Über Nase verabreicht

Österreicher entwickeln Impfstoff für einen Dollar

Wissenschaft
12.03.2021 09:44

Ein Forschungsteam um den Österreicher Peter Palese von der Icahn School of Medicine at Mount Sinai in den USA arbeitet an einem Corona-Impfstoff, der über die Nase verabreicht werden kann - und dabei nur einen US-Dollar kosten soll. Seit Kurzem laufen erste klinische Studien dazu in Südostasien und Lateinamerika.

Die Wissenschaftler sind überzeugt, dass ihr Impfstoff vor allem in Ländern mit mittleren und niedrigeren Einkommen mittelfristig gebraucht wird, erklärte Palese der APA. Der aus Linz stammende Virologe ist Direktor des Departments für Microbiology an der Mount Sinai School of Medicine und bringt viel Erfahrung in der Impfstoffentwicklung mit.

Neben seinem Spezialgebiet, den Influenzaviren, mit denen er sich u.a. in Kooperation mit dem ebenda tätigen österreichischen Virologen Florian Krammer auseinandersetzt, haben die Wissenschaftler im vergangenen Pandemie-Jahr auch auf ihre Erfahrungen mit Coronaviren aufsetzen können.

Obwohl Coronaviren auch bei Menschen nichts Ungewöhnliches sind, stellt Covid-19 eine enorme Belastung für den menschlichen Organismus dar. (Bild: stock.adobe.com)
Obwohl Coronaviren auch bei Menschen nichts Ungewöhnliches sind, stellt Covid-19 eine enorme Belastung für den menschlichen Organismus dar.

Corona ein deutlich anderer Erreger
Das neue SARS-CoV-2-Virus sei vergleichbar mit einer neuen, grundlegenden Variation von Grippeviren. Zwar haben quasi alle Menschen bekanntlich bereits mit Coronaviren zu tun gehabt, der neuer Erreger sei aber doch deutlich anders. Letztendlich zeige sich hier, wie eine Bevölkerung reagiert, wenn sie mit einem Erreger konfrontiert ist, demgegenüber sie „naiv“ ist - also mit dem das Immunsystem keine Erfahrung hat.

Pharmaunternehmen werben Mitarbeiter ab
Zusammen mit Krammers Arbeitsgruppe - die schon sehr früh mit einem neu entwickelten Antikörper-Test aufhorchen ließ - arbeitet das Forschungsteam schon länger an der Entwicklung eines Corona-Impfstoffes. Im Vergleich mit großen Pharmaunternehmen, die von der Politik massive finanzielle Zuwendungen erhalten, läuft der Prozess aber deutlich langsamer. So wurden auch einige Forscher in den vergangenen Monaten von Unternehmen abgeworben. „Darüber bin ich nicht glücklich, es ist aber so“, so Palese: „Ich bin aber sehr beeindruckt über die ausgezeichneten Resultate, die da erzielt wurden.“

Neuer Impfstoff soll „Lücke füllen“
Mit dem eigenen Impfstoff möchte das Team „eine Lücke füllen“. Es handelt sich hier um einen sogenannten Vektor-Impfstoff, bei dem Teile des SARS-CoV-2-Virus-Erbguts - nämlich jener Teil, der die Bauanleitung für das Spike-Protein an der Oberfläche beinhaltet - über ein anderes Virus in den Körper gebracht werden. Palese und Kollegen verwenden das „Newcastle Disease-Virus“ (NDV), das vor allem bei Hühnern die atypische Geflügelpest auslöst und für den Menschen nicht gefährlich ist.

Die Forschung an Impfstoffen gegen das Virus läuft weiterhin auf Hochtouren. (Bild: AP)
Die Forschung an Impfstoffen gegen das Virus läuft weiterhin auf Hochtouren.

Wichtig für Staaten mit niedrigen Einkommen
In ersten Studien konnte bereits gezeigt werden, dass sich damit eine gute Immunantwort auf das neue Coronavirus aufbauen lässt. In Thailand, Vietnam, Brasilien, Mexiko und auch in New York starteten die Wissenschaftler nun erste, kleinere klinische Studien (Phase I). Palese: „Es ist notwendig, dass auch Staaten mit mittleren und niedrigere Einkommen Zugang zu einem Impfstoff haben.“

Die bisher verfügbaren Vakzine kosten schließlich bis zu 50 Euro. „Unser Impfstoff sollte weit unter einem Dollar liegen.“ Zudem kann er über die Nase verabreicht werden. Das erhöht die Chance, dadurch die Virus-Weitergabe zu unterbinden, weil schon in den oberen Atemwegen Immunität aufgebaut wird, und macht den Wirkstoff auch zur Verabreichung an Kinder interessant. Es sehe auch sehr danach aus, dass das Vakzin sehr nebenwirkungsarm verabreicht werden könne.

Die Anwendung soll sehr simpel funktionieren - nämlich mit einem Nasenspray. (Bild: ©Наталья Маяк - stock.adobe.com)
Die Anwendung soll sehr simpel funktionieren - nämlich mit einem Nasenspray.

Einfachere Handhabung
„Außerdem ist dieser Impfstoff sehr stabil“, betonte der Wissenschaftler. Man muss ihn also nicht derart tief gekühlt lagern wie andere Vakzine. Eine Lagerung „bei einer normalen Kühlschranktemperatur von zwei bis vier Grad Celsius“ genüge. Denkbar sei auch, den Impfstoff noch zusätzlich zu verabreichen, sollten tatsächlich neue SARS-CoV-2-Varianten auftreten, die sich einem bereits aufgebauten Impfschutz effektiv entziehen können. „Da könnte man mit unserem Impfstoff einmal per Nasenspray schnell und einfach nachimpfen.“

Skepsis gegen AstraZeneca „übertrieben“
„Die Impfstoffe sind wirklich ausgezeichnet und sicher“, erklärte der Wissenschaftler, mit Blick auf die bisher zugelassenen Wirkstoffe. Dass jetzt u.a. in Österreich vor allem dem Vakzin von AstraZeneca viel Skepsis entgegenschlägt, versteht der renommierte Forscher nicht: „Das halte ich für übertrieben.“

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