Musik als Lebenselixier - besonders für das Wochenende, wo man hoffentlich auch Zeit dafür hat. Wir haben für euch wieder die besten Alben und Veröffentlichungen der Woche zusammengesammelt. Quer durch alle Genres ist hier garantiert für jeden was dabei. Viel Spaß dabei!
Ronnie Atkins - One Shot
Mit den Pretty Maids hat Frontmann und Goldstimme Paul Christensen aka Ronnie Atkins weit über die Landes- und Kontinentalgrenzen hinaus Rockgeschichte geschrieben. Seit einigen Jahren tritt Atkins auch gerne solo in Erscheinung und das gelingt stets mehr als adäquat. So auch wieder auf dem neuen Rundling „One Shot“, das nur so vor melodischen AOR-Hymnen strotzt. Produziert und ausgefeilt hat Atkins die flotten, stets in den 80ern verhafteten Songs mit seinem Band-Sidekick Chris Laney. Übrigens: Atkins leidet an Lungenkrebs im vierten Stadium und gilt, obwohl es 2020 schon Fortschritte gab, als unheilbar. Respekt für diese Gewaltleistung und hoffen wir, dass es nicht der viel zu frühe Abgesang eines ganz Großen der Rock-Zunft wird… 7,5/10 Kronen
Autarkh - Form In Motion
Michael Nienhuis ist ein Visionär. Das bewies der Holländer mit seiner Avantgarde-Black-Metal-Band Dodecahedron einige Jahre lang, bis er das Projekt 2020 zu Grabe trug und mit zwei neuen Mitstreitern Autarkh ins Leben rief. Warum diese Radikaländerung? Weil neue musikalische Wege eben auch einen neuen Überbau benötigen - da ist der verschrobene Soundfetischist jedenfalls sehr heikel. „Form In Motion“ ist tatsächlich ein ziemlich hektisches, dissonantes und schwer fassbares Gebräu aus mittleren Meshuggah, der Komplexität des Djent-Trend, IBM-Versatzstücken und technoider Horroratmosphäre á la Autechre oder Aphex Twin. Ein Bastard des Komplexen und Extremen, das zu keiner Sekunde Simplizität vermittelt und den Hörer fördert und fordert zugleich. Toleranz und Geduld sind die Schlagwörter - damit findet man eventuell Zugang. 7/10 Kronen
Baby Boys - Threesome
Hinter dem Terminus Baby Boys stecken drei besonders kreative und zukunftsträchtige junge Klangfetischisten. Caleb Hinz, Jake Luppen und Nathan Stocker haben das pandemische Popmusikjahr 2020 in den USA wesentlich geprägt - aber vorwiegend im Hintergrund. Sie stecken als Produktionsteam hinter Breakout-Releases wie Samias „The Baby“ oder der „Greenhouse“-EP von Miloe. Mit „Threesome“ präsentieren sie sich nun selbst musizierend im Rampenlicht und legen dabei einen kruden Popmix vor, der zwischen Eingängigkeit und Dissonanz, zwischen iPhone-Gestus und großer Geste, zwischen linearen Songstrukturen und ausgekoppelten Klangderivaten pendelt. Eine bunte Pop-Reise für die Generation Z, die sich im Bedroom-Pop-Sektor gut macht. Man muss aber schon auch hineinfinden können, in das kurze, aber flotte Treiben. 7/10 Kronen
Blackmore’s Night - Nature’s Light
Na endlich - fünf lange Jahre nach dem letzten Output betraten Deep-Purple-Legende Ritchie Blackmore und Ehefrau Candice Night endlich wieder den Studioflügel in ihrem altehrwürdigen Schloss, um sich den gewohnten Renaissance- und Mittelalter-Hymnen zu widmen. Mit „Nature’s Light“ geht das Duo nicht nur zum Ur-Label zurück, sondern würzt den folkloristischen Sound auch wieder verstärkt mit Pop- und Rock-Elementen, die natürlich wenig bis nichts mit Purple oder Rainbow gemein haben, den dürstenden 70er-Rockfan aber zumindest einen nostalgischen Impuls gibt. Das Rednex-Cover von „Wish You Were Here“ (natürlich nicht Pink Floyd, eh klar…) beweist noch einmal die immense Spielfreude, die Familie Blackmore hier verspürt. Ein Sound für ein treues Spartenpublikum, aber so frisch und fröhlich inszeniert wie viele Jahre nicht mehr. 6,5/10 Kronen
Bloodspot - The Cannibal Instinct
Schon interessant, wie Subgenres im Metal immer wieder kommen und gehen. So etwa beim polternden Death/Thrash, der rund ums Millennium mit Bands wie Carnal Forge, The Haunted oder Impious vor allem in Schweden florierte, dann aber komplett in der Versenkung verschwand. Ein durchaus würdiges Wiederaufflackern versuchen seit geraumer Zeit die Deutschen von Bloodspot, deren neuestes Werk „The Cannibal Instinct“, übrigens das erste seit langen fünf Jahren, alles bereithält, was Aficionados so daran schätzen. Schneidende Riffs, eine harsche Stimme, polternde Drums und Schädelspalter wie „Potzblitz“ oder „Vielfraß“, die ordentlich schrauben. Neu ist das freilich nicht, außerordentlich spannend ebenso wenig, aber zumindest fein nostalgisch und einfach kurzweilig. Kann was! 6,5/10 Kronen
Burges Gränzer Schade - Jenseits schillernder Welten - Farben der Liebe
Was kommt dabei raus, wenn Pianistin und Sängerin Katharina Burges, Autor und Interpret Torsten Gränzer und Perkussionist und Klangdesigner Göran Schade musikalisch zusammenfinden? 2019 war es das Album „Jenseits schillernder Welten“, das gleich für den „Preis der deutschen Schallplattenkritik“ nominiert wurde. Kein übler Karrierezweigbeginn für die drei Vollblutkünstler. Auf „Farben der Liebe“ bedeutet das, dass sich zwei schillernde Stimmen, die mal nach Nick Cave und mal nach kolumbianischen Flamenco-Chic klingen zwischen Art-Pop, Soul, Jazz, schwerer Ballade und Liedermacherkunst finden, um klassische Popstrukturen mit Anspruch zu würzen. Ein musikalisch und textlich nicht immer leichter Brocken, der aber in seiner Tonalität und Machart ziemlich einzigartig ist. Musik für abendliche Rotweintrinker. 7/10 Kronen
