Der neue Entwurf zum Epidemiegesetz und Covid-19-Maßnahmengesetz von Gesundheitsminister Rudolf Anschober löst bei der Volksanwaltschaft herbe Kritik aus: Volksanwalt Bernhard Achitz (SPÖ) fürchtet durch den neuen Veranstaltungsbegriff „skurrile“ Ergebnisse in der Praxis, zudem zweifelt er an der Verfassungskonformität für Ausgangsverbote.
Der Entwurf beinhaltet eine Neudefinition von Zusammenkünften: Bisher war diese Regelung im Epidemiegesetz mit dem Passus „Zusammenströmen größerer Menschenmengen“ etwas schwammig formuliert. Die Novelle sieht vor, dass künftig von mindestens vier Personen die Rede ist, die als Veranstaltung gelten. Dies gilt im öffentlichen wie im privaten Bereich, wobei bei Letzterem wieder klargestellt wird, dass es daheim zu keinen Kontrollen kommt.
Regeln für Pandemiebekämpfung nicht förderlich
Volksanwalt Achitz wirft in seiner Stellungnahme die Frage auf, ob ein derartiger Veranstaltungsbegriff, „der in Bezug auf die erforderliche Teilnehmerzahl von einem über Jahrhunderte hinweg gefestigten Verständnis der Bevölkerung eklatant abweicht, geeignet ist, eine Bereitschaft zur Befolgung gesetzlicher Regelungen zu fördern, ohne die eine Pandemiebekämpfung nicht erfolgreich sein kann“. Die Möglichkeit, relativ hohe Verwaltungsstrafen zu verhängen, könnte dann außerdem erst recht dazu führen, dass sich Menschen mit Familienangehörigen und guten Freunden statt im Freien in ihren Wohnungen und Häusern treffen, wo nicht kontrolliert werden kann. Dies sei „sicherlich nicht im Interesse einer erfolgreichen Pandemiebekämpfung“, meint Achitz.
Die Möglichkeit, relativ hohe Verwaltungsstrafen zu verhängen, könnte dann außerdem erst recht dazu führen, dass sich Menschen mit Familienangehörigen und guten Freunden statt im Freien in ihren Wohnungen und Häusern treffen, wo nicht kontrolliert werden kann.
Volksanwalt Bernhard Achitz
Die Volksanwaltschaft befürchtet überhaupt, dass „der dem Gesetzesentwurf zugrundeliegende neue Veranstaltungsbegriff zu großen Schwierigkeiten in der Vollziehung und die Anwendung zu skurrilen, nicht sachgemäßen Ergebnissen führen könnte“.
„Besondere Eingriffsintensität“ von Ausgangssperren
Abgelehnt wird von der Volksanwaltschaft Anschobers Ansinnen, Ausgangssperren nicht erst verhängen zu dürfen, wenn ein Zusammenbruch des Gesundheitssystems droht, sondern wenn eine nicht mehr kontrollierbare Verbreitung von Covid-19 droht, etwa wenn die Kontaktnachverfolgung nicht mehr funktioniert. Achitz verweist darauf, dass Ausgangsregeln nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes eine „besondere Eingriffsintensität“ aufweisen - weshalb es für den Volksanwalt „zweifelhaft“ ist, ob die vorgeschlagene Änderung verfassungskonform wäre.
Lawine an Stellungnahmen
Der Begutachtungsentwurf löste unterdessen eine regelrechte Lawine an Stellungnahmen auf der Parlamentshomepage aus - Stand Montagabend waren es bereits knapp 22.000. Der überwiegende Teil davon stammt von Privatpersonen, viele auch anonym. Gegner der Corona-Maßnahmen hatten auch via „Social Media“ und Messenger-Diensten wie WhatsApp und Telegram dazu aufgerufen. Viele Stellungnahmen bestanden aus vorgefertigten Textbausteinen. Die Begutachtungsfrist endet am Dienstag.
Quelle: APA
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.