität“, die zu Gewalt und einem schwer verletzten Wachmann führte. Das sei „inakzeptabel“: „Es widert mich an. So etwas sollte in Österreich keinen Platz haben.“
ÖVP: Kickl heizte Stimmung gegen Regierung an
Konkret geht es um einen Vorfall nach der zweiten Kundgebung Kickls im Wiener Prater, wo er laut Meinung der ÖVP mit seinen Aussagen die Stimmung gegen die türkis-grüne Bundesregierung anheizte. Kickl sprach etwa von „Schmuddel-Typen“ in den Ministerien und „Corona-Stahlhelmen“ in den Regierungsbüros. Danach zogen Hunderte Demonstranten mit Transparenten und Parolen am Donaukanal stadteinwärts, als sie von der Polizei eingekesselt wurden. Daraufhin stürmten mehrere Dutzend Demo-Teilnehmer in die Tiefgarage eines Gebäudes der Wiener Städtischen Versicherung, wobei ein Wachmann so schwer am Bein verletzt wurde, dass er operiert werden musste.
Video: Demo-Chaoten stürmen Versicherungssitz
FPÖ-Chef Norbert Hofer stellte sich zwischenzeitlich demonstrativ hinter seinen Klubchef. Er begrüßte „ausdrücklich jede Form des friedlichen Protestes gegen die unverhältnismäßigen und verfassungswidrigen Corona-Maßnahmen von Türkis-Grün“ und sprach sich gegen „die pauschale Kriminalisierung verzweifelter Menschen aus, die auf der Straße ihren Protest zeigen“.
Demonstranten „ohne Not“ eingekesselt
Daran ändere auch „der besorgniserregende Zwischenfall“ nach den Kundgebungen nichts, erklärte der FPÖ-Chef. Diesen „Vorfall“ gelte es nun detailliert aufzuklären. Hofer wünschte dem Betroffenen eine rasche und vollständige Genesung. Demonstranten seien offenbar „ohne Not“ eingekesselt worden. Das rechtfertige zwar „keinesfalls tätliche Angriffe“, die Umstände der Verletzung eines Wachmanns seien aber „noch genau zu ermitteln“.
NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger sagte am Rande einer Pressekonferenz am Montag, dass ihre Partei gegen Demoverbote sei, denn das würde die Wut der Menschen nur noch mehr schüren und zur Eskalation führen. Gleichzeitig forderte sie Kickl auf, seine Worte zu mäßigen und abzurüsten.
Ludwig: „Die Bilder sind verstörend“
Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) verurteilte die Ausschreitungen „auf das Schärfste“. Es sei der Wiener Polizei zu verdanken, dass noch Schlimmeres verhindert werden konnte, hob er in einer Mitteilung hervor: „Und doch sind die Bilder verstörend. Wir sehen Menschen, die sich an keinerlei gesetzliche Vorgaben betreffend des Schutzes vor Corona halten.“ Dass es bei den Demos auch zu rechtsextremen Aktivitäten bzw. auch Verstößen gegen das Verbotsgesetz gekommen sei, „ist inakzeptabel und muss vom Innenministerium vehement geahndet werden“. Einmal mehr zeige sich, dass Wien mehr Polizisten benötige.
Auch die Wiener Grünen zeigten sich betroffen. Die Ausschreitungen seien einer modernen, weltoffenen Millionenstadt wie Wien unwürdig, stellten die nicht amtsführende Stadträtin Judith Pühringer und ihr Stadtrats-Kollege Peter Kraus fest. Die Corona-Demos würden im Wochenrhythmus eskalieren, beklagten die Grünen: „Diese rechtsextremen Auswüchse gehören lückenlos verfolgt.“
Quelle: APA
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