Caribou - Suddenly Remixes
Daniel Victor Snaith war zweifellos eines der größten Musikeropfer in der ersten Corona-Welle. Sein Album „Suddenly“ veröffentlichte er Ende Februar 2020, knapp zwei Wochen vor dem Stillstand der kompletten Welt. Sechs Jahre ließ er sich dafür Zeit - die Touren und alles drumherum verpuffte. Caribou machte aus dem letzten Jahr nun eben auch das Bestmögliche und hat die zahlreichen Remixes der Songs des Albums zusammengefasst, um den Fans einen feinen Appetizer zu liefern. Famose Künstler wie Four Tet, Koreless, Toro y Moi, Floating Points oder Jesse Lanza vergriffen sich an den famosen Elektronikstücken und kleideten sie in eine ganz neue Klangwelt. Ein buntes, träumerisches Vergnügen, dass die Wartezeit auf Caribou live erheblich verkürzt. Ohne Bewertung
June Cocó - Métamorphoses
Singer/Songwriter-Grandezza und Partydisco passen manchmal besser zusammen als man glaubt. So hat Stefanie Stieglmaier aka June Cocó, musikalisch versierte Wahl-Berlinerin, den Titelsong ihrer französischen Musikerfreunde Ravages von der Tanzfläche ins stille Kämmerchen geholt, während diese mit ihrem Track „Heavy Heart“ in die umgekehrte Richtung gingen. Damit war das Grobkonzept von „Métamorphoses“ geboren, denn June lässt ihre Songs von anderen, befreundeten Künstlern „reworken“ und gibt den Songpreziosen damit einen neuen Anstrich. So verarbeiten sich Künstlerinnen an Songs ihres letzten Studioalbums „Fantasies & Fine Lines“ und reanimieren sie in gewisser Weise neu. Das ist spannend, tanzbar, melancholisch und eindrucksvoll zugleich. Eine echte Perle abseits des breiten Mainstreams. 8/10 Kronen
Conan - Live At Freak Valley
Manchmal gibt es in der Musikwelt einfach das wortwörtlich perfekte „Perfect Match“. Etwa wenn die britische Stoner-Rock-Institution beim (coronabedingt bisher letzten) „Freak Valley Festival“ 2019 die Bühne entert. Obwohl dort eher die frohe Klangkunde die Runde macht, haben Chris Fielding, Jon Davis und Co. einmal mehr für ein markerschütterndes Happening gesorgt. Die sludgig-schwere Hitdichte ist extrem groß gehalten. Vom pulsierenden „Gravity Chasm“ über den Brecher „Throne Of Fire“ bis hin zum walzenden „Total Conquest“ haben die Jungs alles aufgeboten, was Fans an und von ihnen lieben. Im Direktvergleich zu anderen Stoner-Bands härten Conan durch ihre Doom- und Death-Metal-Versatzstücke wesentlich prägnanter. Macht Lust auf live! Ohne Bewertung
The Crown - Royal Destroyer
Mit leichter Covid-Verspätung kommen die Schweden Prügelbolde The Crown ums Eck und die für Feinjustierungen genutzte Wartezeit hat sich auf jeden Fall ausgenutzt. Auch wenn das 30-Jahre-Bandjubiläum ins Wasser fiel, mit „Royal Destroyer“ liefern Marko Tervonen und Co. nach ein paar schwächelnden Jahren schon das zweite Mal souverän ab. Ein wild wuchernder Hassbrocken aus sehr viel Thrash Metal, nicht viel weniger Death Metal und genau der richtigen Kante Melodic-Death, ohne zu seifig zu werden. An eine Göttergabe wie das Millenniumsmeisterwerk „Deathrace King“ kommen zwar nicht mehr ran, aber „Royal Destroyer“ positioniert sich mit Songs wie „Let The Hammering Begin!“, dem Kracher „Ultra Faust“ oder dem genial betitelten „Scandinavian Satan“ mühelos an der Genre-Front. Und der epische Closer „Beyond The Frail“ sägt durch die Schädeldecke. The Crown bleiben in ihrer Crust-Punk-metallischen Art und Weise stark und einzigartig. 7,5/10 Kronen
Dollar Signs - Hearts Of Gold
Punkrock-Fans kennen das North-Carolina-Kollektiv Dollar Signs in erster Linie als spaßige Suffband, die sich behände zwischen unterschiedlichen Genres ausbreitet, auf ihrem Drittwerk versuchen es Frontmann Erik Button und Co. aber einmal von einer ernsthafteren Seite. „Hearts Of Gold“ dreht sich im Großen und Ganzen um die Notwendigkeit, sich im Leben manchmal radikal zu verändern und kreuzt nicht nur zwischenmenschliche Themen wie Liebe und Beziehungen, sondern geht auch aktiv auf Depressionen und ihre Folgen für die Umwelt ein. Das alles verpackt das Quintett mal in Ska-Punk, mal in Punkrock- und selten auch in Hip-Hop-angelehnte Songs. Zu den Großen des Genres fehlt es nach wie vor am zwingenden Songwriting und die Mitschrei-Refrains passen auch nicht immer zu den ernsten Themen. Nette Sache, aber kein Pflichtkauf. 5,5/10 Kronen
Driftmachine - Spume & Recollection
