Um den Klimawandel einzudämmen, müsse die Menschheit ihren CO2-Ausstoß verringern und verstärkt auf neuartige kleine Atomkraftwerke setzen, glaubt Microsoft-Gründer Bill Gates. Mit der US-Firma TerraPower hat Gates auch schon in einen Hersteller solcher Anlagen investiert. Skeptisch wird Gates‘ Vorschlag vom deutschen Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) aufgenommen. Es hat zwei Gutachten zu den neuartigen Mini-Atomkraftwerken beauftragt.
Gates hatte Mitte Februar in einem „Handelsblatt“-Interview zum wiederholten Male erklärt, dass im Kampf gegen den Klimawandel die Atomkraft unerlässlich sei. Er wisse zwar um die Gefahren, mit moderner Technologie könne diese aber, im kleineren Maßstab betrieben, sicherer werden und weniger nuklearen Abfall erzeugen als bisher. Damit spricht er die natriumgekühlten schnellen Reaktoren an, die TerraPower erforscht.
Deutsches Bundesamt nach Gutachten skeptisch
Wie das IT- und Technologiemagazin „Heise“ berichtet, stößt Gates‘ Vorschlag beim für die Entsorgung nuklearer Abfälle zuständigen deutschen Bundesamt auf Skepsis. Es hat Gutachten anfertigen lassen, in denen die Praxistauglichkeit der sogenannten „Small Modular Reactors“ (SMR) bewertet werden sollte. Darin verweist man auf offene Fragen bei nuklearen Kleinkraftwerken: „Fragen zu Sicherheit, Transport, Rückbau sowie zur Zwischen- und Endlagerung sind bislang ungeklärt.“
In dem Gutachten des Öko-Instituts wird auch durchgerechnet, wie viele solcher Mini-Atomkraftwerke es bräuchte, um den Strombedarf der Menschheit zu decken: Es wären bis zu 10.000.
Dass kleinere, modernere Reaktoren grundsätzlich sicherer sein könnten als große Nuklearanlagen, wird auch in dem Gutachten bestätigt. Mögliche Vorteile würden aber schlicht durch die hohe Zahl an notwendigen Reaktoren wieder zunichte gemacht. Auch die Gefahr, dass radioaktives Material für Atomwaffen erzeugt werde, bleibe bestehen.
Auch Boku-Gutachten fällt kritisch aus
Das Bundesamt hat auch noch ein zweites Gutachten in Auftrag gegeben, aus dem „Heise“ zitiert. Die Universität für Bodenkultur in Wien geht darin der Frage nach, ob neuartige Reaktoren, verstärkte Wiederaufbereitung und Wiederverwendung die Menge radioaktiver Abfälle reduzieren.
Im Gutachten heißt es, dass einzelne Abfallstoffe zwar tatsächlich reduziert werden könnten, bei der Aufbereitung gleichzeitig aber andere in teils noch größerer Menge entstehen würden. Auch eigne sich bereits aufbereiteter nuklearer Abfall - in Deutschland ein hoher Prozentsatz - nicht für diese Techniken, für die es zudem neue Atomanlagen sowie weiterhin Zwischen- und Endlager bräuchte.
In absehbarer Zeit können möglicherweise zur Verfügung stehende Atom-Technologien weder die Altlasten der Atomenergie-Nutzung beseitigen noch die jetzt anstehenden Zukunftsfragen des Klimawandels beantworten.
Wolfram König, BASE
Wolfram König, Präsident des Bundesamtes für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung: „In absehbarer Zeit können möglicherweise zur Verfügung stehende Atom-Technologien weder die Altlasten der Atomenergie-Nutzung beseitigen noch die jetzt anstehenden Zukunftsfragen des Klimawandels beantworten.“ Ihn erinnere die derzeitige Debatte an die Fünfziger und Sechziger, als schon mit der ersten Generation von Atomreaktoren solche Versprechungen gemacht wurden.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.