192 kg, 212 PS

BMW M 1000 RR: Erste Ausfahrt mit dem „Unfassbike“

Motor
11.03.2021 18:54

Die straßenzugelassene Version eines Formel-1-Autos gibt es natürlich nicht, aber in etwas so spektakulär ist die BMW M 1000 RR, das Homologationsbike für die Superbike-WM. Mehr als ein PS pro Kilogramm stark und dank Carbonteilen superleicht. Ein unfassbares Serienmotorrad, dessen Spezifikationen Ehrfurcht einflößen. Mit diesem Unfassbike, wie ich es gerne nennen möchte, war ich in seiner Heimat Bayern unterwegs.

(Bild: kmm)

Natürlich gehört die BMW M 1000 RR auf die Rennstrecke, mit vorgewärmten Slicks, doch diese Gelegenheit musste pandemiebedingt abgesagt werden. Daher war ich also statt in Valencia im Münchner Umland unterwegs, mit kalten Straßenreifen auf kaltem Asphalt, bei vier Grad Lufttemperatur. Gefroren habe ich trotzdem nicht. Nicht nur wegen der serienmäßigen Heizgriffe.

Wo unter diesen Bedingungen der Grenzbereich ist, habe ich nicht ausgetestet. Zu gefährlich für zu wenig Aussagekraft. Zu schwierig ist es, den Grip einzuschätzen, zu teuer die Folgen eines Rutschers. Listenpreis in Österreich: 38.800 Euro (inklusive Carbonrädern) plus 4824 Euro für das M Competition Paket. Dieses fügt zum ganz normalen Wahnsinn dieses Supersportlers noch u.a. GPS-Laptrigger, Endurance-Kette, Frästeile, Carbonteile (Vorder- und Hinterradabdeckung, Verkleidungsseitenteile, Kettenschutz, Ritzelabdeckung) und die 220 Gram leichtere Unterzugschwinge aus Aluminium hinzu. Da kann man sich schon mal das Unterzeug beschmutzen.

Megastark, megaleicht
212 PS (5 PS mehr als in der BMW S 1000 RR) treffen auf 192 kg vollgetankt (5 kg weniger)! Eine weitere Verbesserung des Leistungsgewichts wäre nur noch möglich, wenn ich an meinen persönlichen 93 kg arbeiten würde.

Den 1000er-Reihenvierzylinder mit variabler Nockenwelle haben sie umfassend in Richtung Renntriebwerk modifiziert. Zwei-Ring-Schmiedekolben von Mahle, angepasste Brennräume, auf 13,5 gesteigerte Verdichtung, längere und jeweils 85 g leichtere Titan-Pleuel von Pankl, schmalere und leichtere Schlepphebel, voll bearbeitete Einlasskanäle mit neuer Kanalgeometrie, Optimierungen an Nockenwellen und Ansaugtrakt.

Das ganze Bike ist rennstreckenoptimiert, mit verlängertem Radstand und Nachlauf sowie flacherem Lenkkopf, spezieller Aerodynamik mit Carbonwinglets und optimierten M-Bremsen von Nissin. 

Und das kann man auf der Straße fahren?
Das alles klingt, als müsste man sich damit auf der Straße komplett deplatziert fühlen. Tut man nicht, ganz im Gegenteil. Sogar die Sitzposition passt. Ich sitze hoch, mit angezogenen Knien, die sich gut an den Tank schmiegen. Die MRR ist kinderleicht zu fahren, lenkt trotz des geänderten Fahrwerks (mit Werkzeug einstellbar) willig ein und steuert mit höchster Präzision um die Radien. Die Wendigkeit reicht sogar bis zum Rangieren im Stand: Der Lenker schlägt weiter ein als bei manchem Naked Bike.

Die Bremsen sind hervorragend dosierbar. Sogar der Motor passt zum Landstraßeneinsatz, ich frage mich nur, was ich mit den ungenutzten Drehzahlen zwischen 8000 und 14.500 Touren (da kommt die Nennleistung) bzw. der Maximaldrehzahl von 15.100 Touren anfangen soll (auf die Jagd nach dem Höchsttempo von 306 km/h werde ich mich sicher nicht machen). Oder andererseits mit den Gängen drei bis sechs. 

Unfassbar fahrbar
Ich schalte lieber - mit dem supergeschmeidigen Quickshifter - und nutze die Durchzugskraft. Gut für meine Ohren und den Seelenfrieden der Anwohner im Umkreis. Das Triebwerk zieht hervorragend von unten heraus, ab 6000/min. hat es sogar mehr Schub als die S 1000 RR, sagt BMW. Das maximale Drehmoment von 113 Nm liegt bei 11.000/min. an. Zwischendurch sticht mich aber dann doch der Hafer, ich dreh weit am Griff und stelle mir damit direkt die Nackenhaare auf. Ein Hammer!

Bei Ortsdurchfahrten habe ich - wenn ich in Sachen Tempolimit sicher gehen will - die Wahl zwischen dem Pit Lane Limiter und dem Tempomaten, beide sind serienmäßig. Bei Letzterem ist die Geräuschkulisse zumindest akzeptabel. Der Sound ist generell sehr beachtlich, für Menschen am Straßenrand noch viel mehr als für den Fahrer.

Sieben Fahrmodi sind Serie, darunter drei speziell für die Rennstrecke. Kein Thema heute. Das TFT-Display bietet verschiedene Ansichten, darunter mehrere rennstreckenoptimierte. Auch ein Individual-Fahrmodus lässt sich darüber konfigurieren. Und es zeigt die aktuelle und maximale Schräglage an.

(Bild: Markus Jahn)

Fahrzit
BMWs Supersportler gehören grundsätzlich zu den fahrbarsten, das gilt auch für die M 1000 RR. Ihre wahren Qualitäten werden sich aber erst auf der Rennstrecke ergründen lassen. Einen eventuellen Sturz dort muss man sich aber leisten können.

Warum?
Weil sie eine gigantische Fahrmaschine ist
Weil sie trotzdem beste Manieren hat
Weil sie einfach fasziniert

Warum nicht?
Weil den meisten weniger dann doch reicht

Oder vielleicht ...
... BMW S 1000 RR mit M Sportpaket, Ducati Panigale V4 SP

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(Bild: kmm)



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