Zum 15. Labelgeburtstag von Umor-Rex spenden ihnen die Berliner Elektronik-Veteranen Driftmachine das perfekte Geschenk: das sechste Studioalbum. „Spume & Recollection“ ist einmal mehr feinster elektronischer Dub-Sound mit Industrial-Einlagen, der sich labyrinthartig in den Gehörgängen festsetzt und mit der Mischung aus pumpendem Bass, fein ziselierter Percussion und zersetzten Melodien für ein fast mathematisches Hörvergnügen sorgt. Hypnotisch wabern die Beats in die Gehörgänge und lassen uns verzweifelt nach Clubs flehen, während wir uns zuckend ins Stroboskop imaginieren. Im Direktvergleich zu früheren Alben wie „Nocturnes“ oder „Colliding Contours“ wirken Andreas Gerth und Florian Zimmer fast schon zugänglich. Von Ausverkauf ist man freilich noch weit entfernt - gut so. 7/10 Kronen
Dzihan & Kamien - IV
Die jungen Musikfans werden mit Dzihan & Kamien vielleicht nicht mehr viel anfangen, aber das dahinterstehende Wiener Duo Vlado Dzihan und Mario Kamien war mit der 1996er Single „Der Bauch“ und den ersten Alben rund ums Millennium dafür verantwortlich, dass die Wiener Downbeat-Szene auch internationale Clubs beflügelte. Vor gut zehn Jahren war aufgrund anderer Projekte leider Schluss, doch das Comeback „IV“ schließt durchaus fein an die alten Zeiten an und vermengt den Sound von damals mit zeitgemäßer Klangästhetik. Dzihan werkte mit dem Segen von Kamien alleine an den Songs und holte sich für die mal im New-Jazz, mal im Downbeat und mal im Hip-Hop mäandernden Songs Verstärkung von Szenehighlights wie Konea Ra, Zadi oder Spoken-Word-Größe Jahson The Scientist. Ein mehr als wertiges Comeback, das Lust auf viel mehr macht! 8/10 Kronen
Eisbrecher - Liebe macht Monster
Wenn der Augsburger Alexx Wesselsky nicht mal wieder „Goldtimer“ auf DMAX präsentiert, dann hat er immer wieder mal Zeit für seine Band Eisbrecher. Das letzte Studioalbum liegt auch schon wieder knapp vier Jahre zurück, ob seiner TV-Omnipräsenz fällt die Abwesenheit seiner Band außerhalb der Hardcore-Fans aber wohl weniger auf als bei anderen Künstlern. „Liebe macht Monster“ bleibt natürlich in der Eisbrecherschen Erfolgskerbe zwischen Rammstein-Gestus, der so verhassten Neuen Deutschen Härte und stampfenden Electro-Rock mit dicker Hose. Die durchaus sozial- und systemkritischen Texte sind dabei ausgefeilter als Band-Hater den Münchnern gemeinhin gerne zusprechen. Für die Fans ein Festmahl, für Interessante an harter Deutschkost ebenfalls. Eisbrecher mag man oder nicht, aber „Liebe macht Monster“ ist ein mehr als solides Werk. 6,5/10 Kronen
Enforced - Kill Grid
Einmal so richtig auf die Scheiße hauen - das ist genau das, was Enforced auf ihrem Zweitwerk „Kill Grid“ machen. Mit ihrem famosen Thrash-Metal-Debüt „At The Walls“ vor zwei Jahren haben sich die Jungspunde aus Richmond in Virginia einen Vertrag bei Century Media ausgehandelt und legen nun mit weltweiter Promotion nach. Neben den landesüblichen Thrash-Salven wissen Enforced auch mit einer kräftigen Hardcore-Kante aufzuwarten und scheuen sich auch nicht vor leichten Death-Metal-Einsprengseln. Das ergibt ein Crossover-Gebräu, wie es irgendwo zwischen den fulminanten Power Trip, den auch diese Woche releasenden The Crown und den Old-School-Wüterichen von Exhorder zu verorten ist. Ein akustischer Gewaltmarsch, der Lust auf mehr macht. Fetzt! 7,5/10 Kronen
Eyehategod - A History Of Nomadic Behaviour
Es gibt Bands, die kann man nur in der richtigen Stimmung hören. Dazu gehören etwa die New-Orleans-Sludge-Veteranen von Eyehategod, die als Paradebeispiel für schleppenden, rotzigen und bassdröhnenden - ähm - Sludge Metal gelten. Ihr selbstbetiteltes Meisterwerk ist schon wieder sieben Jahre her und dass sich „A History Of Nomadic Behaviour“ nur schwer daran messen wird können, war klar. Doch die hoch hängenden Früchte sind nicht unerreichbar, das zeigen durchdringende Songs wie „The Outer Banks“ oder „Anemic Robotic“, der sich so tief in die Gehörgänge wühlt, dass er von dort gar nie mehr raus geht. Ein Wunder und Glück, dass Frontmann Mike Williams seine Eskapaden schon knapp 53 Jahre überlebt hat und uns nach wie vor Musik liefert. Eyehategod bleiben im Bereich des Asi-Stoner-Sludge nämlich eine Benchmark. 7,5/10 Kronen
Selena Gomez - Revelación EP
Der Klatschspaltenanteil von Selena Gomez war in den letzten Jahren höher als der musikalische, aber das ewige Wiederheraufbeschwören ihrer längst vergangenen Beziehung mit Justin Bieber sollte jetzt vorbei sein. In der Quarantäne hat sie ihre partiell guten Fertigkeiten in Spanisch noch einmal ordentlich aufpoliert und veröffentlicht mit „Revelación“ ihre erste EP in dieser Sprache - und ja, es steht ihr mehr als gut. Der Quasi-Nachfolger ihres starken 2020er-Albums „Rare“ überzeugt mit warmen Tönen und viel Herzhaftigkeit. Das südländische Timbre passt perfekt zu den smoothen Tracks und zeigt, dass die mittlerweile 28-Jährige auch relativ mühelos eine Art Zweitkarriere starten könnte - was sie vielleicht auch tut. Man kann es nur gutheißen. Ohne Bewertung
Gossenboss mit Zett - No Future
