Vier-Personen-Regel

Corona-Gesetz: Heftige Kritik an Verschärfungen

Politik
09.03.2021 17:40

Die geplante Novelle des Covid-19-Maßnahmengesetzes und des Pandemiegesetzes stößt auf breite Ablehnung. Die bisher eingelangten Stellungnahmen während der Begutachtungsphase üben vor allem heftige Kritik daran, dass bereits Zusammenkünfte von zumindest vier Personen als Veranstaltung gewertet und untersagt werden können. Kritisiert wird auch das Vorhaben, Ausgangsbeschränkungen bereits bei „einer nicht mehr kontrollierbaren Verbreitung“ zu ermöglichen.

Neben der Opposition laufen auch die Volksanwaltschaft, der ÖGB, die Wirtschaftskammer, die Rechtsanwaltskammer und auch einige Landesregierungen Sturm gegen die Pläne der türkis-grünen Regierung. Der Entwurf beinhaltet eine Neudefinition von Zusammenkünften: Bisher war diese Regelung im Epidemiegesetz mit dem Passus „Zusammenströmen größerer Menschenmengen“ etwas schwammig formuliert; die Novelle sieht vor, dass künftig von mindestens vier Personen (aus zumindest zwei Haushalten) die Rede ist, die als Veranstaltung gelten. Dies gilt im öffentlichen wie im privaten Bereich, wobei bei Letzterem wieder klargestellt wird, dass es daheim zu keinen Kontrollen kommt.

Treffen mit den Freunden beim Wirt - das darf man jetzt noch nicht. Sonst gibt es eine Anzeige. (Bild: Davide Angelini - stock.adobe.com)
Treffen mit den Freunden beim Wirt - das darf man jetzt noch nicht. Sonst gibt es eine Anzeige.

Eine bloße Zusammenkunft solcher Personengruppen sei „keine Veranstaltung und kann als solche auch nicht bezeichnet werden“, heißt es dazu in der Stellungnahme der Rechtsanwaltskammer. Die Bestimmung wird klar abgelehnt. Sofern der Gesetzgeber Maßnahmen gegen das Zusammenkommen von Menschen setzen will, müsse er das auch so formulieren - dies könne nicht „unter dem Begriff einer ,Veranstaltung‘ versteckt werden“.

Rechtsanwaltskammer: „Unverhältnismäßiger Strafrahmen“
Die Volksanwaltschaft warf die Frage auf, ob ein derartiger Veranstaltungsbegriff geeignet ist, die Bereitschaft zur Befolgung gesetzlicher Regelungen zu fördern. Die Möglichkeit, relativ hohe Verwaltungsstrafen zu verhängen, könnte außerdem erst recht dazu führen, dass sich Menschen mit Familienangehörigen und guten Freunden statt im Freien in ihren Wohnungen und Häusern treffen, wo nicht kontrolliert werden kann, so die Befürchtung. Auch die Rechtsanwaltskammer hält den Strafrahmen - bei Teilnahme an einer untersagten „Veranstaltung“ bis zu 1450 Euro - für „unverhältnismäßig“.

Für den ÖGB wird mit dem Plan „maßlos über das Ziel hinausgeschossen“. Wie auch die WKÖ äußerte die Gewerkschaft außerdem Befürchtungen, „dass auch zwingend erforderliche oder gesetzlich vorgeschriebene Sitzungen“ (etwa von Arbeitnehmer- oder der Personalvertretung) der Bewilligungspflicht unterliegen - „und entsprechend auch untersagt werden können“.

(Bild: APA/HANS PUNZ)

Zweifel an Verfassungskonformität
Klare Ablehnung erfährt auch das Vorhaben, Ausgangsbeschränkungen künftig leichter verhängen zu können. Bisher war dies nur möglich, um einen „Zusammenbruch der medizinischen Versorgung oder ähnlich gelagerte Notsituationen zu verhindern“. Außerdem war Voraussetzung, dass Maßnahmen wie Betretungsverbote (etwa im Handel) nicht ausreichen. Künftig sollen Ausgangsbeschränkungen auch verhängt werden können, wenn eine nicht mehr kontrollierbare Verbreitung von Covid-19 droht, etwa wenn die Kontaktnachverfolgung scheitert. Auch soll die Vorgabe fallen, dass zuvor alle anderen möglichen Maßnahmen ausgeschöpft werden müssen.

Die Polizei patrouilliert auf der - nicht ganz menschenleeren - Mariahilfer Straße in Wien. (Bild: APA/HERBERT P. OCZERET, Krone KREATIV)
Die Polizei patrouilliert auf der - nicht ganz menschenleeren - Mariahilfer Straße in Wien.

Die Volksanwaltschaft zweifelt in ihrer Stellungnahme an der Verfassungskonformität dieser Bestimmungen. Auch die Wiener Landesregierung äußerte „massive verfassungsrechtliche Bedenken“. Es bleibe völlig unklar, wann eine „unkontrollierbare Verbreitung des Virus“ anzunehmen ist, heißt es in der Stellungnahme.

ÖGB und WKÖ: Alternative zu Tests unabdingbar
Kritisiert wurde unter anderem auch die geplante Ausweitung der Testpflicht. Bisher konnten - abgesehen von Gesundheitsdienstleistern - Arbeitnehmer mit Kundenkontakt als Alternative zum wöchentlichen Corona-Test auch eine FFP2-Maske tragen. Dieser Passus fällt im Entwurf weg. Eine alternative Lösung für jene Arbeitnehmer, die keinen Nachweis (Test oder durchgemachte Infektion) vorweisen können, sei jedoch „unabdingbar“, so der ÖGB.

Symbolbild (Bild: APA/dpa/Sebastian Gollnow)
Symbolbild

Auch die Wiener Landesregierung sieht die Möglichkeit zur verschärften Testpflicht kritisch. Sie verwies darauf, dass die Alternative der FFP2-Maske „allein schon für den Fall fehlender Testkapazitäten bzw. körperlicher oder psychischer Test-Hindernisse“ beibehalten werden sollte. Auch seitens der WKÖ wird eine Verschärfung „strikt abgelehnt“, eine Alternative zum Testen „muss jedenfalls bestehen bleiben“.

Viele Privatpersonen gaben Stellungnahme ab
Auffallend viele Stellungnahmen trudelten auch von Privatpersonen auf der Website des Parlaments ein. Gegner der Corona-Maßnahmen hatten auch via Social Media und Messenger-Diensten wie WhatsApp und Telegram dazu aufgerufen. Viele Stellungnahmen bestanden aus vorgefertigten Textbausteinen.

Quelle: APA

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