Wer sich ganz sicher allen gängigen Trends im Deutschrap verschließen will, der ist bei Gossenboss mit Zett auch weiterhin richtig. Der Dresdner verweigert sich Trap-Beats und sinnentleerten Hedonismus-Texten und zeigt auch auf seinem neuen Werk „No Future“, dass man mit guten Texten, sozialkritischen Botschaften und guten Rhymes noch immer am besten fährt. Bei „Angst“ disst er die verängstigten Rechtsradikalen, „Papa ist zurück“ ist eine Ode an die Zeit mit dem Kind am Spielplatz und auch „Combo“ oder „Bleibt wie es ist“ sind Alltagshymnen, die du und ich verstehen. Dazu gibt es Features von Danger Dan, Kollege Hartmann und Co. In punkto Gesellschaftsbeobachtung und stimmigem Rap bleibt der Ostdeutsche on top. Ein starkes Teil. 7,5/10 Kronen
The Horrors - Lout EP
Wow, die Zeit vergeht. Das letzte Studioalbum der Briten The Horrors liegt auch schon wieder mehr als drei Jahre zurück. Das nächste scheint schon ante portas zu stehen, denn das gerade einmal drei starke dünne „Lout“ kann nicht mehr als ein erster Appetizer auf kommende Taten sein. Doch die Überraschung ist der Truppe gelungen, denn so hart und nah am Heavy Metal zeigten sich die Garage-Rocker noch nie. Schon im Titeltrack geht die Post ab und man zitiert aus dem krachenden Nu-Metal-Lehrbuch rund um Korn und Frontmann Faris Badwan wagt sich am Ende gar an einen Corey-Taylor-Sprechgesang. Weiter geht’s mit verquerem Industrial-Schick und nach nur wenigen Minuten ist die Freude leider auch schon vorbei. Für das Studioalbum kündigt man ein deutliches Anziehen der Schrauben an. Wir sind gespannt. Ohne Bewertung
Gary Hughes - Waterside
Mit den Hard-Rockern Ten ist die britische Samtstimme Gary Hughes vor allem in seiner Heimat Großbritannien seit jeher extrem erfolgreich, doch der 56-Jährige ist auch solo aktiv. Das letzte Album liegt - wohl aufgrund der Verpflichtung bei der Stammband - aber schon 14 Jahre zurück, so kommt „Waterside“ für die Hughes-Fans doch etwas überraschend. Wie immer geht Hughes solo noch etwas sanfter und melodischer vor und in einem Song wie dem überlangen „Lay Down“ findet er auch seine Liebe zum Soul mit leichten Gospel-Einflüssen. Getragen werden die 80s-lastigen Kompositionen freilich von seiner eindrucksvollen Stimme. Ein zeitloses, aber auch irgendwie sehr obsoletes Werk, was ja nicht schlecht ist. Old School to the bone. 7/10 Kronen
Issa - Queen Of Broken Hearts
Wenn man sich in der weiten Welt des Rocklabels Frontiers Records befindet, dann ist man vor allem sehr italienisch unterwegs. So etwa auch die oft als norwegische „Rock-Queen“ bezeichnete Sängerin Issa, die auf ihrem neuen Solo-Output „Queen Of Broken Hearts“ (was für ein programmatischer Titel) gleich mal eine ganze Riege an testosterongesteuerten Italo-Instrumentalartisten zur Seite gestellt bekommen hat. Wie so oft verpuffen auch auf diesem Werk die besten Songs schnell und Albumhälfte zwei wird mit Fortdauer redundant und medioker. Songs wie „Angels Calling“, das Gitarrensolo-verstärkte „The Way Out“ oder „Blue“ haken sich aber gut in den Gehörgängen fest. Die Zielgruppe ist gewarnt und hat die Ohren gespitzt. 6,5/10 Kronen
Nick Jonas - Spaceman
Fünf Jahre nach seinem letzten Soloalbum und knapp zwei Jahre nach dem groß gefeierten Comeback der Jonas Brothers versucht es Familienmitglied Nick wieder einmal solo. „Spaceman“ ist ein in allen Belangen stringentes Corona-Album, das in der Quarantäne eingespielt wurde und sich inhaltlich mit all den Unsicherheiten, Ängsten und Nachteilen, die diese Zeit so mit sich bringt befasst. Das ist weder besonders neu noch sonderlich zeitgemäß, denn die besten Corona-Alben wurden wohl schon geschrieben. „Spaceman“ versucht trotz der sogenannten „Intimität“ die große Pop-Geste und kupfert dabei vor allem bei The 1975 ab, die wiederum reichhaltig aus der Pop-Historie schöpfen. Zweimal kopiert ist doch mindestens einmal zu viel - und die Songs sind zwar leichtfüßig, aber auch beliebig und unnötig. Damit reißt man im heutigen Pop-Game keine Bäume aus. 5/10 Kronen
Valerie June - The Moon And The Stars: Prescriptions For Dreamers
Nicht dass sie es aufgrund ihrer musikalischen Fertigkeiten brauchen würde, aber ins breitere Rampenlicht rückte Valerie June mit ihrem 2017er Zweitwerk „The Order Of Time“ vor allem deshalb, weil es Bob Dylan himself als eines seiner absoluten Lieblingswerke auserkor. Wer eine derart schwere Krone aufgesetzt bekommt, der muss sich für den Nachfolger schon mal ordentlich Zeit lassen. „The Moon And The Stars: Prescriptions For Dreamers“ mäandert zwischen New Orleans und Nashville, zwischen R&B und Soul, zwischen melodischem Jazz und buddhistischen Zen-Rhythmen, zwischen Country-Gospel und Roots-Music. Darüber thront stets die Stimmgewalt der 39-Jährigen, die verzaubert, fordert und erstaunt zugleich. Ein Meisterwerk der handgemachten, herzhaften Musik und eine Perle, die nachhaltig wirkt. 8,5/10 Kronen
Chez Kane - Chez Kane
Von der Drei-Schwestern-Band Kane’d hat man hierzulande relativ wenig gehört, aber drüben auf der Insel konnte man in Rockkreisen durchaus für Aufregung sorgen. Die talentierteste unter ihnen war wohl Chez, denn die Waliserin wurde von Crazy Lixx-Musiker Danny Rexon schnell für ein Soloalbum herausgepickt, was wohl eher ungewisse Folgen für die Band haben könnte. Der Waliserin wird das vorerst egal sein, denn auch wenn ihr die Reibeisenstimme von Landsfrau Bonnie Tyler fehlt, ist die in den 90ern geborene Künstlerin musikalisch ganz in den 80ern gefestigt. Die Hymnenlastigkeit ist hoch, die Riffs passen und die Stimme thront - alles, was man braucht. Nur halt 30-40 Jahre zu spät. Aber das stört ja nicht, denn der Trend könnte sich auch wieder dahin verschieben. 7/10 Kronen
Charles Lloyd - Tone Poem
82 stolze Jahre hat der kultige Jazz-Saxofonist Charles Lloyd mittlerweile am Buckel, zeigt sich aber immer noch in absoluter Bestform und veröffentlicht dieser Tage sein drittes Album mit den Marvels. Das Piano wird in diesem Outfit bewusst zur Seite gestellt, um in den ergiebigen Jazz-Produktionen anderen Instrumenten den Vortritt zu lassen. Immer fein im bewussten Zwiespalt zwischen Blues- und Folk-Zitaten musizieren sich die Könner (dazu noch Gitarrist Bill Frisell, Pedal-Steel-Gitarrist Greg Leisz, Bassist Rueben Rogers und Drummer Eric Harland) durch Eigenkompositionen und Coverversionen, die sie sich schlussendlich zu eigen machen. Ein zeitloses und herzhaftes Werk, dass Lloyds persönliche Note klar ins Zentrum stellt und den Künstler im Rentenalter noch einmal verdient ins Rampenlicht stellt. 7,5/10 Kronen
Marianas Rest - Fata Morgana
Auch den nur sehr selten geschmackssicheren Eisenerzern von Napalm Records rutscht immer wieder mal eine durchaus gute und verfolgenswerte Band in den Roster - seien wir froh darüber. Die Finnen von Marianas Rest beenden mit „Fata Morgana“ eine auf mehr als fünf Jahre aufgebaute Album-Trilogie und hinterlässt dabei nichts als Verzweiflung und Ratlosigkeit. Das klingt hart, ist aber auch dem angeborenen Sound der Nordländer geschuldet, die sich mit großer Liebe im symphonischen Doom Metal suhlen und Melodie und große Geste als Hauptattribut ihrer Kunst verstehen. Zerbrechlichkeit und Opulenz reichen sich die Hand und die kompositorische Nähe zu den starken Swallow The Sun lässt sich nicht wegleugnen. Ein zäher, schwerer Brocken, der sich aber lohnt. 7/10 Kronen
Israel Nash - Topaz
Die gleichnamige EP hat im Frühwinter 2020 schon angekündigt, dass hier Großes auf uns zukommen würde. „Topaz“, nun endlich auch als Full-Length am Markt, ist tatsächlich das bisherige Masterpiece des Vollblutmusikers Israel Nash. Erstmals arbeitete der Songwriter alleine an einem Album und besorgte sich partielle Hilfe nur virtuell aus Austin. Nash selbst schraubte in Texas an „Topaz“ und erschuf eine einzigartige Gemengelage aus Südstaaten-Folk, Country, Americana, Psychedelic und Gospelchören, die zu keiner Zeit eklektisch oder zu gewollt wirkt. Alles kann, nichts muss und die zur Schau gestellte Großspurigkeit ist von so demütiger Ehrlichkeit, dass man selbst als Feind von Pomp und Glanz offen und staunend zuhört. Ein akustischer Festschmaus der handgemachten Lebensfreude. 8/10 Kronen
Víkingur Ólafsson - Reworks
Dem Isländer Víkingur Ólafsson wurden Liebe und Talent zur Klassik schon in die Wiege gelegt. Der heute 37-Jährige arbeitet sich schon seit seiner Kindheit daran ab und reüssiert als Pianist zwischen New York und Reykjavik - sofern das pandemisch möglich ist. Nach den erfolgreichen Reworks von Bach haben sich Label und Künstler nun dafür entschieden, das Debussy-Rameau-Album zu begleiten. In der Compilation gibt es Neuinterpretationen, Originalkompositionen und unveröffentlichte Songs genauso wie die Mitarbeit von kundigen Künstlern wie Helgi Jonsson, Hania Rani, Balmorhea oder Hugar. Ein sanftes Klangvergnügen für den niveauvollen Abend bei einem edlen Glas Wein. Eine sanfte Brise Hochkultur, die intensiv wirkt. Ohne Bewertung
Orden Ogan - Final Days
25 Jahre Bestehen feiern die aus Nordrhein-Westfalen stammenden Power Metaller von Orden Ogan bereits und zelebrieren dieses doch beachtliche Jubiläum der prekären Livesituation zum Trotz mit einem brandneuen Studioalbum. Dreieinhalb Jahre nach „Gunmen“ ziehen Frontmann Seeb und Co. die Schraube noch einmal an und werden auf dem dystopischen „Final Days“ alle Fans der hymnischen Metalkost zu befriedigen wissen. Dass man sich mit Songs wie „Heart Of The Android“, „In The Dawn Of The AI“ oder „Black Hole“ bewusst vom genreüblichen Drachenerschlagen löst ist gut, auch elektronische Klangelemente wie in „Inferno“ und die sichtbare Motivation bei den neupositionierten Gitarristen und Bassisten sitzt hier. „Final Days“ ist starke Genre-Kost, die auch über den Tellerrand hinausblickt. 7/10 Kronen
The Paper Kites - Roses
Der Wandel vom Duo zum Quintett ging bei den Australiern von The Paper Kites über die Jahre genauso unauffällig vonstatten wie die Wandlung vom erdigen Folk-Rock zum verträumten Indie-Pop. Mit „On The Corner Where You Live“ hat Frontmann Sam Bentley die Fragilität und Zartheit seiner Kompositionen vor drei Jahren bis ins Letzte ausgereizt und es war irgendwie vorhersehbar, dass das nächste Werk anders laufen müsste. „Roses“ besteht nun aus zehn Songs, die er zehn unterschiedlichen Sängerinnen auf den Leib geschrieben hat. Von bekannten Größen wie Julia Stone oder Lucy Rose über aufstrebende Youngsters wie Nadia Reid bis hin zu eher undergroundigen Namen wie Rosie Carney oder Lydia Cole. Die Duette sind natürlich trotzdem emotional und introvertiert, was „Roses“ zu einem weiteren Glanzstück in der feinen Karriere der Paper Kites gedeihen lässt. 8/10 Kronen
Pet Needs - Fractured Party Music
Hinter dem eigenwilligen Bandnamen Pet Needs stecken die beiden Brüder Johnny und George Marriott aus den britischen Midlands, die ihre Bands ursprünglich aus einer Mischung aus Jobnot und Langeweile gegründeten. Doch die Musikhistorie sagt uns - daraus sind vor allem aus England schon oft edle Perlen erwachsen. Nach zahlreichen Liveauftritten im Vorprogramm von Bands wie Maximo Park, PIL oder den Buzzbocks war es im faden Pandemiejahr nun Zeit für das Debütalbum - und Szene-Leader Frank Turner besorgte gleich Mixing und Mastering. Die Songs auf „Fractured Party Music“ sind grob natürlich dem Punkrock zuzuordnen, scheren aber auch immer in den Alternative-Rock und Punk-Pop-Bereich aus. Für Folk-Sentimentalitäten bleibt kaum Platz, aber die Songs wirken auch ein bisschen unausgegoren und hektisch. Punkrock made in 2020 eben. 6/10 Kronen
Stephanie Poetri - AM:PM EP
Mit ihrer Single „I Love You 3000“ hat sich Stephanie Poetri 2019 innerhalb kürzester Zeit von einem Nobody zu einem der interessantesten Popstars der Zukunft entwickelt. Da wurden nicht nur Fans, sondern auch Plattenfirmen aufmerksam und buhlten um die Gunst der sympathischen Sängerin. Während die halb Indonesierin ihre Quarantäne in Jakarta verbrachte arbeitete sie an dieser EP, wo sie die Songs in „AM“ (Tag) und „PM“ (Nacht) unterteilt. Doch nicht nur die Songwritingsessions teilten sich auf, auch die Vibes der Songs unterscheiden sich in eine hellere und dunklere Seite. So unterteilen sich die Songs im Großen und Ganzen in dunkle R&B- und hellere Pop-Tracks und mit Songs wie „IRL“ oder „Selfish“ kann der Sprung auf die große Popbühne schnell gelingen. Augen und Ohren aufhalten - da rollt was auf uns zu. Ohne Bewertung
Pupil Slicer - Mirrors
Was ist eigentlich mit dem einst so florierenden Subgenre Mathcore passiert? Im verschrobenen Bereich passiert seit dem traurigen Exitus von The Dillinger Escape Plan nur mehr im tiefsten Underground wirklich viel. Da tut es gut, dass sich eine Band wie Pupil Slicer breitbeinig platziert, um mit der handelsüblichen Mischung aus Geschrei und Gekeife, flirrenden Fretless-Gitarren und dissonantem Drumming ein Statement zu setzen. Manche Songs rauschen einfach nur eruptiv durch die Gehörgänge, andere sägen an ihren, wiederum andere setzen sich spinnenbeinartig fest. Ein derartig kompromissloser und durchdringender Hassbatzen sollte in Zeiten wie diesen viel öfter zum Vorschein treten. Geiles Teil! 7,5/10 Kronen
Red Eye Temple - Vortex
Prinzipiell ist es immer angenehm, wenn sich die Band im Rock- und Metalsektor die Mühe machen über den Tellerrand hinauszublicken und auch eher ungewöhnliche Themen anzunehmen. Das taten etwa die Wiener Power Metaller Dragony mit „Viribus Unitis“ und da schließt sich die Klammer zu Red Eye Temple, denn Dragony-Frontmann Siegi Samer leiht der russisch-österreichischen Progressive-Combo im Song „Patterns“ seine Goldstimme. Hier werden tiefenpsychologische Studien von Carl Gustav Jung und metaphysische Aspekte von Religion und Philosophie in ein Rockkleid gekleidet, das sich auch gerne am Grunge- und Alternative-Sektor orientiert. Das gibt den Songs den nötigen Schwung und sollte - beten wir dafür - auch bald live für Spaß sorgen. 6/10 Kronen
Saga - Symmetry
Eine der wichtigsten Eckpfeiler einer Progressive-Rock-Band ist freilich das instrumentale Brimborium. Ausladende, epische Kompositionen, breite Keyboard-Flächen, flirrende E-Gitarre und pumpende Synthesizer. Doch was passiert, wenn man auf all das verzichtet? Diesen Gedanken stellten sich die kanadischen Kult-Progger Saga und haben das für dieses Genre fast Undenkbare umgesetzt - ein akustisches Unplugged-Album. Für „Symmetry“ haben die gediegenen Herren zwölf Songs aus ihrer reichhaltigen Historie erwählt und sie mit feinen Instrumenten wie Geige, Klavier, Cello oder Banjo bestückt. Der Vorteil: die edle Stimme von Michael Sadler rückt noch klarer in den Vordergrund. Der Nachteil: trotz der sehr bemühten Umsetzung fehlt es den legendären Songs halt doch am nötigen „Fleisch“. Mut gehört aber belohnt und den beweisen Saga allemal. Ohne Bewertung
Myles Sanko - Memories Of Love
Zugegeben - das Wiener B72 ist jetzt nicht unbedingt die größte Location, doch als Myles Sanko vor knapp vier Jahren im feinen weißen Zwirn auf der kleinen Bühne für Furore sorgte, war das gut gefüllte Gürtel-Beisl zurecht enthusiasmiert. Während der Strahlemann live gerne in den tanzbaren Soultopf greift, zeigt er sich auf Platte deutlich stärker dem Jazz zugetan. Für „Memories Of Love“ hat er sich fast fünf Jahre Zeit gelassen und zeigt sich so persönlich und authentisch wie nie zuvor. Es gibt ausreichend Platz für ausladende Arrangements und für üppige Bläsersätze und über allem thront Sankos unvergleichliche, stets hoffnungsfrohe Stimme, die jede Pandemie mühelos wegwischt. „Memories Of Love“ ist pure Lebensfreude und eine Ode an den Positivismus. Man wünscht dem Soul-Poeten auf jeden Fall auch weiterhin viel Erfolg. 7,5/10 Kronen
Schorl3 - Sprudelpop EP
Wie würde der Deutsche euphorisch anmerken: mein lieber Scholli! Solche oder ähnliche Gedanken dringen durch die Hirnwände, wenn man sich das erst 2020 gegründete, taufrische Projekt Schorl3 gibt. „Sprudelpop“ ist nicht nur ein endgeiler EP-Titel, sondern auch programmatisch für das Songmaterial. Hier zischt und spritzt eh vor Spielfreude und die drei engagierten Hamburger fürchten sich Generation-Z-like nicht davor, Electropop, Indie-Chic, R&B und Funk mit partieller Cro-Tonation zu einem großen Gebräu der frühlingshaften Klangfreude zu vermischen. Schorl3 sind mit diesem famosen Einstand schuld daran, dass man die zwei essentiellen Lebenserhalter Frühling und Disco-Tanzfläche gleichzeitig schwer vermisst. Bitte mehr davon. Ohne Bewertung
Secret Sphere - Lifeblood
Wenn es um symphonischen „European Metal“ geht, rollen sich beim einen die Zehennägel auf, während andere freudig mit der Zunge schnalzen. Secret Sphere sind in diesen hochmelodischen Sphären schon seit 25 Jahren sehr erfolgreich unterwegs und haben für das Jubiläumsalbum „Lifeblood“ auch Ur-Sänger Roberto Messina rückrekrutiert. An der Rezeptur hat sich indes wenig geändert. Hoher Gesang, flirrende Soli, dicker Soundbombast und wallende Mähnen, wie man sie zu Whitesnake- und Nitro-Hochzeiten bewundern konnte - und das alles natürlich mit dem Kitsch, der italienischen Metallern angeboren scheint. Auf Langstrecke aber auch recht mühsam… 5/10 Kronen
Sleepless - Blood Libel EP
Allertiefster Underground-Alarm herrscht bei vorliegender EP. Hinter dem Terminus Sleepless verstecken sich kundige Metal-Musiker der 80er-US-Band Dead Conspiracy. Die sind zwar nie über die C-Liga rausgekommen, aber der Begriff „Kult“ wird ja heute inflationär gezückt. „Blood Libel“ ist ein interessanter und etwas obskurer Bastard aus hohen Heavy-Metal-Schreien, schneidenden Thrash-Metal-Riffs und partiellen Death-Stampfern. Sehr eigenartig und auch nicht einfach zu verarbeiten, obwohl die Produktion von Kevin Hahn über alle Zweifel erhaben ist. Eine interessante Mixtur ohne Grenzen und Zuordnung, aber gerade deshalb durchaus interessant. Weiter beobachten. Ohne Bewertung
Starmen - By The Grace Of Rock’n’Roll
Also hier wird man schneller in die Irre geleitet als man „ja“ sagen kann. Starmen ist der Bandname, „By The Grace Of Rock’n’Roll“ der Albumtitel und auf dem Album-Cover tummeln sich vier beschmierte Schweden, die den großen KISS beim schnellen Hinschauen zum Verwechseln ähneln. Ob das marketingtechnisch so klug ist, wenn man eigentlich eigenständigen Melodic-Rock mit Hang zum AOR macht? Oder vielleicht ja auch bewusst so geplant, um gleich einmal Eyecatcher zu sein. Das hat man natürlich auch notwendig, wenn man musikalisch doch beliebig ist. Keinesfalls schlecht! So viel sei gesagt, aber mit dem hier vorliegenden Werk voller Soli, Tremolo-Picks und breitbeiniger Riffkaskaden kommt man über die Frontiers-Records-Zielgruppe normal nicht weit hinaus. Aber nochmal zur Sicherheit: das ist keine KISS-Coverband! 6,5/10 Kronen
Sulphurous - Encircling Darkness EP
Manchmal reicht eine kurze Eruption für ein prägnantes Statement eindeutig aus. So ist das bei den Dänen von Sulphurous, deren Vinyl-EP „Encircling Darkness“ nur aus zwei Songs besteht, dabei aber mit Feuereifer Tod und Verwesung über das brachliegende Flachland bringt. In Kopenhagen gibt es eine beachtliche Szene an derben Wüterichen und da passen die zwei langhaarigen Herren perfekt rein. Durch die relativ schäbige Produktion und die rollende Spielweise lässt sich das Gespann weder mit den Kollegen aus den USA, noch der Schweden-Fraktion wirklich vergleichen, was natürlich als Kompliment gesehen werden muss. Da steigt die Vorfreude auf die zweite Full-Length immens. Ohne Bewertung
Sunstorm - Afterlife
Castingbands gibt es auch im Metal - man denke etwa an die durchaus erfolgreichen Autokino-Symphonic-Metaller Beyond The Black aus Deutschland. Frontiers-Chef Serafino Perugino hat vor etwa 15 Jahren Sunstorm ins Leben gerufen, um seinem Kumpel und Rock-Stimmwunder Joe Lynn Turner eine Plattform für seine Sangeskunst zu bieten. Der ist skurrilerweise nicht mehr an Bord, hat seine Staffel aber den „Jung-Dio“ Ronnie Romero übergeben, der natürlich auch auf „Afterlife“ wieder mit sensationellen Leistungen reüssiert. Den technisch einwandfreien, aber inhaltlich doch arg platten Kompositionen gibt er genau den Kick, der Sunstorm doch vom Gros des Genres hervorhebt. Eine feine Hard-Rock-Platte, die an Innovationen aber nicht mal interessiert ist. Wen das nicht stört, der wird sich hier wohlfühlen. 7/10 Kronen
Thunder - All The Right Noises
Das 2011er Comeback der Londoner Hard-/Blues-Rocker Thunder war eines der wertvolleren der letzten Jahre, denn seit Danny Bowes und Co. wieder zusammen musizieren, wirken sie noch besser, frischer und kreativer als zu ihren frühen Hochzeiten Anfang der 90er-Jahre. Woher dieser Schwall kommt ist unklar, aber wir können uns jedenfalls darüber freuen, denn auch „All The Right Noises“ wird jeden Liebhaber der traditionellen Stromgitarre bis ins Mark verzücken. Schon das Anti-Brexit-Eingangsstatement „Last One Out Turn Off The Lights“ rockt bis in die Knochen, das Bon-Jovi-eske, akustische Westernlied „The Smoking Gun“ lässt Bowes‘ famose Stimme leuchten und selbst ein Powerchord-Stampfer wie „Going To Sin City“ macht unaufhaltsam Spaß und rockt mit unbändiger Freude drauflos. Leider - es ist die falsche Ära für diese großartige Band. 7,5/10 Kronen
Turbulence - Frontal
Metalbands aus dem fernen Osten sind durch diverse Dokumentationen und Liveauftritte hierzulande längst nicht mehr so unbekannt, aber einen gewissen Exotenbonus muss man talentierten Musikern aus Metal-fernen Ländern nach wie vor attestierten. Turbulence sind eine seit 2013 existierende Band aus dem Libanon, die wirklich viel geübt hat, denn „Frontal“ ist ein nachdenklicher, elegischer und soundtechnischer so perfekte Brocken Progressive Metal, dass man sich vor den Großen aus Europa oder Amerika keinesfalls verstecken muss. Die Songs sind wie eine Achterbahnfahrt durch unterschiedlichste Stimmungen und langweilen trotz ihrer Überlänge nie. Turbulence sei viel Aufmerksamkeit gegönnt - sie haben sie definitiv verdient! 7,5/10 Kronen
The Underground Youth - The Falling
Kenner und Schätzer der dunklen Soundkünste wissen - The Underground Youth wären absolut legitime Zöglinge des großen Nick Cave. Doch nicht nur das, denn wo Gottvater Cave seit Jahren eher in sanften Gewässern schippert machen auch die Briten mit Wahlheimat Berlin keinen Hehl daraus, lieber für Atmosphäre denn für akustische Durchschlagskraft zu sorgen. Doch freilich finden sich auch The Sisters Of Mercy oder Jesus And The Mary Chain im lederjackenbehangenen Klangkorsett der talentierten Manchester-Lads. Die Songs befinden sich zwischen Gothic-Country-Blues und dunklem Singer/Songwriter-Chic. Ein Festmahl für Kajalträger und Kuttenfetischisten mit Robert-Smith-Frisur. Und wir alle wissen - das passt! 7,5/10 Kronen
White Void - Anti
Eine sehr interessante „All-Star-Band“ hat sich im hohen Norwegen formiert, um die geplagten Hörerohren mit etwas möglichst Neuem zu überraschen. White Void ist das Brainchild von Solefald- und Borknagar-Musiker Lars Are Nedland, der mit dem Jazz-Gitarristen Eivind Marum, Ihsahn-Drummer Tobias Solbakk und Electro-Produzent Vegard Kummen auch Mitstreiter aus den diversesten Genre-Ecken für sein Projekt rekrutiert hat. Heraus kommt dabei 70s-lastiger Electro-Rock mit sanften Metal-Anschlägen, der in Songs wie „There Is No Freedom But The End“ oder „All Chains Rust, All Men Die“ oft nach den Millionensellern von Ghost klingt. Durch die Psych-Pop-, New-Wave- und Okkult-Einschläge verkommen die Skandinavier aber nicht zu Kopisten, sondern überzeugen mit eigenem Geschmack. Interessant und weiterverfolgenswert! 7/10 Kronen
Yawning Man - Live At Maximum Festival (Reissue)
Gleich einmal vorweg - hier gibt es nichts Neues für Fans der bereits 1986 gegründeten Desert-Rock-Legende. „Live At Maximum Festival“ haben den Mitschnitt aus dem Jahr 2013 schon 2015 veröffentlicht, bringen das knapp 45-minütige Wüstenfeeling mit staubtrockenen Riffs aber nun noch einmal auf frischem Vinyl in den Umlauf. Die rein instrumentale Show begeisterte vor allem durch eine ungemein tighte Rhythmussektion und eine fast schon hypnotisierende Instrumentalwirkung. Wie eine imaginäre Reise quer durch die Westküste mutet das feine Gespiele hier an, bei dem sich auch noch Kyuss-Schlagzeuger-Legende Alfredo Hernandez bemerkbar machte. Sonderbarer Veröffentlichungszeitpunkt, aber zeitlos feines Material! Ohne Bewertung
Rob Zombie - The Lunar Injection Kool Aid Eclipse Conspiracy
Das Label hat das neue Album von Rob Zombie im Vorfeld versteckt und geheim gehalten wie das Bernsteinzimmer. Im Nachhinein denkt man sich unweigerlich - weshalb? Der Hillbilly-Waldschrat aus den USA hatte nach fünf Jahren wieder Lust auf Musik und sich für „The Lunar Injection Kool Aid Conspiracy“ einmal aus dem Horror-Regiestuhl gefläzt. Die Songs folgen dem Erfolgsschema der Vergangenheit, wirken im Direktvergleich mit den Vorgängern in sich aber wieder geschlossener und zugänglicher. Die Mischung aus (darf man den überhaupt noch nennen?) Marilyn-Manson-Gespenstatmosphäre, Industrial, Metal, Bluegrass und Redneck-Chic geht samt extraterrestrischen Horrorthemen geht für die richtige Zielgruppe immer noch gut auf. Aber von seinen Glanzzeiten ist der gute Rob trotzdem weit entfernt. 6,5/10 Kronen
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